Schock für Freenet-Aktionäre. Nachdem der Anteilschein des Mobilfunk-Unternehmens bereits seit vier Wochen schwächelt, haute es die Notiz am 28. Juli gleich um rund sieben Prozent weg. Damit war das Dividendenpapier der schwächste Titel im TecDAX. Hintergrund – so berichten institutionelle Anleger – soll die jüngste Studie von Citi Research sein. Deren Analysten kommen zu der Überzeugung, dass einzig Wettbewerber Drillisch von der Fusion zwischen den Netzwerkbetreibern Telefónica Deutschland und E-Plus profitieren wird. Als größter Serviceprovider hierzulande stemmt sich Freenet seit Jahren gegen alle Innovationen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt. Dabei waren sie die Pioniere.
Unter dem früheren Namen Mobilcom war das Unternehmen die erste Neuemission im skandalträchtigen Neuen Markt. Der damalige Firmenlenker Gerhard Schmid hatte versucht, den deutschen Markt für Telefon- und Internetdienstleistungen aufzumischen. Am Größenwahn – der Ersteigerung einer UMTS-Lizenz für 8,4 Mrd. Euro – sind seine Träume und beinah auch das Unternehmen 2003 zerbrochen. Sein Nachfolger Thorsten Grenz konnte gerade noch die Pleite verhindern. Der nüchterne Manager scheiterte dann aber an den hochfliegenden Internetvisionen von Eckhard Spoerr.
Bereits 2006 haben die Brüder Paschalis und Vlasios Choulidis, gleichberechtigte Vorstände bei den deutlich kleineren Mobilfunk-Serviceprovider Drillisch, erkannt, dass man aus Mobilcom mehr machen kann und sich an dem Wettbewerber maßgeblich beteiligt. Ihre nüchterne Vorstellung war es, den Internetbereich der Tochter Freenet, an dem Mobilcom mit rund 70 Prozent beteiligt war, zu verkaufen und gemeinsam das Mobilfunkgeschäft unter dem Dach von Mobilcom – aufgrund der immensen Verlustvorträge steuerfrei – voranzubringen. Doch der smarte Spoerr wollte davon nichts wissen. Stattdessen verhedderte er sich in einem langjährigen Fusionsprozess zwischen Mobilcom und Freenet. Mit dem Erfolg, dass das fusionierte Unternehmen, dass nun nach der von Spoerr geführten Firma Freenet hieß, das Internetgeschäft an United Internet verkaufen musste. Wie die Choulidis-Brüder Jahre vorher prognostiziert hatten, war der Preis inzwischen auf einen Bruchteil des ursprünglichen Werts zusammengeschrumpft.
2009 übernahm Christoph Vilanek bei Freenet das Ruder. Er konsolidierte das Geschäft und machte Freenet zu einer Dividendenperle auf dem heimischen Kurszettel. Doch Wachstumsimpulse kamen von ihm nicht. Als Drillisch 2010 begann, sich vom Serviceprovider zum virtuellen Netzbetreiber (MVNO= Mobile Virtual Network Operator) zu entwickeln, schaute Vilanek selbstzufrieden zu und ruhte sich auf seinen Lorbeeren aus. Die beiden Gastarbeiter-Söhne Choulidis aus dem hessischen Maintal bei Hanau wurden nur belächelt. Nun haben sie allen gezeigt, wer den deutschen Mobilfunk-Markt beherrscht. Um eine zu große Marktmacht zu vermeiden, stand die Übernahme von E-Plus durch Telefónica Deutschland (O2) unter dem Vorbehalt, dass das neue Unternehmen Wettbewerbern Zugang zu ihren Netzen gewähren muss. Diese Kapazitäten hat sich Drillisch unter den Nagel gerissen. 20 bis 30 Prozent des gesamten ehemaligen O2/E-Plus-Netzes wollen die Maintaler künftig vermarkten. Das ist ein riesiger Schluck aus der Pulle.
Wettbewerber Freenet und United Internet schauen dabei in die Röhre. Das zumindest ist die Meinung von Citi-Research. Die Folge: Drillisch gewinnt am 28. Juli um 0,4 Prozent an Wert, United Internet verliert 1,7 Prozent, und Freenet stürzt um knapp 7 Prozent ab. „Ich gehe davon aus, dass die institutionellen Investoren sich im Nachgang zu dem O2/E-Plus-Drillisch-Deal neu positionieren, teilweise unterstützt von den Analystenbeurteilungen“, sagt Kai Holtmann, bei Freenet verantwortlich für Investor Relations. Auch wenn Drillisch die bessere Aktie ist, so gibt es für Dividendenrendite-Jäger keinen Grund, sich auf diesem niedrigen Niveau von der Freenet-Aktie zu trennen. Drillisch ist dagegen ein klarer Kauf. Die Citi-Analysten sehen den fairen Wert für Freenet bei 20,50 Euro – und für Drillisch bei 42,00 Euro.