Mit Sicherheit gibt es aufregendere Aktien auf dem Kurszettel als den Anteilschein der Merkur Privatbank. Wer jedoch nach einem Finanztitel mit stockkonservativem Geschäftsmodell sucht, ist bei der Merkur Privatbank goldrichtig. Und so wundert es nicht, dass CEO Marcus Lingel bei seiner Präsentation auf der m:access-Konferenz der Börse München ausführlich auf das besondere Wertekonzept der Bank und die Bedeutung des unternehmerischen Handschlags eingeht. Dafür gibt es ein dickes „Gefällt mir“ von boersengefluester.de. Allzu häufig hört man so etwas schließlich nicht mehr. Folgerichtig geht es bei der 2019 erfolgten Integration wesentlicher Teile der Bank Schilling nicht – wie sonst üblich – um klassische Maßnahmen der Effizienzsteigerung, sondern in erster Linie um die Ausweitung des bislang stark auf die Finanzierung mittelständischer Kunden zugeschnittenen Geschäftsmodells um den wachstumsstarken Bereich der Vermögensanlage. „Ziel der Übernahme ist es, mit dem vorhandenen Personal den Output zu erhöhen“, sagt Lingel.
Bislang ist das den Münchnern gut gelungen: Nach neun Monaten 2020 liegt der Gewinn vor Steuern mit 11,81 Mio. Euro um etwas mehr als 49 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreswert. Isoliert betrachtet ragt das dritte Quartal 2020 mit knapp 4,01 Mio. Euro Gewinn vor Steuern sogar bis dicht an das starke Resultat von 4,22 Mio. Euro aus dem Auftaktviertel 2020 heran. Dabei hat die Merkur Privatbank ihre Risikovorsorge deutlich ausgebaut und stellt per Ende September des laufenden Jahres 5,09 Mio. Euro zurück. Hinzu kommen 2,80 Mio. Euro für allgemeine Bankrisiken. Verglichen mit den Zahlen zum Halbjahr hat der Vorstand diesen Sonderposten zwar leicht heruntergefahren. Er bewegt sich aber weiter über Vorjahresniveau. „Noch ist die Risikolage total entspannt, aber wir wollen vorsorgen“, sagt Lingel. Immerhin befürchten nicht wenige Wirtschaftskenner, dass die Kreditausfälle durch Corona erst noch kommen werden.
Mit Blick auf das zu erwartende Ergebnis des Gesamtjahrs 2020 ist zu beachten, dass der Vorjahresgewinn von 23,55 Mio. Euro – bzw. 4,14 Euro je Aktie – signifikant durch einen außerordentlichen Bewertungseffekt im Zuge des Zusammenschlusses mit der Bank Schilling verzerrt ist. Erklärtes Ziel ist es daher, das um diese Sonderposten bereinigte Ergebnis je Aktie von 0,64 Euro zu toppen. „Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir das schaffen“, sagt Lingel bei seiner Präsentation in München. Verschoben haben sich freilich auch hier insofern die Gewichte, weil sich das Kommanditkapital durch die kombinierte Bezugs- und Sachkapitalerhöhung für den Schilling-Deal um etwas mehr als zwei Millionen Anteilscheine auf nun 7.778.750 Aktien erhöht hat. Entsprechend wäre für ein Ergebnis je Aktie von 0,64 Euro nun ein Überschuss von rund 5 Mio. Euro nötig – und nicht mehr 3,65 Mio. Euro wie noch 2018. Nun: Nach neun Monaten 2020 kommt die Bank bereits auf einen Gewinn nach Steuern von 5,11 Mio. Euro, so dass das Abschlussquartal „nur“ eine schwarze Null bringen müsste, um das Minimalziel zu erreichen. Tatsächlich dürfte es wohl klar besser laufen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 35,70 | 36,56 | 49,23 | 73,96 | 82,52 | 98,94 | 116,85 | |
EBITDA1,2 | 7,87 | 9,81 | 5,84 | 17,82 | 21,39 | 21,79 | 28,40 | |
EBITDA-Marge3 | 22,04 | 26,83 | 11,86 | 24,09 | 25,92 | 22,02 | 24,31 | |
EBIT1,4 | 7,33 | 9,01 | 7,98 | 17,82 | 21,39 | 20,45 | 26,89 | |
EBIT-Marge5 | 20,53 | 24,64 | 16,21 | 24,09 | 25,92 | 20,67 | 23,01 | |
Jahresüberschuss1 | 3,43 | 3,65 | 23,55 | 8,20 | 9,17 | 9,89 | 10,80 | |
Netto-Marge6 | 9,61 | 9,98 | 47,84 | 11,09 | 11,11 | 10,00 | 9,24 | |
Cashflow1,7 | 6,26 | 4,45 | 5,03 | 9,24 | 10,04 | 11,23 | 12,30 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,60 | 0,64 | 4,14 | 1,05 | 1,18 | 1,23 | 1,39 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,32 | 0,32 | 0,40 | 0,45 | 0,45 | 0,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Nicht ganz unerheblich für die weitere Entwicklung des Aktienkurses ist zudem, dass die Gesellschaft – trotz der ungewissen regulatorischen Gemengelage – auch für 2020 eine Dividende zahlen will. „Wir haben unseren Stresstest bestanden und eine sehr gute Ertragslage“, sagt Lingel. Zur Einordnung: Im laufenden Jahr schüttete die Merkur Privatbank unverändert 1,82 Mio. Euro – entsprechend 0,32 Euro je Aktie – aus. Wichtig zu wissen ist hier, dass die 2.091.750 neuen Aktien aus der Schilling-Transaktion für 2019 noch gar nicht dividendenberechtigt waren. Sollte die im m:access gelistete Gesellschaft für 2020 erneut eine konstante Dividende von 0,32 Euro pro Anteilschein auskehren, würde sich die Ausschüttungssumme dann aber auf knapp 2,50 Mio. Euro erhöhen, was etwa der Hälfte des gesamten Überschusses entspricht. Darstellbar wäre so eine Quote allemal, zumal sie ungefähr auch den Relationen der vergangenen Jahre entspricht. Summa summarum sollte der Spezialwert damit auch im kommenden Jahr für dividendenorientierte Anleger eine attraktive Anlage sein – das ist schließlich aufregend genug. Und wer weiß: Vielleicht wird es sogar ein Tacken mehr bei der Dividende.
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