Preisfrage: Was haben Voxeljet und die Micronas Semiconductor Holding gemeinsam? Zunächst einmal herrschte beim Börsengang des Schweizer Sensorproduzenten im Jahr 1996 an den Neuen Markt eine ähnliche Euphorie, wie sie kürzlich beim Nasdaq-IPO des 3-D-Druckerherstellers aus dem bayerischen Friedberg festzustellen war (mehr Infos dazu finden Sie HIER). Weniger bekannt dürfte wohl sein, dass beide Unternehmen den gleichen Stallgeruch haben – und zwar den der früheren Münchner Technologieholding. So startete der heutige Voxeljet-Finanzvorstand Rudolf Franz im Jahr 1995 seine Karriere als Investmentmanager bei der von Falk F. Strascheg gegründeten Venture Capital-Gesellschaft.
Im Jahr 2000 verkaufte der Grazer Investor Strascheg die Technologieholding dann an die britische 3i Group – und auch der heutige Voxeljet-Manager Franz veräußerte damals seine Anteile an der Technologieholding an die Briten. Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Seit 2002 sitzt Strascheg unter anderem auch im Aufsichtsrat von Alphaform. Die Gesellschaft aus Feldkirchen bei München wiederum stellt in Kleinserien Teile für die Automobilwirtschaft sowie Implantate für Medtechkonzerne her und will zunehmend stärker im Bereich 3-D-Druck Fuß fassen. Laut Emissionsprospekt zählt auch Alphaform zu den Kunden von Voxeljet.
Von der Hochstimmung bei der Notizaufnahme von Micronas, ist hingegen längst nichts mehr übrig geblieben. Dabei galt auch der Chipproduzent als super heißes IPO. Ursprünglich stellte die damals noch als Crosstec Engineering firmierende Gesellschaft Chips für Handys her. Mit finanzieller Unterstützung von Straschegs VC-Gesellschaft Industrieholding übernahm Crosstec 1992 dann eine Tochterfirma von Nokia und erwarb den Namen Micronas von den Finnen gleich mit. Wie viele andere Neue-Markt-Unternehmen, stürzten aber auch die Schweizer in der Folge bitter ab und mussten ihr Geschäftsmodell komplett ändern. Mittlerweile konzentriert sich Micronas ganz überwiegend auf Hall-Sensoren für den Automobilbereich. Eingesetzt werden die kleinen Elektrogehirne in Motoren und Karosseriesystemen, aber auch viele Waschmaschinen schleudern dank der Technik von Micronas.
Wie für Firmen aus dem Halbleiterbereich üblich, schwanken auch die Zahlen von Micronas teilweise beträchtlich. Immerhin: Nach etlichen Minusjahren, die 2009 in der verlustreichen Aufgabe des Consumer-Bereichs ihren Tiefpunkt fanden, hat Micronas in den vergangenen Jahren stets Gewinne geschrieben. Eine besondere Rolle spielt dabei stets die Lage auf dem japanischen Markt, denn dort erzielt das Unternehmen rund die Hälfte seiner Erlöse. Die Rechnung ist einfach: Ein starker Yen ist gut für den Umsatz, ein schwacher Yen dämpft die Erlöse. Angesichts der momentanen Yen-Euro-Verschiebungen leidet Micronas folgerichtig unter dem Währungseinfluss. Da hilft es auch nur begrenzt, dass die Schweizer versuchen, zunehmend in Euro zu fakturieren.
Auf dem Parkett hat sich die Notiz dementsprechend verhalten entwickelt. In der Heimatbörse Schweiz liegt der Kurs im Vergleich zum Jahresbeginn 2013 noch um knapp neun Prozent hinten. Doch die Stimmung hat sich seit Anfang August gebessert. Seit dem hat der Anteilschein um etwa 16 Prozent an Wert gewonnen. Für 2013 rechnet der Micronas-Vorstand mit einem Umsatz von rund 150 Mio. Schweizer Franken (CHF). Das sind umgerechnet etwa 121,5 Mio. Euro. Die EBIT-Marge (Gewinn vor Zinsen und Steuern in Relation zum Umsatz) siedelt er im mittleren einstelligen Prozentbereich an. Zum 30. September lag sie bei knapp 5,1 Prozent. Demnach könnte 2013 ein Betriebsergebnis von rund 7,5 Mio. CHF herausspringen. Problem: Dem steht ein Börsenwert von rund 225 Mio. CHF entgegen. Das klingt zunächst einmal nicht nach einer günstigen Gelegenheit. Aber bereits für 2014 rechnen die Analysten im Schnitt mit einem nahezu verdoppelten EBIT von gut 15 Mio. Euro. Demnach würde das Papier etwa mit dem 14fachen des für das kommende Jahr erwarteten Gewinns bewertet. Das ist immer noch nicht super günstig, aber eben auch nicht abschreckend teuer.
Zudem weist Micronas per Ende September 173,26 Mio. Euro an liquiden Mitteln und kurzfristigen Finanzanlagen aus. Demnach ist die Kapitalisierung zu mehr als drei Viertel durch Cash abgedeckt. Die Relation verschiebt sich erst dann deutlich nach unten, wenn man – was durchaus üblich ist – auch die Pensionsrückstellungen von 144 Mio. CHF als Finanzverbindlichkeiten gegenüberstellt. Dennoch: Die Bilanz von Micronas kann sich mit einer Eigenkapitalquote von knapp 44 Prozent mittlerweile sehen lassen. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis beträgt etwa 1,7. Unterm Strich ist die Micronas-Aktie also eine Wette wert. Es muss ja nicht immer Infineon sein. Aus dem heimischen Small-Cap-Sektor dürften Elmos Semiconductor und First Sensor am ehesten vergleichbare Unternehmen sein. Ach ja: Ein wenig von der Voxeljet-Euphorie, und die Micronas-Aktie würde sowieso in ganz anderen Kursregionen schweben. Aber die Zeiten haben sich geändert.
Foto: Micronas Semiconductor Holding