Wie schnell sich die wirtschaftliche Situation zurzeit eintrübt, zeigt der frisch veröffentlichte Geschäftsbericht 2021 von Mühlbauer. Während im Ausblickteil auf Seite 51 des Jahresreports noch davon die Rede ist, dass der Spezialmaschinenbauer und Teileproduzent zur Herstellung von Reisepässen, ID-Karten, Halbleiterprodukten oder auch E-Mobility-Anwendungen für 2022 mit einem „zufriedenstellenden Umsatz und EBIT“ ausgeht und bei der Umsatzrendite vor Steuern mit einem Rückgang in einem einstelligen Prozent-Bereich kalkuliert, liest sich die Prognose in der – vermutlich etwas später verfassten – Pressemitteilung zu den Jahreszahlen bereits ein gutes Stück zurückhaltender: Demnach erwartet Mühlbauer für den Umsatz einen Rückgang im niedrigeren einstelligen Prozent-Bereich, was sich durchaus noch mit der Aussage im Geschäftsbericht deckt.
Etwas geschluckt hat boersengefluester.de jedoch bei der Formulierung in der Pressemitteilung, wonach Mühlbauer für 2022 eine „deutlich geringere“ EBIT- bzw. Umsatzrendite vor Steuern erwartet. Schaun wir mal, wie es am Ende kommt: Immerhin ist die Vergleichsbasis richtig stark, selbst wenn wir zwischenzeitlich sogar mit noch etwas besseren Zahlen für 2021 gerechnet hatten. Insgesamt kommt Mühlbauer für das vergangene Jahr auf einen Umsatzanstieg von rund 21 Prozent auf 343,01 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 76,73 Mio. Euro liegt dabei um mehr als 75 Prozent über Vorjahr. Das Ergebnis je Aktie kam von 2,43 auf 4,13 Euro voran.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 266,40 | 275,35 | 286,92 | 283,06 | 343,01 | 324,47 | 464,41 | |
EBITDA1,2 | 57,46 | 68,36 | 79,91 | 58,16 | 92,98 | 33,41 | 94,63 | |
EBITDA-Marge3 | 21,57 | 24,83 | 27,85 | 20,55 | 27,11 | 10,30 | 20,38 | |
EBIT1,4 | 42,38 | 44,17 | 66,44 | 43,67 | 76,73 | 8,08 | 66,32 | |
EBIT-Marge5 | 15,91 | 16,04 | 23,16 | 15,43 | 22,37 | 2,49 | 14,28 | |
Jahresüberschuss1 | 27,06 | 44,17 | 44,65 | 34,66 | 58,93 | -3,02 | 48,41 | |
Netto-Marge6 | 10,16 | 16,04 | 15,56 | 12,24 | 17,18 | -0,93 | 10,42 | |
Cashflow1,7 | 33,76 | 49,32 | 39,59 | 67,95 | 59,18 | 39,68 | 38,76 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,87 | 3,07 | 3,12 | 2,43 | 4,13 | -0,21 | 3,35 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 1,00 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Consaris |
Wenig überraschend indes, dass Mühlbauer – wie in den sechs Jahren zuvor – die Dividende zur Hauptversammlung am 11. August 2022 bei 1,50 Euro pro Anteilschein lässt. Verlässlichkeit gehört zu den Tugenden, auf die CEO Josef Mühlbauer besonderen Wert legt. Nichts geändert hat sich auch an der Tatsache, dass Mühlbauer in schöner Regelmäßig eigene Aktien erwirbt – entweder im Rahmen des Aktienkaufprogramms oder via klassischer Insidertransaktion auf eigene Rechnung. Und so gilt das Unternehmen aus Roding nordöstlich von Regensburg auch weiter als potenzieller Kandidat für einen Börsenrückzug. Der Streubesitz sinkt jedenfalls kontinuierlich und dürfte wohl bald im einstelligen Prozentbereich ankommen. Schade wäre so ein Squeeze-out-Schritt allemal, denn Mühlbauer ist ein piekfeiner Spezialwert mit erstklassiger Bilanz.
Allerdings hat das früher einmal im Neuen Markt gelistete Unternehmen schon längst die Lust an der Börse verloren. Wichtig: Bei einem reinen Delisting wäre keine Offerte vorgeschrieben, da die Aktie nur im Freiverkehr gehandelt wird. Bei der Aktualisierung unserer Schätzung für 2022 sind wir vergleichsweise vorsichtig vorgegangen und unterstellen einen Rückgang des EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 93 auf knapp 70 Mio. Euro. Zum Vergleich: Unter Berücksichtigung der Netto-Liquidität von fast 100 Mio. Euro kommt Mühlbauer auf einen Unternehmenswert (Enterprise Value) von zurzeit 744 Mio. Euro – würde also mit etwas mehr als dem Faktor 10 auf das für 2022 zu erwartenden EBITDA an der Börse gehandelt werden. Für eine Company wie Mühlbauer empfinden wir das als eher moderat.
Zudem bietet die Dividendenrendite von 2,6 Prozent eine gute Investmentbasis für Privatanleger. Boersengefluester.de wird jedenfalls am Ball bleiben und schauen, wie sich Mühlbauer in den kommenden Quartalen tatsächlich schlagen wird. Der Aktienkurs hält sich, abgesehen von einigen kräftigeren Ausschlägen, in der Regel sehr stabil. Kein Wunder: Wer den Titel im Depot hat, wird ihn nicht so schnell verkaufen. Dafür sind die fundamentalen Rahmendaten zu gut. Und dann ist da ja noch die Aussicht auf das “Endspiel”.
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