Auch für den Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert war 2022 ein ganz schlechtes Börsenjahr. Im Tief knickte die Notiz um etwas mehr als 55 Prozent ein. Von den zum IPO im Herbst 2020 verlangten 58 Euro als Emissionskurs ist die Aktie meilenweit entfernt. Dabei galt Knaus Tabbert als einer der großen Corona-Profiteure im Zuge sich ändernder Urlaubsaktivitäten der Menschen. Die Nachfrage nach Caravans und Reisemobilen ist grundsätzlich auch riesengroß, doch Knaus Tabbert bekommt jede Menge Gegenwind in Form von Materialknappheit, langen Lieferzeiten und starken Preissteigerungen. Entsprechend musste das Unternehmen auch seine Ergebnisziele nach unten korrigieren. Doch die Situation entspannt sich – insbesondere was die Verfügbarkeit von Fahrzeuggestellen angeht. Hier kann Knaus Tabbert nun auf immerhin fünf Chassis-Lieferanten zurückgreifen, eine erhebliche Verbesserung für den Produktionsablauf.
Natürlich kann sich auch der Börsenneuling nicht von den konjunkturellen Risiken abkoppeln. Im Normalfall müsste die Gesellschaft 2023 aber auf einen sehr deutlichen Ergebniszuwachs kommen. Im Aktienkurs spiegelt sich das erst ansatzweise wider, immerhin hat die Notiz in der zweiten Jahreshälfte 2022 aber kaum noch an Terrain eingebüßt und entwickelt ganz allmählich sogar Drang nach Norden. Die Analysten von Montega Research trauen der Aktie ein Kursziel von 57 Euro – also etwa dem Ausgabepreis zum Börsenstart – zu. Das wäre ein stattliches Potenzial von rund 75 Prozent. Die meisten anderen Analysehäuser sind ähnlich zuversichtlich, nur BNP Paribas Exane und Kepler Cheuvreux siedeln ihre Kursmarken deutlich tiefer an. Interessant ist der Titel auch aus charttechnischer Sicht, denn im dritten Anlauf hat hat der Spezialwert nun die 200-Tage-Durchschnittslinie von unten nach oben signifikant durchbrochen. Normalerweise ein gutes Signal.
Nun: Boersengefluester.de gefällt insbesondere die fundamentale Bewertung. Mit einem Börsenwert von 336 Mio. Euro wird das Unternehmen gerade einmal zu einem Drittel der für 2022 avisierten Erlöse von Untergrenze 1 Mrd. Euro bewertet – bei einem einstelligen KGV auf Basis unserer Ergebnisschätzungen für 2023. Mit Blick auf die Relation Enterprise Value/EBITDA (Börsenwert plus Netto-Finanzschulden im Verhältnis zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) wird Knaus Tabbert auf 2023er-Basis mit einem Multiple von knapp sechs gehandelt. Das ist moderat. Einen Blick wert ist aus dieser Perspoektive aber auch der ebenfalls börsennotierte US-Caravan-Konzern Thor Industries – zu dem seit 2019 auch der deutsche Anbieter Hymer gehört: Hier beläuft sich der EV/EBITDA-FakltorMultiple auf rund fünf. Bei dem französischen Wettbewerber Trigano ist der entsprechende Faktor sogar noch etwas niedriger. Per saldo könnte die Aktie von Knaus Tabbert damit zu den positiven Überraschungen für 2023 zählen. Und mit ein wenig Fortune sollte der Titel sogar unter Dividendenaspekten interessant werden.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 591,97 | 728,01 | 780,39 | 794,59 | 862,62 | 1.049,52 | 1.441,02 | |
EBITDA1,2 | 54,23 | 56,71 | 64,27 | 66,01 | 59,44 | 69,33 | 123,76 | |
EBITDA-Marge3 | 9,16 | 7,79 | 8,24 | 8,31 | 6,89 | 6,61 | 8,59 | |
EBIT1,4 | 42,74 | 43,22 | 45,87 | 46,56 | 38,39 | 45,47 | 95,41 | |
EBIT-Marge5 | 7,22 | 5,94 | 5,88 | 5,86 | 4,45 | 4,33 | 6,62 | |
Jahresüberschuss1 | 29,28 | 28,62 | 31,17 | 31,33 | 25,90 | 29,62 | 60,32 | |
Netto-Marge6 | 4,95 | 3,93 | 3,99 | 3,94 | 3,00 | 2,82 | 4,19 | |
Cashflow1,7 | 35,81 | 28,59 | 44,12 | 71,03 | 27,20 | 2,80 | 32,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,83 | 2,77 | 3,00 | 3,02 | 2,50 | 2,85 | 5,81 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,50 | 3,00 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 2,90 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Foto: Knaus Tabbert AG