Es gibt Vorstände, die eilen in weniger als 30 Minuten durch eine 40 Seiten umfassende Präsentation. Ganz anders Gert Frank: Das hatte schon fast etwas Beruhigendes, wie behutsam der Vorstand der Limes Schlosskliniken AG bei seiner Telefonkonferenz am 22. September 2021 die Geschäftsstrategie sowie das aktuelle Zahlenwerk des Betreibers von zurzeit zwei Spezialkliniken vorstellte. Klinik Nummer 3 in Lindlar östlich von Köln ist bereits im Bau und soll im Mai 2022 eröffnet werden. Spezialisiert hat sich Limes auf Krankheiten wie Depressionen, Burnouts oder Psychosen. Das Klientel sind gut betuchte Selbstzahler oder Privatversicherte. Entsprechend edel ist das Ambiente in den bisherigen Standorten Schloss Lütgenhof (Dassow in Mecklenburg) sowie dem Fürstenhof im bayerischen Bad Brückenau. Und so passt es perfekt ins Bild, dass Gert Frank einerseits Ruhe ausstrahlt – gleichsam aber eine extrem spannende Aktienstory zu erzählen hat.
Die wiederum ist dem Kapitalmarkt nicht ganz verborgen geblieben, immerhin ist der Kurs des Small Caps in den vergangenen zwölf Monaten auf mehr als das Doppelte gestiegen. Gerade institutionelle Anleger finden Gefallen an dem Geschäftsmodell. Trotzdem: Der aktuelle Börsenwert von 57 Mio. Euro scheint gemessen am sich noch ergebenden Potenzial alles andere als abgehoben zu sein. Wie groß der Hebel ist, zeigen die kürzlich veröffentlichten Halbjahreszahlen: Bei signifikant höheren Umsätzen von 8,17 Mio. Euro (Vorjahr: 4,58 Mio. Euro) drehte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von minus 0,51 auf plus 1,68 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr peilt das Unternehmen Erlöse von 17,3 Mio. Euro sowie ein EBIT von 4,3 Euro an. Unterm Strich soll Ende 2021 ein Überschuss von 3,9 Mio. Euro stehen – nach einem Verlust von knapp 700.000 Euro im Jahr zuvor.
Auslöser des rasanten Swings ist, dass der erst im Juni 2020 eröffnete Fürstenhof schon nach fünf Monaten den Break-even geschafft hat und das erste Halbjahr 2021 somit nicht mehr durch Anlaufverluste belastet war. Zum Vergleich: Bei Schloss Lütgenhof hat diese Phase sehr viel länger – nämlich vier Jahre – gedauert. „Das war unser Lernmodell“, sagt Frank. Gleichwohl muss ein potenzieller Nachahmer auch erstmal in der Lage sein, so eine Durststrecke zu meistern. „Anlaufverluste sind die größte Hürde bei dem Geschäftsmodell“, betont Frank. Kein Wunder, dass die Investoren bereits jetzt Richtung 2022 schielen. Immerhin gilt es dann, die neue Klinik im Bergischen Land möglichst schnell in die schwarzen Zahlen zu hieven. Zwar wird Lindlar das Konzernergebnis 2022 aufgrund des Starttermins im Frühjahr nur unterjährig belasten. Mit 1,5 bis 1,8 Mio. Euro sollten Anleger jedoch rechnen. Angesichts des gut laufenden Betriebs in den beiden anderen Kliniken, wird Limes für 2022 auch auf Konzernebene in den schwarzen Zahlen bleiben. „Wir werden Lindlar aus dem Cashflow hochziehen können“, sagt Frank.
Ebenfalls wichtig: Die Übernahme der Schlossklinik Bergisches Land erfolgt schlüsselfertig, es gibt also keine großen Investitionen zu stemmen. Das war etwa in Bad Brückenau noch ganz anders, wo Limes die komplette Einrichtung selbst gekauft hat. Derweil laufen bereits die Planungen für einen vierten Komplex – vermutlich ebenfalls in Bad Brückenau. Allerdings soll es sich hierbei um eine Fachklinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie handeln, freilich mit einem ähnlichen High-end-Konzept wie es zur Marke Limes Schlosskliniken passt. Mitte 2023 könnten hier die Pforten öffnen. Bereits 2022 könnte das Unternehmen derweil eine ganz andere Stufe nehmen: Und zwar in Form einer Expansion ins nahe gelegene Ausland, also Österreich, Schweiz oder auch Frankreich. „Wir stehen hier in sehr konkreten Verhandlungen“, verrät Frank auf der in mehrere Slots unterteilten Telefonkonferenz.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 6,54 | 7,43 | 8,18 | 11,02 | 23,44 | 28,81 | 37,17 | |
EBITDA1,2 | -0,49 | -0,13 | 0,26 | 0,84 | 6,02 | 8,65 | 7,67 | |
EBITDA-Marge3 | -7,49 | -1,75 | 3,18 | 7,62 | 25,68 | 30,02 | 20,64 | |
EBIT1,4 | -0,72 | -0,93 | -0,54 | -0,43 | 4,53 | 6,00 | 5,03 | |
EBIT-Marge5 | -11,01 | -12,52 | -6,60 | -3,90 | 19,33 | 20,83 | 13,53 | |
Jahresüberschuss1 | -1,25 | -1,46 | -0,83 | -0,69 | 4,11 | 4,86 | 3,91 | |
Netto-Marge6 | -19,11 | -19,65 | -10,15 | -6,26 | 17,53 | 16,87 | 10,52 | |
Cashflow1,7 | 1,02 | -0,66 | 0,17 | 0,76 | 4,77 | 8,04 | 6,29 | |
Ergebnis je Aktie8 | -4,95 | -5,78 | -2,81 | -2,37 | 13,45 | 14,34 | 11,58 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: B-S-H Collegen |
Keinerlei Probleme sieht der ehemalige Investmentbanker und Vorstand von Geratherm Medical bei der Finanzierung. Selbst Größenordnungen von 10 Mio. Euro sind darstellbar, so das Feedback regelmäßiger Gespräche mit Investoren. Auch das Thema Kapitalmarktkommunikation will das bislang noch von keinem Researchhaus gecoverte Unternehmen nun forcieren. „Jetzt können wir zeigen, dass unser Geschäft gut funktioniert“, sagt Frank. Immerhin gibt es auf internationaler Ebene ähnliche Unternehmen wie LifeStance Health aus den USA oder die auf Telepsychiatrie fokussierte britische Kooth, die zu ganz anderen EBITDA- und Umsatzmultiples gehandelt werden wie Limes Schlosskliniken. Fakt ist jedenfalls, dass der Bereich Psychische Erkrankungen zu den größten Feldern überhaupt in der Medizin gehört. Entsprechend sinnvoll ist es wohl auch als Investor, sich hier zu positionieren. Selbts wenn Dividenden auf absehbare Zeit wohl kein Thema bei Limes sind. Bleibt nur zu hoffen, dass CEO Gert Frank auch nachhaltig liefert. Genau hieran hat es abei Geratherm in den vergangenen Jahren nämlich zu häufig gehapert.
Foto: Limes Schlosskliniken AG (Schloss Lütgenhof)