Zum Jahreswechsel werden an der Börse meist die Karten neu gemischt. Favoriten verlieren den Anschluss, neue Werte bringen sich in Position. Ein gutes Beispiel lieferte in diesem Jahr Manz ab. 2013 kletterte der Wert ausgehend von 20 auf rund 60 Euro und zählte damit zu den besten Mitgliedern im Technologiesegment. Wer in diesem Jahr auf eine Fortsetzung spekulierte, wurde enttäuscht. Nur ein Drittel der Werte im TecDAX büßten seit Jahresbeginn ein – Manz zählt mit Verlusten von rund acht Prozent dazu. Die aktuellen Paltzierungen können Sie täglich mit unserem selbst entwickelten Performance-Tool “Top-Flop Interaktiv” nachverfolgen. Fest steht aber schon jetzt: Im kommenden Jahr ist wieder viel Zündstoff in dem Papier, dies gilt sowohl aus fundamentaler als auch charttechnischer Sicht. Aber der Reihe nach.
Lange Zeit wurde das Unternehmen nur als Solar-Maschinenbauer wahrgenommen, inzwischen sind die Reutlinger einer der weltweit führenden Anbieter im Bereich High-Tech-Maschinenbau für die Photovoltaik- und Display-Industrie sowie der zukunftsweisenden Lithium-Ionen-Batteriefertigung. Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden in diesem Geschäft oft nur ein paar Mikrometer, ein halbes Prozent mehr, ein Sekundenbruchteil schneller. Konkurrenz ist daher eher dünn gesät, die Markteintrittsbarrieren sind entsprechend hoch. Internationalisierung ist dabei entscheidend für den Erfolg. Rund 70 Prozent der Umsätze in den ersten drei Quartalen wurden in China erzielt, gut 20 Prozent entfallen auf Europa. Von den drei strategischen Bereichen spielt das Solar-Segment kaum noch eine Rolle, nur vier Prozent der Erlöse wurden hier erzielt. 15 Prozent sind es im Halbleitersegment, der Löwenanteil von 72 Prozent entfällt auf den Display-Bereich. Tendenz klar steigend, in den ersten neun Monaten 2013 waren es noch 65 Prozent.
Hier spielt auch in Zukunft die Musik. Innovative Produktionslösungen zur Herstellung von Flat Panel- (FPDs) sowie Touchpanel-Displays sind gefragt – und Manz bietet die entsprechenden Lösungen. Schätzungen zufolge wird der Umsatz aus den Bereichen Mobile Computing und Smartphones 2014 erstmals den Marktanteil von LCD-Fernsehen übertreffen. Manz verfügt über Produktionsstandorte in Taiwan und China, hier liegen die Hotspots der Branche. Nachfrage ist reichlich vorhanden, dafür sorgt allein schon Apple. Die Zulieferer des Giganten setzen zur Bearbeitung des Saphireglases für die Apple Watch auf das Know-how des deutschen Maschinenbauers. Erstmals im Frühjahr 2015 dürfte die Uhr über die Ladentheke gehen, der Jahresabsatz könnte bei bis zu 40 Millionen Stück liegen. Positive Überraschungen nicht ausgeschlossen. Wobei auch negative Entwicklungen im Hightech-Segment dazugehören. Eigentlich sollte auch das iPhone 6 mit Saphireglas-Display die Kunden begeistern, schließlich gilt das Spezialglas als nahezu unzerstörbar. Probleme beim Hersteller ließen den Traum platzen, nun ruhen die Hoffnungen auf dem iPhone 7.
Mindestens ebenso viel Fantasie bietet der Bereich Battery. Hier verfügen die Reutlinger über Know-how in der Wickel- und Stapeltechnologie, den beiden führenden Lösungen bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien für stationäre Energiespeicherung und Geräte wie Smartphones und Tablet-Computer. Die Umsätze zogen im Jahresvergleich um 66 Prozent an, der Anteil an den Gesamterlösen fällt mit fünf Prozent aber noch klein aus. Hier ist noch viel Luft nach oben. In den kommenden Monaten sind Aufträge im niedrigen dreistelligen Millionenbereich möglich und würden den derzeit saisonal geringen Auftragsbestand von 51 Mio. Euro anschieben. Keine Frage: In ganz neue Dimensionen könnte der Bereich bei einem Auftrag von Apple vordringen – doch das ist noch Zukunftsmusik. Ähnlich sind auch die Gerüchte um Tesla einzuordnen. Bei der Gigafactory in Nevada spielt zwar Panasonic die erste Geige, aber auch Manz könnte ein Stück vom Kuchen bekommen. Analysten verweisen zudem immer wieder auf einen Auftrag für eine Dünnschicht-Solarfabrik.
Zwischenfazit: Manz hat einige heiße Eisen im Feuer. Ob und wann diese sich auch gewinnbringend in der Bilanz niederschlagen, ist offen. Hier dominiert das Prinzip Hoffnung. Das Bankhaus Lampe rechnet 2015 mit dem Durchbruch und erwartet einen Gewinn je Aktie von 4,96 Euro. Zur Einordnung: Für 2014 liegen die Prognosen bei einem Verlust von 0,57 Euro. Das Kursziel wird mit 95 Euro angegeben, nicht ganz so sportlich ist Warburg Research mit 85 Euro. Die Experetn von Close Brothers Seydler geben gar nur 67 Euro aus.
Technisch erinnert die Konsolidierung im laufenden Jahr an ein Rounding Top. Der 2013er-Aufwärtsimpuls ließ im Jahresverlauf kontinuierlich nach, im Juni wurde schließlich bei rund 84 Euro ein Top ausgebildet. Seitdem bestimmt eine Serie von fallendenden Hoch- und Tiefpunkten das Kursbild. Sowohl die kurz- als auch langfristigen Gleitenden Durchschnitte weisen inzwischen abwärts. Ein richtungsweisendes Verkaufssignal wurde vor wenigen Tagen knapp vermieden – bisher hält die wichtige Unterstützungsregion zwischen 49 bis 50 Euro. Entwarnung kann aber noch nicht gegeben werden, denn zugleich scheiterte die Manz-Aktie bereits an der nächsten Hürde bei 57,50 Euro. Ähnlich wie bei der fundamentalen Beurteilung, dominiert auch charttechnisch das Prinzip Hoffnung. Etwas positiver wird die Ausgangslage, wenn der mittelfristige Abwärtstrend bei 64 Euro und anschließend die nächste Hürde um 69 Euro fallen. Die Gefahr einer größeren Umkehrbewegung wäre dann gebannt, Kurse von 85 Euro durchaus möglich. Scheitert die Notiz hingegen an der aktuellen Schwelle bei 57,50 Euro und fällt anschließend auch unter 49 Euro, droht mit Zwischentest der 45er-Marke im ungünstigen Fall eine Rückkehrbewegung bis in den Bereich um 30 Euro. Anleger, die eher kurzfristig agieren, sollten die Differenz zur 21-Tage-Linie beachten. In den vergangenen zwölf Monaten entfernte sich der Wert selten um mehr als 10,5 Prozent von seiner Signallinie.
Fazit: In der Aktie steckt viel Fantasie. In den kommenden Wochen könnten einige Deals abgeschlossen werden und so dem Wert neuen Auftrieb verleihen. Die Themen Apple, Tesla und der mögliche Solar-Auftrag sind weitere potenzielle Katalysatoren. Bis hier Fakten präsentiert werden, sollten nur risikobereite Anleger mit einer ersten Position einsteigen und zugleich eng absichern.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 324,97 | 296,92 | 264,40 | 236,77 | 227,06 | 250,96 | 249,17 | |
EBITDA1,2 | 11,45 | 9,51 | 9,21 | 19,36 | 18,29 | 6,18 | 14,63 | |
EBITDA-Marge3 | 3,52 | 3,20 | 3,48 | 8,18 | 8,06 | 2,46 | 5,87 | |
EBIT1,4 | 1,56 | -3,39 | -9,93 | 7,23 | -16,06 | -6,00 | 2,86 | |
EBIT-Marge5 | 0,48 | -1,14 | -3,76 | 3,05 | -7,07 | -2,39 | 1,15 | |
Jahresüberschuss1 | -2,80 | -8,02 | -11,25 | 3,43 | -22,43 | -12,15 | -2,38 | |
Netto-Marge6 | -0,86 | -2,70 | -4,25 | 1,45 | -9,88 | -4,84 | -0,96 | |
Cashflow1,7 | 19,53 | 14,90 | -24,10 | 20,62 | -25,80 | -2,28 | -23,88 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,41 | -1,00 | -1,43 | 0,42 | -2,89 | -1,42 | -0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Foto: Manz AG