Um stattliche 40 Prozent auf jetzt 2,80 Euro haben die Analysten von Montega ihr Kursziel für die Aktie von MS Industrie heraufgesetzt. Auf diesem Niveau käme der Anteilschein des in den Bereichen Lkw-Antriebstechnik und Ultraschallschweißen tätigen Unternehmens auf einen Börsenwert von etwas mehr als 60 Mio. Euro. Und selbst diese Größenordnung ist nach Auffassung von boersengefluester.de noch immer ziemlich geerdet. Das ist zumindest unser Eindruck nach der virtuellen Präsentation von Andreas Aufschnaiter auf der Montega-Plattform Connect am 25. Mai 2021. „Nach etwa zwei Jahren Flaute in der Lkw-Industrie, treten wir jetzt in eine deutliche Erholungsphase ein,“ so die Kernaussage von Aufschnaiter. Zwar verschleiern konsolidierungsbedingte Sondereffekte beim Umsatz noch ein wenig die Dynamik, auf der Ergebnisseite kommt MS Industrie jedoch schon ganz offensichtlich gut voran. Dank reduzierter Kosten und eines vorteilhafteren Produktmixes drehte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) im ersten Quartal 2021 von minus 2,7 auf plus 0,9 Mio. Euro.
Für das Gesamtjahr liegt die offizielle Prognose bei Erlösen von rund 180 Mio. Euro sowie einem „deutlich steigenden“ EBIT. Ein wesentlicher Teil des Umsatzes aus dem Antriebsbereich (Powertain) stammt dabei noch immer von Großkunden wie Daimler und MAN, doch ab Anfang kommenden Jahres bezieht die gesamte Traton-Gruppe Teile von MS Industrie. Zudem dürfte ab 2025 Volvo für ihren Lkw-Verbrennermotor bei MS ordern. Eine wichtige Botschaft von Vorstand Aufschnaiter ist freilich auch, dass das Spektrum der Teile künftig breiter wird, selbst wenn es sich hierbei um einen langen Prozess handelt. Neben klassischen Angeboten wie dem Ventiltrieb rücken neue Produkte wie Ein- und Auslassachsen, Batteriegehäuse für E-Mobilität oder auch Gehäuse für Brennstoffzellen nach vorn. Soll heißen: Powertrain ist nicht nur Verbrenner – eine Befürchtung, die manch Investor ja vermutlich noch immer in sich trägt.
Bereits mit Blick auf die kommenden Monate noch interessanter dürfte derweil die Entwicklung im Segment Ultrasonic Technology sein, wo es sich im Wesentlichen um Spezialmaschinen für Schweiß- oder Schneidevorgänge handelt. Wichtige Kunden kommen auch hier aus dem Automotivesektor, doch insbesondere im Bereich Serienmaschinen gewinnen Firmen aus komplett anderen Branchen wie der Medizintechnik oder dem Elektronik-und Konsumgüterbereich spürbar an Bedeutung. Eine aktuell ganz plastische Anwendung sind technische Textilien wie Gesichtsmasken oder Schutzanzüge. Markanter Wettbewerber im Bereich Ultraschallschweißgeräte ist das Karlsbader Unternehmern Herrmann Ultraschalltechnik. Die Spekulation von boersengefluester.de geht nun dahin, dass das Segment Ultrasonic Technology sogar ein Kandidat für ein eigenes Börsenlisting ist.
Ein Indiz dafür könnte die zur Hauptversammlung am 1. Juli 2021 auf die Agenda gesetzte Satzungsänderung sein, die – neben normalen Bardividenden – den Weg für Sachausschüttungen von Anteilen an Tochtergesellschaften frei machen soll (siehe dazu den Beitrag von boersengefluester.de HIER). Auf der Montega-Präsentation wiegelt Andreas Aufschnaiter zwar noch ab und sagt, dass die Satzungsänderung nur dazu dient, sich technische Möglichkeiten zu schaffen: „Es gibt keine konkreten Planungen dazu.“ Schaun wir mal. Wir glauben, dass es durchaus konkrete Überlegungen in diese Richtung gibt. Kurstechnisch würde das einiges an Potenzial freisetzen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 250,62 | 282,75 | 226,26 | 164,04 | 164,67 | 206,16 | 246,70 | |
EBITDA1,2 | 22,03 | 22,78 | 32,67 | 4,25 | 9,12 | 15,08 | 21,75 | |
EBITDA-Marge3 | 8,79 | 8,06 | 14,44 | 2,59 | 5,54 | 7,31 | 8,82 | |
EBIT1,4 | 8,97 | 10,76 | 18,47 | -9,70 | -4,43 | 2,73 | 9,36 | |
EBIT-Marge5 | 3,58 | 3,81 | 8,16 | -5,91 | -2,69 | 1,32 | 3,79 | |
Jahresüberschuss1 | 6,96 | 7,15 | 16,70 | -7,50 | -4,00 | 1,18 | 4,45 | |
Netto-Marge6 | 2,78 | 2,53 | 7,38 | -4,57 | -2,43 | 0,57 | 1,80 | |
Cashflow1,7 | 5,85 | 1,13 | 6,05 | 18,23 | -3,22 | 1,87 | 21,06 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,23 | 0,24 | 0,56 | -0,25 | -0,13 | 0,04 | 0,15 | |
Dividende8 | 0,03 | 0,09 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Im Hinterkopf behalten sollten Anleger auch, dass MS Industrie noch gut 510.000 Aktien an der auf Industrie-Immobilien spezialisierten und im Münchner m:access gelisteten Beno Holding im Gegenwert von zurzeit knapp 3,70 Mio. Euro hält. Auch die könnte man künftig in Form einer Sachdividende sukzessive an die MS-Aktionäre weiterreichen. Unangenehmer Nebeneffekt wäre dann allerdings, eine Vielzahl von Anlegern Mini-Positionen in der Beno-Aktie halten würde, was tendenziell auf einen Aktienüberhang hinausläuft. Sinnvoller scheint da die von CEO Aufschnaiter auf der Montega-Präsentation ins Spiel gebrachte andere Variante, wonach das Geschäft von Beno mit Hilfe von strategischen Partnern – vor einem Verkauf – zunächst einmal weiterentwickelt werden soll. Entsprechende Gespräche werden dem Vernehmen nach bereits geführt.
Losgelöst von dieser Sonderthematik lohnt sich auch ein Blick auf die Mittelfristprognosen von MS Industrie, die bis 2023 Erlöse deutlich oberhalb von 200 Mio. Euro vorsehen. Die operative Marge soll dabei auf Konzernebene im nächsten Schritt auf fünf bis sechs Prozent klettern. Entsprechend würde das auf ein EBIT von wohl mindestens 12 Mio. Euro hinauslaufen. Bei der gegenwärtigen Zinslast und einer halbwegs normalen Steuerquote sollte das für ein Ergebnis je Aktie von 0,25 Euro reichen. Demnach würde der Spezialwert – auf 2023er-Basis – gerade einmal mit einem KGV von acht gehandelt.
Last but not least gibt es da noch die strategischen Reserven in der Gruppe aus noch ausstehenden Kaufpreisforderungen von Gnutti, der vorhandenen Liquidität sowie drei schuldenfreien Immobilien von insgesamt mehr als 30 Mio. Euro. Insgesamt eine runde Investmentstory mit noch viel Nachholpotenzial.
Foto: Capri23auto auf Pixabay