Restrukturierungsstorys kommen an der Börse meist gut an – zumindest in den ersten Monaten der Neuausrichtung. Schnell kommt dann aber auch die Zeit, in der die Investoren Resultate sehen wollen. Und nicht selten verpufft in diesem Moment die vorher so positive Entwicklung der Aktie, weil viele Prozesse eben doch länger dauern als gedacht oder sich der Erfolg aus anderen Gründen nicht wie erhofft einstellt. Gemessen daran ist der im Frühjahr 2018 eingeleitete Wandel bei Lloyd Fonds hin zu einem unabhängigen Vermögensverwalter fast schon ein Musterbeispiel für eine gelungene Neupositionierung. Dabei hatte CEO Achim Plate die Messlatte nicht gerade niedrig angelegt, was die strategischen Zielsetzungen angeht. Aber Plate hat verlässlich geliefert – und zwar mit einer hohen Umsetzungsgeschwindigkeit. Bei Aktienkursen von zurzeit 6,90 Euro rückt allmählich sogar die Marke von 100 Mio. Euro Börsenwert in Sichtweite. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren erreichte die Marktkapitalisierung der Hamburger erst 55 Mio. Euro.
Parallel dazu hat sich die Visibilität von Lloyd Fonds am Kapitalmarkt bereits deutlich erhöht. Im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de sieht Vorstand Achim Plate aber noch weiteres Potenzial: „Mittlerweile werden wir von vielen Investoren beobachtet, aber noch längt nicht von allen gekauft.“ Entsprechend ist es das Ziel von Plate, 2021 „auch mal zweistellige Kurse“ bei der Lloyd Fonds-Aktie zu sehen. Gemessen an den Kurszielen der Analysten, die bis 13,80 Euro reichen, wäre das locker drin. Für frisches Potenzial sorgen der kürzlich veröffentlichte Geschäftsbericht 2020 – siehe dazu auch unseren Beitrag HIER – sowie insbesondere die geplante Token-Emission bei der Digital-Tochter LAIC.
Gleich in doppelter Hinsicht ein cleverer Schachzug: So wird LAIC im Zuge der für das erste Halbjahr 2021 avisierten Transaktion quasi mit einem Preisschild versehen – angepeilt für den Anteil von bis zu zehn Prozent ist ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag. Rechnet man mit 5 Mio. Euro, würde die Finanzierungsrunde für LAIC auf Basis einer Gesamtbewertung von 50 Mio. Euro stattfinden. Zur Einordnung: Aktuell bringt es der Fintech-Ableger auf ein verwaltetes Vermögen – Assets under Management (AuM) – von etwas mehr als 100 Mio. Euro. Wenn es im bisherigen Tempo weitergeht, dürften die AuM bis zum Jahresende 2021 nah an die Marke von 200 Mio. Euro kommen. Vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit den jüngsten Finanzierungsrunden von ähnlichen Fintechs wie zum Beispiel Scalable Capital, ist die angepeilte Bewertung von LAIC sicher nicht zu hoch gegriffen und würde die stillen Reserven aufzeigen.
Darüber hinaus könnte der Token-Prozess aber auch eine Blaupause für weitere Produkte aus dem Lloyd Fonds-Universum darstellen. Derweil gilt die Langfristprognose, wonach die AuM bis Ende 2024 auf Konzernebene von zuletzt knapp 1,85 Mrd. Euro auf mehr als 7 Mrd. Euro steigen sollen. Bezogen auf den Netto-Umsatz soll die EBITDA-Marge dann von zuletzt 26 Prozent auf über 45 Prozent steigen. Nimmt man als Faustformel, wonach etwas mehr als 1 Prozent von den AuM als Umsatz hängen bleiben, würde das auf Erlöse von rund 75 Mio. Euro für 2024 hinauslaufen. Entsprechend bliebe dann ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von mindestens 34 Mio. Euro stehen. Tatsächlich könnten es auch noch etwas mehr sein. „Die Zielmarke für die EBITDA-Marge ist konservativ“, sagt Plate. Eine quantitative Prognose für das laufende Jahr gibt es momentan noch nicht.
Die Analystenschätzungen von Warburg Research (31,8 Mio. Euro Umsatz; 10,2 Mio. Euro EBITDA) scheinen für boersengefluester.de aber gut erreichbar. Immerhin lief das erste Quartal 2021 bereits besser als gedacht und zunehmend mehr performancebasierte Honorarzahlungen von eigenen Fonds dürften in das Jahresergebnis einfließen. Und dann hat sich Großaktionär Plate auch noch eine ganz andere Sache vorgenommen: „Für die nächsten Jahre möchte ich eine Dividende nicht ausschließen.“ Bilanziell sollte die im Freiverkehrssegment Scale gelistete Gesellschaft bereits Mitte 2021 die Voraussetzungen dafür geschafft haben. Insgesamt als eine richtig schöne und innovative Investmentstory, die gut drei Jahre nach dem Start immer mehr an Konturen gewinnt. Die aktuelle Seitwärtsbewegung zwischen 6 und 7 Euro sollte nach Auffassung von boersengefluester.de also in einem Ausbruch nach oben münden. Argumente dafür gibt es jedenfalls genug.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 7,46 | 7,92 | 8,22 | 27,74 | 26,12 | 21,58 | 30,75 | |
EBITDA1,2 | 0,99 | -1,67 | -9,68 | 6,96 | 4,61 | -9,95 | -4,69 | |
EBITDA-Marge3 | 13,27 | -21,09 | -117,76 | 25,09 | 17,65 | -46,11 | -15,25 | |
EBIT1,4 | 0,51 | -1,78 | -10,94 | 3,21 | 1,25 | -14,66 | -11,08 | |
EBIT-Marge5 | 6,84 | -22,47 | -133,09 | 11,57 | 4,79 | -67,93 | -36,03 | |
Jahresüberschuss1 | 1,36 | -1,53 | -0,09 | 2,50 | 6,63 | -10,54 | -12,87 | |
Netto-Marge6 | 18,23 | -19,32 | -1,09 | 9,01 | 25,38 | -48,84 | -41,85 | |
Cashflow1,7 | 1,49 | -1,24 | 1,42 | -0,95 | 19,96 | -2,77 | -10,74 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | -0,16 | -0,01 | -0,05 | 0,39 | -0,67 | -0,51 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
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