Gleich sieben Aktien von Klinikbetreibern hat boersengefluester.de in seiner Datenbank. Die Börsenwerte reichen dabei von mehr als 1 Mrd. Euro bei Rhön-Klinikum bis hin zu nicht einmal 15 Mio. Euro für die Eifelhöhen-Klinik. Die vielleicht interessanteste Investmentstory aus dieser Gruppe liefert zurzeit der Anteilschein der Limes Schlosskliniken. Bekannt in der Finanzszene ist das in Köln ansässige Unternehmen insbesondere deshalb, weil der zur Hauptversammlung (HV) scheidende Geratherm-Vorstand und -Großaktionär Gert Michael Frank bei Limes Schlosskliniken Alleinvorstand ist und mit mehr als 80 Prozent der Aktien auch kapitalmäßig den maßgeblichen Einfluss ausübt. Kursrelevanter ist jedoch eine ganz andere Sache: Nachdem das auf Burnouts, Depressionen oder sonstige psychische Störungen bei einer vermögenden Privatklientel ausgerichtete Unternehmen mit der Fürstenhof-Klinik im bayerischen Bad Brückenau nun den zweiten Standort – nach der Limes Schlossklinik Teterow in der Mecklenburgischen Schweiz – eröffnet, steht die Gesellschaft nämlich vor einem beachtlichen Wachstums- und Profitabilitätsschub.
Im kürzlich veröffentlichten Geschäftsbericht 2020 betont Vorstand Frank, dass Limes Schlosskliniken für das laufende Jahr mit einem Umsatzanstieg um rund 58 Prozent rechnet und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von zuletzt 838.000 Euro auf eine Spanne von 4,5 bis 4,9 Mio. Euro hieven will. Im eigentlichen Prognoseteil des Geschäftsberichts ist gar nur von einem EBITDA von etwa 4,9 Mio. Euro und einem EBIT von rund 4,3 Mio. Euro die Rede. Ganz ehrlich: Boersengefluester.de musste auch zweimal lesen, um den enormen Schub nicht falsch zu deuten. Offenbar sind aber auch andere Spezialwertekenner und Investoren auf den Ausblick aufmerksam geworden. Jedenfalls haben nun wir schon einige Anrufe und E-Mails mit der Bitte bekommen, ob wir uns nicht mal die Aktie von Limes Schlosskliniken angucken könnten. Das tun wir dann hiermit auch.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 6,54 | 7,43 | 8,18 | 11,02 | 23,44 | 28,81 | 37,17 | |
EBITDA1,2 | -0,49 | -0,13 | 0,26 | 0,84 | 6,02 | 8,65 | 7,67 | |
EBITDA-Marge3 | -7,49 | -1,75 | 3,18 | 7,62 | 25,68 | 30,02 | 20,64 | |
EBIT1,4 | -0,72 | -0,93 | -0,54 | -0,43 | 4,53 | 6,00 | 5,03 | |
EBIT-Marge5 | -11,01 | -12,52 | -6,60 | -3,90 | 19,33 | 20,83 | 13,53 | |
Jahresüberschuss1 | -1,25 | -1,46 | -0,83 | -0,69 | 4,11 | 4,86 | 3,91 | |
Netto-Marge6 | -19,11 | -19,65 | -10,15 | -6,26 | 17,53 | 16,87 | 10,52 | |
Cashflow1,7 | 1,02 | -0,66 | 0,17 | 0,76 | 4,77 | 8,04 | 6,29 | |
Ergebnis je Aktie8 | -4,95 | -5,78 | -2,81 | -2,37 | 13,45 | 14,34 | 11,58 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: B-S-H Collegen |
Tatsächlich bewegt sich das Unternehmen in einer Nische und hat – abgesehen von den durch Corona massiv gestiegenen Hygienevorschriften – nicht mit den Problemen zu kämpfen, die sonst üblicherweise zum momentanen Klinikalltag gehören. Äußerlich wirken die Anlagen in Teterow und Bad Brückenau ohnehin eher nach Luxusunterkunft, normale Kassenpatienten gibt es dort wohl nur im Ausnahmefall. Dabei dürfte Corona dazu beitragen, dass die Zahl von Patienten mit psychischen Erkrankungen eher noch zunimmt. Bewertungstechnisch macht die Limes Schlosskliniken-Aktie auch Basis der neuesten Zahlen einen Premium-Eindruck – ohne aber überzogen teuer zu sein. Unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten wird der Anteilschein derzeit mit dem knapp Neunfachen des für 2021 zu erwartenden EBITDA gehandelt. Der Klinik-Durchschnitt aus unserer Datenbank kommt hier auf einen Faktor von rund 7,5.
Unmittelbar vergleichbar ist Limes mit Unternehmen wie Rhön-Klinikum, Mediclin, M1 Kliniken, Maternus, Eifelhöhen Klinik oder auch Gesundheitswelt Chiemgau ohnehin nicht – geschweige denn mit dem über den Krankenbetreiber Helios ebenfalls in dem Sektor tätigen DAX-Konzern Fresenius Medical Care. Zudem befindet sich Limes erst in der Aufbauphase. Für das zweite Quartal 2022 ist die Inbetriebnahme des dritten Standorts Schloss Heiligenhoven in Lindlar in der Nähe von Gummersbach geplant. Entsprechend wird der Abschluss für 2022 wieder durch Anlaufverluste gprägt. Zur Einordnung: Der Aufbau des Standorts in Bad Brückenau hat den 2020er-Abschluss mit mehr als 1,4 Mio. Euro belastet. Und man muss auch kein Prophet sein um zu erkennen, dass es bei Limes Schlosskliniken perspektivisch zu weiteren Kapitalerhöhungen kommen dürfte. Mit aus diesem Grund hat die Gesellschaft schließlich das Listing an der Börse überhaupt forciert. I
nsgesamt aber eine Kapitalmarktstory mit viel Potenzial – insbesondere für langfristig ausgerichtete Investoren. Für eher tradingorientierte Anleger kommt der Titel dagegen nicht in Frage, schon allein wegen der geringen Handelsumsätze. Wer sich über den optisch hohen Kurs von 128 Euro wundert. Der Grund: Insgesamt gibt es zurzeit nur gut 293.000 Limes-Aktien, die für den Börsenwert von 37,5 Mio. Euro sorgen. Ein Aktiensplit steht zur HV am 11. Juni 2021 dennoch nicht auf der Agenda. Nun: Zu einem exklusiven Klinikbetreiber passt wohl auch ein optisch hoher Kurs besser.
Foto: Limes Schlosskliniken (Klinik Fürstenhof)