Die Aussagekraft des Vergleichs ist zwar begrenzt. Irgendwie freut es Marcus Lingel, den CEO der Merkur Privatbank, aber doch, dass die Gesellschaft seit Mitte Juli 2020 kontinuierlich einen höheren Aktienkurs hat als die Deutsche Bank. Sonst hätte Lingel diese Konstellation auf der Bilanz-Konferenz – wenn auch nur beiläufig und mit einem Schmunzeln im Gesicht – wohl kaum erwähnt. Freilich trennen beide Finanzhäuser Welten, was die dahinterstehende Marktkapitalisierung angeht. So kommt der DAX-Konzern Deutschen Bank auf einen Börsenwert von knapp 22 Mrd. Euro, während die in München ansässige Merkur Privatbank gerade einmal knapp 90 Mio. Euro auf die Waagschale bringt. Für eine börsennotierte Bank ist das im Grunde fürchterlich wenig, aber die Merkur Privatbank ist eben schon immer etwas anders gewesen – und zwar im positiven Sinn. Riskante Kredit- oder Wertpapiertransaktionen sind dem vorwiegend in der Finanzierung von Immobilien und Leasingprodukten sowie der Vermögensanlage tätigen Gesellschaft seit jeher fremd.
„Wir betreiben ein einzigartiges unternehmerisches Banking“, sagt Lingel und verweist auch auf der Bilanz-PK auf ehrbare Werte wie kaufmännische Verlässlichkeit und die Handschlagmentalität. Da passt es nur zu gut ins Bild, dass das größte Projekt der vergangenen Jahre, die im Herbst 2019 formal abgeschlossene Übernahme wesentlicher Teile des Bankgeschäfts der Bank Schilling, von Anfang unter der Vorgabe stand, gemeinsame Wachstumspotenziale freizusetzen – statt Kosten zu sparen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Im vergangenen Jahr kletterte der Gewinn vor Steuern der neuen Merkur Privatbank von 7,98 auf 19,30 Mio. Euro. Das um die Sondereffekte aus der Bank Schilling-Transaktion bereinigte Ergebnis je Aktie zog von 0,68 auf 1,06 Euro an. Dabei hat Lingel die Risikovorsorge sehr deutlich auf 5,60 Mio. Euro heraufgesetzt. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie er betont: „Momentan ist die Lage noch ruhig.“ Aber wer weiß, was Corona möglicherweise noch an Spätfolgen bescheren wird.
Noch keine konkrete Aussage gibt es hinsichtlich der für die Hauptversammlung am 14. Juni 2021 zu erwartenden Dividende. Dabei ist zu berücksichtigen, dass erstmals auch die rund 1,42 Millionen Aktien aus der jüngsten Barkapitalerhöhung im Zuge der Schilling-Transaktion dividendenberechtigt sind. Soll heißen: Selbst bei einer formal konstanten Dividende von 0,32 Euro würde die gesamte Ausschüttungssumme um knapp 37 Prozent auf annähernd 2,50 Mio. Euro steigen. Dabei bewegt sich das Unternehmen in einem engen regulatorischen Korsett, denn die Aufsichtsbehörden würden es am liebsten sehen, wenn die Banken den Löwenanteil ihrer Gewinne thesaurieren. So dürfen die Institute vorerst maximal 15 Prozent ihrer addierten Gewinne der Jahre 2019 und 2020 ausschütten beziehungsweise für Aktienrückkäufe einsetzen – und das auch nur, sofern der Betrag maximal 20 Basispunkte der harten Kernkapitalquote (CET1) ausmacht.
Harte Vorgaben – auch für Banken wie Merkur, die zuletzt klotzig verdient haben. So gesehen wäre es vermutlich schon ein beachtlicher Erfolg, wenn das Unternehmen die Dividende für 2020 konstant hält. Ohnehin steht die bisherige Ausschüttungspolitik (mindestens 20 Cent pro Aktie plus 50 Prozent vom Ergebnis) auf dem Prüfstand. „Wir machen uns Gedanken dazu“, sagt Lingel und schiebt nach: „Die neue Regelung ist aber sicher kein Nachteil für Aktionäre – eher ein Vorteil.“ Boersengefluester.de geht auf diesen Aspekt deswegen hier so detailliert ein, weil die Dividendenrendite ist jeher ein zentrales Element der Aktienstory der Merkur Bank ist. Und da wäre eine nachhaltige Kürzung schlichtweg unvorteilhaft; das honorige Wertesystem des Unternehmens hin oder her.
Nun: Zurzeit belohnt der Kapitalmarkt die gute operative Entwicklung der Gesellschaft in Form eines soliden Aufwärtstrends im Aktienkurs. Bewertungstechnisch ist dabei alles im grünen Bereich. Der Titel notiert sogar noch unter Buchwert. Für langfristig orientierte Anleger bleibt der Spezialwert damit eine schöne Depotergänzung. Ansonsten lohnt aber auch ein Blick auf die Kapitalanlageprodukte des Unternehmens, hier bietet die Gesellschaft nämlich durchaus attraktive Konditionen in der Vermögensverwaltung.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 35,70 | 36,56 | 49,23 | 73,96 | 82,52 | 98,94 | 116,85 | |
EBITDA1,2 | 7,87 | 9,81 | 5,84 | 17,82 | 21,39 | 21,79 | 28,40 | |
EBITDA-Marge3 | 22,04 | 26,83 | 11,86 | 24,09 | 25,92 | 22,02 | 24,31 | |
EBIT1,4 | 7,33 | 9,01 | 7,98 | 17,82 | 21,39 | 20,45 | 26,89 | |
EBIT-Marge5 | 20,53 | 24,64 | 16,21 | 24,09 | 25,92 | 20,67 | 23,01 | |
Jahresüberschuss1 | 3,43 | 3,65 | 23,55 | 8,20 | 9,17 | 9,89 | 10,80 | |
Netto-Marge6 | 9,61 | 9,98 | 47,84 | 11,09 | 11,11 | 10,00 | 9,24 | |
Cashflow1,7 | 6,26 | 4,45 | 5,03 | 9,24 | 10,04 | 11,23 | 12,30 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,60 | 0,64 | 4,14 | 1,05 | 1,18 | 1,23 | 1,39 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,32 | 0,32 | 0,40 | 0,45 | 0,45 | 0,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
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