So richtig überzeugend waren die Zahlen von Micronas Semiconductor in den vergangenen Jahren alle nicht. Immer wieder gab es neue Problemfelder. Für das laufende Geschäftsjahr musste der Anbieter von Sensoren für die Automobilindustrie seine Ziele neuerlich ein wenig zusammenstreichen. Bei einem Umsatz von 132 Mio. Schweizer Franken (umgerechnet 122 Mio. Euro) soll die operative Marge gerade einmal zwischen null und einem Prozent liegen. Unterm Strich läuft das auf rote Zahlen hinaus. Dabei gilt Micronas – die börsennotierte Holding hat ihren Sitz in Zürich, der operative Schwerpunkt befindet sich in Freiburg (Deutschland) – technologisch als prima Adresse. Zudem verfügt das Unternehmen über liquide Mittel in Höhe von umgerechnet 117 Mio. Euro und ist frei von Bankschulden. Lediglich die – allerdings stattlichen – Pensionsrückstellungen von knapp 131 Mio. Euro stehen dem entgegen. Für den japanischen Elektronikkonzern TDK war das offenbar eine verlockende Gemengelage: Er bietet 7,50 Franken je Micronas-Aktie (6,93 Euro), was einem Aufschlag von immerhin 64 Prozent gegenüber dem Schlusskurs des Vortags entspricht. Voraussetzung für ein Zustandekommen des Deals ist eine Mindestannahmequote von 67 Prozent.
Der Verwaltungsrat von Micronas unterstützt die Offerte. „Wir freuen uns, Teil von TDK zu werden und zukünftig als Sensoren-Kompetenzzentrum von TDK tätig zu sein”, sagt Heinrich W. Kreutzer. Die Angebotsfrist läuft voraussichtlich vom 12. Januar bis zum 10. Februar 2016. Anfang März soll der Deal dann in trockenen Tüchern sein. Die Aktien sind vergleichsweise breit gestreut. Die größten Anteilseigner von Micronas sind die amerikanische Brandes Investment (10,6 Prozent), RBC Dexia (8,0 Prozent) und Nortrust Nominees (7,2 Prozent) aus Großbritannien. Beim Angebotspreis von 7,50 CHF wird Micronas mit gut 223 Mio. CHF bewertet – umgerechnet etwa 206 Mio. Euro. Selbst auf Basis der Analystenprognosen für 2017, die ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 12 Mio. CHF vorsehen, wäre das eine stattliche Größenordnung. Inklusive der liquiden Mittel sehen die Relationen allerdings schon wieder deutlich entspannter aus. Zu verschenken hat TDK also nichts. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass die Offerte zustande kommt. Nach den für Micronas schwachen Börsenjahren bietet TDK eine unerwartet gute Exit-Möglichkeit. Wie stets bei solchen Prozessen: Wer den Titel im Depot hat, sollte erst einmal in Ruhe abwarten. Sollten die großen Investoren auf eine Nachbesserung drängen, umso besser. Eher unwahrscheinlich ist unserer Meinung nach, dass noch ein weiterer Interessent in den Ring steigt. Indirekte Profiteure der Übernahme sind jedoch in ähnlichen Bereichen tätige Automobilzulieferer wie Elmos Semiconductor oder auch Paragon. Die Offerte für Micronas zeigt, dass Interessenten durchaus stattliche Preise zahlen.
Foto: Micronas Semiconductor