Größer hätte die Zustimmung zu Tagesordnungspunkt 5 auf der Hauptversammlung (HV) von MAX 21 kaum sein können. Kein Wunder: Immerhin ging es quasi um das Dauerthema schlechthin auf sämtlichen Kapitalmarktpräsentationen von CEO Frank Wermeyer. Nun ist es mit einem Votum von 99,99 Prozent der anwesenden Stimmen entschieden: Aus MAX 21 wird die Binect AG – mit Sitz in Köln. Konsequent ist die Umfirmierung schon allein deshalb, weil nach der im Frühjahr 2019 eingeleiteten Umstrukturierung nur noch die 100-Prozent-Tochter Binect als operative Einheit übrig geblieben ist. Boersengefluester.de hatte mehrfach über die Transformation der ehemaligen Beteiligungsgesellschaft hin zu einem Dienstleister für die digitale Bearbeitung von Firmenpost berichtet (etwa HIER). Zudem ist der jetzt gewählte Namenswechsel auch steuertechnisch die beste Lösung, da er die stattlichen Verlustvorträge sichert, was im Falle einer Verschmelzung von MAX 21 mit Binect so nicht der Falle gewesen wäre. Wann die Umfirmierung formal wirksam wird, lässt sich indes noch nicht sagen.
Derweil stuft Frank Wermeyer im Gespräch mit boersengefluester.de auch die Verlegung des satzungsmäßigen Firmensitzes von Weiterstadt in der Nähe von Darmstadt Richtung Rhein als positiven Nebeneffekt ein: „Der Großraum Köln/Bonn ist die ideale Region für unser Geschäft.“ Für frische Kursimpulse sorgen aber auch eine ganze Menge anderer Themen: So hat Binect pünktlich zur HV am 7. Juli eine Kooperation mit dem Archivierungs- und Digitalisierungsspezialisten Reisswolf International angekündigt – einem der großen Anbieter in der Branche. Mit Hilfe von Reisswolf will Binect das eigene – bislang auf den Bereich Postausgang fokussierte – Produktangebot um den Bereich Posteingang ergänzen. Eine Erweiterung, die Vorstand Wermeyer schon seit geraumer Zeit in Aussicht stellt. „Für uns ist das ein sehr naheliegendes und auch lukratives Wachstumsfeld.“ Keine Frage: Für MAX 21/Binect sind das grundsätzlich klasse Nachrichten, die auch an der Börse ihre Wirkung nicht verfehlen. Eine zu hohe Erwartungshaltung – insbesondere auf die kurze Sicht – sollten Anleger an die Partnerschaft mit Reisswolf aber noch nicht aufbauen. Zunächst einmal gilt es auszuloten, wie sich der Deal in der Praxis bewährt. Das gilt für beide Seiten: Immerhin will Reisswolf künftig auch die Postausgangslösungen von Binect vertreiben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 6,62 | 1,16 | 8,86 | 9,08 | 10,11 | 12,48 | 14,78 | |
EBITDA1,2 | -4,31 | -0,10 | -3,77 | 1,15 | 0,63 | 0,74 | 0,85 | |
EBITDA-Marge3 | -65,11 | -8,62 | -42,55 | 12,67 | 6,23 | 5,93 | 5,75 | |
EBIT1,4 | -17,37 | -0,13 | -5,28 | 0,45 | 0,19 | 0,32 | 0,35 | |
EBIT-Marge5 | -262,39 | -11,21 | -59,59 | 4,96 | 1,88 | 2,56 | 2,37 | |
Jahresüberschuss1 | -16,46 | -13,65 | -4,76 | 0,45 | 0,10 | 0,15 | 0,10 | |
Netto-Marge6 | -248,64 | -1.176,72 | -53,72 | 4,96 | 0,99 | 1,20 | 0,68 | |
Cashflow1,7 | -3,15 | -13,61 | 0,59 | 0,85 | -0,46 | 1,45 | 0,97 | |
Ergebnis je Aktie8 | -7,07 | -11,20 | -1,79 | 0,17 | 0,03 | 0,05 | 0,03 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: ba audit |
Keine Abstriche bedeutet der Deal auf jeden Fall für die Weiterentwicklung der eigenen Plattform, für die Binect gerade eine Stange Geld in die Hand nimmt und aus diesem Grund zuletzt sogar eine Kapitalerhöhung durchgeführt hat. Trotz der Belastungen aus dem Projekt Binect 2.0 will die Gesellschaft in diesem Jahr bei Erlöszuwächsen zwischen 15 und 20 Prozent ein positives Betriebsergebnis ausweisen, was auch nicht unbedingt selbstverständlich ist für ein Unternehmen in einer solchen Phase. Das zeigen vergleichbare Beispiele wie Netfonds oder JDC Group aus dem Finanzsektor. „Wir investieren dosiert und liegen voll in der Prognose“, betont Wermeyer. Zupass kommt Binect dabei die zunehmend breitere Kundenbasis – etwa aus den Sektoren Krankenhäuser, Medizintechnik, Wohnungswirtschaft, Energieversorger oder auch der Spezialchemie. Zwei größere Abschlüsse – einer davon offenbar mit Signalcharakter für Folgeaufträge – stehen dem Vernehmen nach dicht vor der Unterzeichnung.
Ermutigend ist zudem, dass auch das Geschäft mit der Deutschen Post, die E-Post-Business Box, weiter vorangetrieben wird und weitere Funktionalitäten erhält, was die Nachfrage von Unternehmensseite wieder ankurbeln sollte. Summa summarum rechnet Wermeyer für das zweite Halbjahr auf Konzernebene jedenfalls mit nochmals höheren Wartungs- und Softwareumsätzen. Zur Einordnung: Für 2020 weist das Unternehmen bei Erlösen von 9,08 Mio. Euro ein Ergebnis nach Steuern von 454.000 Euro aus. Das wiederum korrespondiert mit einem Börsenwert von zurzeit nur etwas mehr als 11 Mio. Euro – bei einer mittlerweile schuldenfreien Bilanz. Angesichts der bereits gemachten Fortschritte und der prima Perspektiven ist die aktuelle Marktkapitalisierung deutlich zu niedrig. Daran gibt es wohl kaum einen Zweifel. Um den wahren Wert der Aktie zu heben, braucht es freilich noch ein wenig Zeit und auch mehr Sichtbarkeit am Kapitalmarkt. Die geplante Umfirmierung ist da nur ein Schritt, um mit der wechselvollen Historie abzuschließen.
Am Ende muss Wermeyer liefern, dann wird auch der Kurs die jüngste Seitwärtsbewegung beenden und wieder deutlich Richtung Norden ziehen – selbst wenn Micro Caps nicht jedermanns Sache sind. In den vergangenen gut zwei Jahren hat der Manager aber einen prima Job gemacht und das Unternehmen wieder fit bekommen. Mit wohl dosiertem Depotanteil sollte sich ein Investment in der Max 21/Binect-Aktie also lohnen.
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