Ulrich R. J. Kubak, Vorstandschef und Großaktionär von Klassik Radio, sprüht nur so vor Tatendrang und Zuversicht. Kein Wunder: Nach vielen Jahren mit abwärts gerichteten Notierungen, steht die Aktie von Klassik Radio an der Börse wieder hoch im Kurs. Auf immerhin knapp 39 Mio. Euro türmt sich die Marktkapitalisierung. Vor drei Jahren waren es nicht einmal 15 Mio. Euro, die der auf klassische Musik fokussierte Radiosender auf die Waagschale brachte. „Wir haben die Digitalisierung super beherzt angenommen. Sie ist perfekt für uns“, sagt Kubak. Empfang über UKW ist nur noch in einigen Ballungszentren möglich, der Schwerpunkt liegt auf Internet-Radio, Satellit, Kabel und DAB+. Das spart einerseits Kosten, und eröffnet andererseits ganz neue Möglichkeiten.
Lieblingsthema an der Börse ist zurzeit der Aufbau des Streamingdienstes Klassik Radio Select (KRS). Gut ein Jahr nach dem Markteinstieg, gibt es mittlerweile rund 120.000 aktive Installationen via App für iOS und Android, den Webplayer oder weitere Dienste wie die Soundsysteme von Sonos. Wie viele dieser Nutzer bislang auf ein werbefreies, dafür aber zahlungspflichtiges Abo für 5,99 Euro pro Monat, umgestellt haben, will Kubak zwar noch nicht im Detail verraten. Er spricht jedoch von einer „ordentlichen vierstelligen Kundenzahl“. Um KRS mit seinem durch Stars klassischer Musik kuratiertem Programm an den Break even zu führen, benötigt Klassik Radio dem Vernehmen nach eine „niedrige fünfstellige Zahl“ an Bezahlkunden. Die Ansprüche sind freilich ambitionierter. „Wir wollen einen deutlich sechsstelligen Abonnentenstamm“, sagt Kubak im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Kein Wunder, dass die Investoren am Kapitalmarkt hellhörig geworden sind. Immerhin würden allein 100.000 zahlende Klassik Radio Select-Kunden für einen Jahresumsatz von brutto fast 7,2 Mio. Euro stehen – verglichen mit für 2018 avisierten Konzernerlösen von mehr als 15 Mio. Euro.
Selbst Kubak spricht daher in einem Atemzug von einem „Game Changer“ und einer „kompletten Neubewertung“ des Unternehmens. Um die Zahl der Konvertierungen zu steigern, setzen die Augsburger an mehreren Stellen an: Von einer Intensivierung der Kundenansprache über eigene Mitarbeiter bis hin zu Anzeigen in anderen Medien. In der Regel handelt es sich dabei aber um Austauschgeschäfte ohne millionenschwere Marketingbudgets. Nun: Angesichts von derzeit mehr als sechs Millionen Klassik Radio-Hörern allein Deutschland scheinen die Planzahlen nicht übertrieben hoch – auch wenn es naturgemäß kein Spaziergang ist, die Kunden für die Bezahlschiene zu motivieren. Die Aufwendungen für Aufbau und Betriebs von Klassik Radio Select beziffert das Unternehmen allein für 2018 auf mehr als 0,8 Mio. Euro – komplett verarbeitet im aktuellen Zahlenwerk. Damit ist es freilich nicht getan. „Die Investitionsphase geht weiter. So ein Produkt wie der Streamingdienst muss ständig weiterentwickelt werden“, sagt Kubak. Allerdings betont der Manager: „Wir brauchen keine Kapitalerhöhung, auch nicht absehbar. Die Finanzierung erfolgt komplett aus Bordmitteln. Unser organisches Wachstum gibt das mehr als her.“
Interessant aus Kapitalmarktsicht ist zudem, dass der zur ARD-Guppe gehörende öffentlich rechtliche Vermarkter AS&S Radio sein Portfolio mit Wirkung zum Jahresanfang 2019 um Klassik Radio ergänz hat. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das für beide Seiten eine gewinnbringende Partnerschaft wird“, sagt AS&S Radio-Geschäftsführer Oliver Adrian. Nach Auffassung von boersengefluester.de sollte die Kooperation für einen siebenstelligen Einnahmenstrom gut sein. Die Analysten von SMC Research haben das Kursziel für den Small Cap in ihrer jüngsten Studie vom Dezember 2018 bei stattlichen 18,50 Euro angesetzt. Das wäre ein Potenzial von immerhin 130 Prozent. Und selbst wenn man das Kursziel in einem ersten Schritt weniger sportlich kalkuliert: Eine knackige Story bietet der Small Cap allemal. Zudem hat CEO Ulrich Kubak einen prima Eindruck im Gespräch mit boersengefluester.de hinterlassen. Schade eigentlich, dass Klassik Radio nicht auch auf den einschlägigen Investorenkonferenzen präsentiert.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 14,36 | 15,58 | 18,22 | 14,69 | 15,01 | 17,26 | 19,83 | |
EBITDA1,2 | 1,72 | 1,86 | 2,80 | 1,63 | 2,43 | 1,85 | 2,34 | |
EBITDA-Marge3 | 11,98 | 11,94 | 15,37 | 11,10 | 16,19 | 10,72 | 11,80 | |
EBIT1,4 | 1,52 | 1,52 | 2,24 | 1,00 | 1,75 | 0,89 | 1,38 | |
EBIT-Marge5 | 10,58 | 9,76 | 12,29 | 6,81 | 11,66 | 5,16 | 6,96 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | 1,60 | 1,56 | 0,09 | 1,36 | 0,54 | 0,64 | |
Netto-Marge6 | 8,84 | 10,27 | 8,56 | 0,61 | 9,06 | 3,13 | 3,23 | |
Cashflow1,7 | 1,60 | 1,19 | 4,32 | 1,49 | 0,11 | 0,57 | 1,64 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,26 | 0,33 | 0,32 | 0,02 | 0,28 | 0,11 | 0,13 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,21 | 0,21 | 0,21 | 0,21 | 0,15 | 0,15 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
Die Handelsumsätze in dem Titel haben sich in den vergangenen Quartalen positiv entwickelt. Kubak hält etwas mehr als zwei Drittel der Aktien, der Rest befindet sich dem Vernehmen nach im Streubesitz. Die Veröffentlichung der Jahreszahlen 2018 ist für Ende April angesetzt. Eine Dividende hat Klassik Radio zuletzt für 2013 ausgekehrt. Borsengefluester.de geht davon aus, dass es auch zur Hauptversammlung im laufenden Jahr eine Nullrunde geben wird. Angesichts der aktuellen Investitionen sowie der guten Kursentwicklung halten wir das jedoch für die richtige Entscheidung. Fazit: Aus dem ansonsten eher schwierigen Mediensektor ist Klassik Radio eine attraktive Wahl. Geeignet ist der Titel allerdings schon allein wegen des geringen Börsenwerts – Kubak spricht fast schon liebevoll von “unserem schönen kleinen Unternehmen” – nur für risikobereite Investoren, die zudem das Depotgewicht entsprechend moderat ansetzen. Limit sind ohnhin Pflicht.
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