Verlässlichkeit steht bei der Mühlbauer Holding hoch im Kurs. Insofern ist es schon bemerkenswert, wenn der Spezialmaschinenbauer und Teileproduzent zur Herstellung von Reisepässen, ID-Karten, Halbleiterprodukten oder auch E-Mobility-Anwendungen seine Dividende reduziert. So steht zur Hauptversammlung am 10. August 2023 eine Dividende von 1,00 Euro auf der Tagesordnung – nach zuvor sieben Jahren in Folge mit einer Ausschüttung von jeweils 1,50 Euro je Aktie. Andererseits ist es eben auch so, dass wohl die meisten Unternehmen in der Situation von Mühlbauer diesmal komplett auf eine Dividende verzichtet hätten. Immerhin rutschte das nur im Freiverkehr notierte Unternehmen – nicht zuletzt wegen einer Steuerrückstellung im Zuge einer Betriebsprüfung – im vergangenen Jahr unterm Strich mit rund 3 Mio. Euro in die roten Zahlen. Zum Vergleich: 2021 erzielte Mühlbauer noch einen Überschuss von 58,93 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) rutschte derweil von 76,73 auf überschaubare 8,08 Mio. Euro ab.
Das wiederum heißt, dass Mühlbauer im zweiten Halbjahr 2022 auch auf operativer Ebene Geld verloren hat, denn nach Q2 2022 stand bereits ein EBIT von 8,7 Mio. Euro in den Büchern. Auf den ersten Blick hört sich das alles wenig erbaulich an, doch bei Mühlbauer lohnt es sich immer, etwas tiefer einzusteigen. So hat das Unternehmen auch im vergangenen Jahr mit rund 37 Mio. Euro erhebliche Mittel investiert und sichert so die Zukunftsfähigkeit. „Indem die Mühlbauer Gruppe Beiträge in der Batteriezellen- und Brennstoffzellenfertigung liefert, möchte sie der europäischen Automobilindustrie zur Unabhängigkeit von der vorauseilenden asiatischen Konkurrenz und zu einer wieder zu erlangenden, technologischen Marktführerschaft verhelfen“, heißt es im frisch veröffentlichten Geschäftsbericht 2022. Dabei ist die Rede von „Pilotprojekten mit Leuchtturmfunktion“.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 266,40 | 275,35 | 286,92 | 283,06 | 343,01 | 324,47 | 464,41 | |
EBITDA1,2 | 57,46 | 68,36 | 79,91 | 58,16 | 92,98 | 33,41 | 94,63 | |
EBITDA-Marge3 | 21,57 | 24,83 | 27,85 | 20,55 | 27,11 | 10,30 | 20,38 | |
EBIT1,4 | 42,38 | 44,17 | 66,44 | 43,67 | 76,73 | 8,08 | 66,32 | |
EBIT-Marge5 | 15,91 | 16,04 | 23,16 | 15,43 | 22,37 | 2,49 | 14,28 | |
Jahresüberschuss1 | 27,06 | 44,17 | 44,65 | 34,66 | 58,93 | -3,02 | 48,41 | |
Netto-Marge6 | 10,16 | 16,04 | 15,56 | 12,24 | 17,18 | -0,93 | 10,42 | |
Cashflow1,7 | 33,76 | 49,32 | 39,59 | 67,95 | 59,18 | 39,68 | 38,76 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,87 | 3,07 | 3,12 | 2,43 | 4,13 | -0,21 | 3,35 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,00 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Consaris |
Kräftig aufgestockt das Unternehmen aus Roding nordöstlich von Regensburg auch den Personalbestand. So kletterte die Zahl der durchschnittlich Beschäftigten im vergangenen Jahr um 16,6 Prozent auf 3.870. Zum 31. Dezember 2022 beschäftige der Konzern sogar 4.145 Mitarbeiter. Zu tun gibt es bei Mühlbauer mehr als genug: Ein Beleg dafür ist der von 537,6 auf 906,4 Mio. Euro gestiegene Auftragsbestand. Stand heute dürfte die Zahl nochmals spürbar höher sein. Vergleichsweise moderat sieht trotzdem Ausblick für das laufende Jahr mit einem positives EBIT im unteren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich aus. Hier gilt es den für Anfang August angesetzten Halbjahresbericht 2023 als Wasserstandsmeldung abzuwarten. Immerhin prognostiziert das Management normalerweise ehr konservativ.
Ansonsten hat sich nichts an dem Grundszenario von boersengefluester.de geändert, wonach CEO Josef Mühlbauer weiter fleißig eigene Aktien zurückkauft und das Unternehmen perspektivisch via Squeeze-out von der Börse nehmen dürfte. Neben der grundsoliden Bilanz und den mittelfristig starken Ertragsperspektiven gehört der Anteilschein von Mühlbauer damit in die Kategorie „Endspiel-Aktien“. Für tradingorientierte Investoren ist der martenge Titel denkbar ungeeignet – dafür reicht bereits ein Blick auf den Chart.
Foto: Nick Fewings auf Unsplash
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