Zugegeben: Das Auftaktquartal 2013 lief für Koenig & Bauer nicht gerade rosig. Wieder mal agierte der Druckmaschinenhersteller in den roten Zahlen. Mit 18,5 Mio. Euro fiel der Verlust sogar höher aus als gedacht, daran ändert auch der Hinweis auf den traditionell schwachen Geschäftsverlauf im ersten Jahresviertel nichts. Kein Wunder, dass der Aktienkurs zwischenzeitlich seine bis Mai aufgetürmten Gewinne wieder abgab. Doch allmählich dreht die Stimmung für den SDAX-Konzern wieder. Mit ein Auslöser war die Beteiligung von 85-Prozent an der Kammann GmbH aus Bad Oeynhausen. Ähnlich wie die bereits im Februar 2013 akquirierte italienische Flexotecnica ist auch Kammann im Verpackungs- und Etikettendruck zuhause. Damit sucht Koenig & Bauer gezielt den Eintritt in noch verbliebene Wachstumsbereiche im Drucksektor. Schließlich gilt es die schrumpfenden Erlöse aus dem Publikationsdruck mit Rotationsanlagen zu kompensieren. Die Zeit drängt, wie auch die jüngste Entscheidung des Verlagshauses Axel Springer zeigt, künftig noch stärker auf digitale Produkte zu setzen und sich von traditionsreichen Zeitschriften wie HÖRZU zu trennen.
Die Analysten sehen die sehen die Nischenstrategie der Würzburger positiv und rechnen sogar noch mit weiteren Zukäufen. So hat Gordon Schönell vom Bankhaus Lampe sein Kursziel nach dem Kammann-Deal um fünf Prozent auf 21 Euro erhöht und empfiehlt den Titel weiter zum Kauf. Kammann erzielte 2012 Erlöse von gut 30 Mio. Euro und agierte dabei in den schwarzen Zahlen. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht in der leidgeprüften Branche. Konkurrenten wie Heidelberger Druck steckten fünf Jahre in den roten Zahlen und üben nun den Turnaround. Dagegen sieht die Lage bei Koenig & Bauer vergleichsweise moderat aus. Allerdings: Nach dem 2008er-Verlust von rund 100 Mio. Euro wies das Unternehmen in den Folgejahren nur extrem spärliche Gewinne aus oder schwamm auf der Nulllinie. Wenig erbaulich war auch, dass Vorstandschef Claus Bolza-Schünemann die Anteilseigner auf der jüngsten Hauptversammlung darauf einstellte, dass 2013 statt des geplanten moderaten Zuwachses beim Ergebnis vor Steuern wohl nur ein Gewinn auf Vorjahresniveau zu erwarten sei.
Verständlich, dass bei Koenig & Bauer jeder Bereich auf dem Prüfstand steht und an allen Kanten optimiert wird. Dazu gehört auch, dass bereits in den 60er-Jahren in Betrieb genommene Montagewerk Trennfeld bis Ende 2013 in das Würzburger Stammwerk integriert, und anschließend verkauft wird. Auch ein erheblicher Stellenabbau ließ sich nicht vermeiden. Die Botschaft des Vorstands ist klar: Alle Einheiten, die mittelfristig keine schwarzen Zahlen schreiben, stehen zur Disposition. Ein reiner Schrumpfkurs ist allerdings nicht zu befürchten, wie die jüngsten Akquisitionen zeigen. Großes Plus des SDAX-Konzerns ist die solide Bilanz. Die Gesellschaft verfügt über eine Nettoliquidität von etwa 175 Mio. Euro und weist eine Eigenkapitalquote von zuletzt rund 40 Prozent aus. Zwar war der Auftragseingang im ersten Quartal 2013 um gut 15 Prozent rückläufig. Dafür verfügt das Unternehmen aber über einen passablen Orderbestand von 657 Mio. Euro – wenngleich auch dieser um fast 18 Prozent unter dem vergleichbaren Vorjahresniveau liegt. Mit Spannung warten Anleger nun auf die Ergebnisse der für den 9. August angesetzten Halbjahres-Zahlen.
Selbst wenn sich der Aktienkurs in den vergangenen Tagen bereits deutlich von seinen Ende Juni erreichten Tiefständen erholt hat, ist der Titel ein Investment wert. Noch wird Koenig & Bauer mit einem viel zu hohen Abschlag auf den Buchwert gehandelt. Zudem beträgt die Kapitalisierung des SDAX-Werts nur etwa 20 Prozent der Umsatzerlöse. Und auch am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von knapp 13 lässt ich nicht viel aussetzen. Allerdings sind die Schätzungen für die Druckbranche extrem schwierig – zu unsicher sind die Rahmenbedingungen. Andererseits: Vor Ausbruch der großen Branchenkrise im Jahr 2008 notierte die Aktie von Koenig & Bauer mit 30 Euro noch rund doppelt so hoch wie derzeit. Fazit: das Traditionsunternehmen Koenig & Bauer befindet sich mitten imWandel. Das Branchenumfeld bleibt schwierig. Die Nischenstrategie der Würzburger ist aber die richtige Antwort auf die Herausforderungen. Der Titel eignet sich – trotz der soliden Bilanz – aber nur für Investoren mit einer gewissen Risikobereitschft. Der Anlagehorizont sollte mindestens zwölf Monate betragen.
Foto: Koenig & bauer AG