Wer nun unbedingt nach dem Makel im frisch vorgelegten Zwischenbericht von Mensch und Maschine (MuM) sucht, wird an erster Stelle im Ausblick fündig. Statt der bislang für 2020 in Aussicht gestellten Spanne von 1,17 bis 1,23 Euro für das Ergebnis je Aktie, kalkuliert der Spezialist für Konstruktionssoftware jetzt „nur“ noch mit einem Gewinn pro Anteilschein zwischen 1,07 und 1,18 Euro. Als Gewinnwarnung oder neuerlichen Bremseffekt durch COVID-19 will CEO Adi Drotleff die umformulierte Prognose aber nicht verstehen: „Wir haben einfach mehr Sicht nach neun Monaten. Mehr steckt nicht dahinter.“ Immerhin hatte MuM – im Gegensatz zu den meisten anderen Unternehmen – in der harten Coronaphase die eigene Gewinnprognose nicht auf Eis gelegt, sondern einzig darauf hingewiesen, dass Umsatz und Rohertrag in diesem Jahr eine untergeordnete Rolle spielen.
Man kann den Q3-Bericht von Mensch und Maschine aber auch ganz anders lesen: Nach dem Corona-bedingten Dämpfer im zweiten Quartal hat die Gesellschaft zwischen Juli und September nämlich wieder deutlich an Fahrt gewonnen und steuert 2020 auf ein Rekordergebnis zu. So fürchterlich vielen Unternehmen gelingt dieses Kunststück nicht. Schon gar nicht, wenn sie keine unmittelbaren Profiteure des geänderten Kundenverhaltens im Zuge der Corona-Ausbreitung sind. So kletterte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) im dritten Quartal 2020 um knapp 19,6 Prozent auf 5,03 Mio. Euro. Nach neun Monaten liegt das EBIT von 21,76 Mio. Euro damit nun um 19,5 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreswert. Dass das auf die Anteilseigner entfallende Netto-Ergebnis mit etwas weniger Tempo vorangekommen ist, hängt unter anderem auch damit zusammen, dass die in der Bauwerksmodellierung tätigen Töchter SOFiSTiK (Anteil: 51 Prozent) und DATAflor (67,2 Prozent) super robust durch die kritische Zeit gekommen sind – aber eben keine 100-Prozent-Töchter sind. Entsprechend muss sich MuM hier den Gewinn mit den Miteigentümern teilen.
Als eine „Hammerzahl“ und „schönen Frühindikator“ stuft CEO Adi Drotleff derweil den von 21,43 auf 32,73 Mio. Euro gewachsenen Cashflow der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ein. Heruntergerechnet auf die einzelne Aktie entspricht das einer Steigerung von 1,27 auf 1,95 Euro. Wichtig für Privatanleger ist auch die Botschaft, dass MuM keinen Deut von den Dividendenplänen von 1,00 bis 1,05 Euro für 2020 abweicht. Bezogen auf den aktuellen Kurs ergibt sich daraus eine Rendite von 1,8 Prozent – freilich mit einer Art eingebauten Erhöhung für die kommenden Jahre. Mit Blick auf 2021 sollten Investoren derweil schon jetzt auf der Kappe haben, dass die Vergleichsbasis aus dem ersten Quartal 2020 ungewöhnlich hoch war und somit schwierig zu schlagen sein wird. Ab dem zweiten Quartal 2021 sollte MuM dann jedoch wieder auf den gewohnten Wachstumskurs schwenken.
Und für besonders kecke Börsianer hat Adi Drotleff noch einen eher ungewöhnlichen Rat in der Tasche: „Natürlich ist es auch dieses Jahr nicht verboten, die Prognose zu toppen. Aber wetten würde ich darauf nicht. Wir machen keine Sperenzchen um irgendwas aufzuhübschen. Bei uns ist alles nachhaltig.“ Unterm Strich bleiben wir dabei, dass die im Freiverkehrssegment Scale gelistete MuM-Aktie in ein gutes Spezialwertedepot gehört – auch wenn die Bewertung durchaus ambitioniert ist. Aber Qualität hat nunmal seinen Preis. Dabei ist MuM eigentlich längst kein Small Cap mehr. Ab Kursen von etwas mehr als 58,30 Euro übersteigt der Börsenwert nämlich die Marke von 1 Milliarde Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 160,85 | 185,40 | 245,94 | 243,98 | 266,16 | 320,47 | 323,31 | |
EBITDA1,2 | 18,04 | 22,75 | 36,55 | 40,33 | 44,44 | 52,67 | 56,64 | |
EBITDA-Marge3 | 11,22 | 12,27 | 14,86 | 16,53 | 16,70 | 16,44 | 17,52 | |
EBIT1,4 | 15,21 | 19,66 | 27,19 | 31,03 | 34,69 | 42,64 | 46,83 | |
EBIT-Marge5 | 9,46 | 10,60 | 11,06 | 12,72 | 13,03 | 13,31 | 14,49 | |
Jahresüberschuss1 | 8,98 | 12,47 | 18,31 | 20,90 | 23,88 | 28,91 | 31,93 | |
Netto-Marge6 | 5,58 | 6,73 | 7,44 | 8,57 | 8,97 | 9,02 | 9,88 | |
Cashflow1,7 | 15,22 | 15,23 | 26,35 | 33,73 | 36,91 | 39,05 | 50,59 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,53 | 0,71 | 0,99 | 1,12 | 1,26 | 1,55 | 1,72 | |
Dividende8 | 0,50 | 0,65 | 0,85 | 1,00 | 1,20 | 1,40 | 1,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: dhpg |
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