Bei der Präsentation von Mobotix auf der Frühjahrskonferenz 2018 im Raum Megabyte des Frankfurter Marriott Hotels hatten wir uns eigentlich auf etwas ganz anderes eingestellt: Angesichts einer Reihe von schwierigen Jahren und der durch Konica Minolta geprägten Aktionärsstruktur – die Japaner halten 65,5 Prozent der Anteilscheine –, galt der Titel des Entwicklers von Videokamerasystemen für boersengefluester.de in erster Linie nur noch als Kandidat für einen Beherrschungsvertrag mit hoffentlich ansprechender Garantiedividende. Offenbar haben wir uns da getäuscht. Jedenfalls lieferte der seit Juni 2017 amtierende dänische Vorstandschef Thomas Lausten einen ungeahnt schwungvollen Vortrag: Eine neue Vertriebsstrategie, die sich auch stärker direkt an Endkunden richtet, intelligente Kamerasysteme sowie eine engere Zusammenarbeit mit Konica Minolta sind nur einige Eckpunkte der neuen Stoßrichtung. Für Fantasie sorgen auch Partnerschaften wie die mit Genetec, einem kanadischen Anbieter von Video-Managementsystemen. „Das ist ein fantastischer Türöffner für uns“, sagt Lausten.
Kapitalmarktorientierte Strukturmaßnahmen, wie einen Gewinnabführungsvertrag oder gar einen Börsenrückzug, passen für Finanzvorstand Klaus Kiener da nicht ins Bild: „Momentan hat Konica Minolta keine derartigen Absichten.“ Vielmehr will CEO Lausten den Shareholder Value dahin zurückbringen, wo er schon einmal war. Das freilich ist ein ambitioniertes Unterfangen: Der bisherige Höchstkurs von 26,98 Euro liegt schon mehr als sechs Jahre zurück. Damals – am 27. Februar 2012 – brachten die Pfälzer rund 358 Mio. Euro an Börsenwert auf die Waagschale. Zurzeit beträgt die Marktkapitalisierung gerade einmal 129 Mio. Euro. Perspektivisch will Lausten sogar nicht ausschließen, dass Mobotix über Zukäufe wachsen will – und dafür kann eine Börsennotiz mit den sich bietenden Möglichkeiten an Kapitalmaßnahmen schließlich nie schaden. Vorerst gilt es jedoch, den erhofften Turnaround umzusetzen. So soll das Netto-Ergebnis im Geschäftsjahr 2017/18 (30. September) auf plus 0,7 Mio. Euro drehen – nach einem Fehlbetrag von 7,6 Mio. Euro im Jahr zuvor. Bei den Umsätzen peilt CFO Kiener eine mehr oder weniger konstante Größenordnung von rund 65 Mio. Euro an.
Nächster Börsentermin ist der 28. Mai 2018 – dann findet in den Geschäftsräumen in Winnweiler-Langmeil die Hauptversammlung (HV) statt. Interessant: Trotz des dicken Verlusts will Mobotix eine Mini-Dividende von 0,04 Euro pro Anteilschein zahlen. Den Liquiditätsabfluss von knapp 531.000 Euro kann die Gesellschaft angesichts der immer noch vorzeigbaren Bilanz zwar locker verkraften. Überrascht ist boersengefluester.de trotzdem von der als Mindestdividende titulierten Ausschüttung. Letztlich ist sie wohl vor dem Hintergrund der Anfechtungsklagen gegen den Nullrunden-Beschluss auf der 2017er-HV zu sehen. Man muss wohl keine sonderlich prophetische Gabe haben, um vorherzusagen, dass dieser Punkt auch auf der nächsten HV für Diskussionsstoff sorgen wird. Per saldo hat uns die Vorstellung von Mobotix auf der Frühjahrskonferenz aber gut gefallen. Offenbar ist die Rollenverteilung zwischen Mobotix und Konica Minolta nun gefunden. Für das kommende Geschäftsjahr haben die Japaner jedenfalls den Kauf von Mobotix-Produkten im Wert von mindestens 3 Mio. Euro angekündigt und wollen darüber hinaus 1,5 Mio. Euro in die weitere Technologieentwicklung investieren.
Explizit adressiert sind Themen wie Smart Cities, Healthcare und auch Prozessoptimierung. „Weitere Investitionen werden getätigt, sobald es notwendig ist, das Wachstum von Mobotix über einen größeren, geografischen Raum und für neue Märkte zu beschleunigen“, sagt Konica Minolta-Manager Yoshiki Fukai. Alles deutet also darauf hin, dass die Pfälzer zunehmend eine Art Hightech-Schmiede für Konica werden. Im Prinzip kann das dem momentan seitwärts gerichteteten Aktienkurs nur helfen. Losgelöst davon bleiben einige Punkte, die den Titel zu einer Sondersituation für eher erfahrene Anleger machen: So ist der Titel nur im weitgehend unregulierten Basic Board gelistet – mit zudem relativ überschaubaren Handelsumsätzen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 65,49 | 66,38 | 69,90 | 70,35 | 62,42 | 56,04 | 63,17 | |
EBITDA1,2 | -5,30 | 3,22 | 4,27 | 8,76 | 3,08 | -3,87 | 0,38 | |
EBITDA-Marge3 | -8,09 | 4,85 | 6,11 | 12,45 | 4,93 | -6,91 | 0,60 | |
EBIT1,4 | -7,60 | 1,03 | 1,96 | 6,17 | 0,23 | -7,52 | -3,84 | |
EBIT-Marge5 | -11,60 | 1,55 | 2,80 | 8,77 | 0,37 | -13,42 | -6,08 | |
Jahresüberschuss1 | -6,30 | 0,42 | 0,88 | 4,68 | -0,06 | -6,31 | -5,41 | |
Netto-Marge6 | -9,62 | 0,63 | 1,26 | 6,65 | -0,10 | -11,26 | -8,56 | |
Cashflow1,7 | -0,38 | -0,92 | 1,36 | -0,53 | 3,07 | -4,43 | 2,72 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,47 | 0,03 | 0,07 | 0,35 | -0,01 | -0,48 | -0,41 | |
Dividende8 | 0,04 | 0,04 | 0,04 | 0,04 | 0,04 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Ernst & Young |
Foto: Mobotix AG