Solche Börsenneulinge dürfen gern öfter kommen. Seit dem die Kion-Aktie am 28. Juni zu 24 Euro das Parkett betrat, hat sich das Papier des Gabelstaplerherstellers um 26 Prozent verteuert. Damit sticht die ehemalige Linde-Tochter sogar den Anteilschein von Jungheinrich aus, der im Vergleichszeitraum „nur” um 15 Prozent vorankam. Fairerweise muss man aber sagen, dass der Kurs von Jungheinrich – inklusive der Dividendenzahlung von 0,86 Euro – seit Jahresbeginn 2013 mittlerweile um fast 40 Prozent gestiegen ist und somit den SDAX (+17 Prozent) deutlich hinter sich gelassen hat. Gabelstapler kommen also an bei den Investoren. Nun hat Kion Halbjahreszahlen vorgelegt: Bei einem um 3,3 Prozent rückläufigem Umsatz von 2,23 Mrd. Euro fiel der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) um 8,9 Prozent auf 177,9 Mio. Euro. Neue Bestmarken gab es hingegen bei dem um Sondereffekte bereinigten operativen Ergebnis. Es zog um 4,2 Prozent auf 200,4 Mio. Euro an. Die bereinigte EBIT-Marge beträgt somit 9,0 Prozent.
Zum Vergleich: Jungheinrich aus Hamburg erzielte in den ersten sechs Monaten bei um 1,6 Prozent auf 1,08 Mrd. Euro gesunkenen Erlösen ein EBIT von 82,1 Mio. Euro. Das entspricht einem Minus von vier Prozent. Die operative Rendite ist mit 7,6 Prozent um 1,4 Prozentpunkte niedriger als bei Kion. Nach dem verhaltenen Jahresstart zeigten sich Hamburger dennoch zufrieden mit dem Ergebnis. „Die Nachfragesituation hat sich von April bis Juni 2013 fortlaufend verbessert“, betont Jungheinrich Vorstandschef Hans-Georg Frey im Zwischenbericht. Aber auch Kion-Lenker Gordon Riske hat keinen Grund zur Klage: „Dank unserer sehr guten Positionierung in Wachstumsmärkten ist es der Kion Group in der ersten Jahreshälfte gelungen, weiter profitabel zu wachsen.“
Für das Gesamtjahr hält sich Riske noch ein wenig bedeckt. Offiziell heißt es nur: „Sofern sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld im zweiten Halbjahr wie erwartet entwickelt und nicht spürbar eintrübt, strebt die Kion Group unverändert eine moderate Steigerung von Umsatzerlösen und bereinigtem EBIT (jeweils ohne Hydraulik-Geschäft) an.“ Zur Einordnung: 2012 zog das Unternehmen aus einem Umsatz von 4,7 Mrd. Euro ein operatives Ergebnis von 438 Mio. Euro. Gemessen daran ist Jungheinrich deutlich kleiner. Die Erlöse kamen im Vorjahr auf 2,2 Mrd. Euro. Das (angepasste) EBIT lag bei 177 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr stellt Jungheinrich-Chef Frey bei ähnlichen Umsätzen wie im Vorjahr (2,2 Mrd. Euro) ein EBIT in einer Spanne von 165 bis 175 Mio. Euro in Aussicht. Gemessen an der operativen Rendite hat Kion also die Nase vorn.
Dafür liegen die beiden Gabelstapler-Aktien mittlerweile bei der Bewertung relativ dicht zusammen. Um die Marktkapitalisierung von Jungheinrich zu berechnen, ist allerdings ein Kunstgriff nötig, denn von den insgesamt 34 Millionen Anteilscheinen, sind nur die 16 Millionen Vorzüge notiert. Unter der – freilich nicht ganz realistischen – Annahme, dass die Stämme den gleichen Kurs hätten wie die Vorzüge, kommt Jungheinrich auf einen Börsenwert von gut 1,35 Mrd. Euro. Tatsächlich dürfte die Kapitalisierung um zehn bis 20 Prozent höher anzusiedeln sein, denn üblicherweise werden die mit einem Stimmrecht ausgestatteten Stämme mit einem Aufschlag gehandelt. Bezogen auf die Praktikerformel wird die Jungheinrich-Aktie derzeit etwa mit Achtfachen der für 2013 erwarteten EBIT gehandelt. Bei Kion ist der Faktor vermutlich im Bereich um sieben anzusiedeln. Gemessen an übrigen Bewertungskennzahlen wie KGV oder Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) tun sich die beiden Papiere kaum etwas. So werden sowohl Kion als auch Jungheinrich mit einem KGV von rund zwölf und einem KBV von 1,8 gehandelt. Als Schmankerl steht bei Kion im September wohl noch der Einzug in die Indexwelt der Deutschen Börse an. Prinzipiell ist Kion trotz des geringen Streubesitzes von 17,7 Prozent ein MDAX-Kandidat. Gut möglich jedoch, dass die Wiesbadener noch eine Ehrenrunde im SDAX drehen müssen.
Fazit: Beide Aktien liegen bewertungsmäßig mittlerweile dicht beieinander. Die Analysten von Kepler Chevreux haben die Coverage von Kion mit einem Kursziel von 37 Euro aufgenommen. Die Deutsche Bank sah das Papier zuletzt bereits bei 33 Euro als fair bewertet an. Gemessen am aktuellen Kurs von 30 Euro sollte aber – unabhängig von den beiden Analystenmeinungen – noch genügend Luft für weitere Kursteigerungen vorhanden sein. Kurzfristig scheint bei Kion die größere Kursdynamik drin zu sein. Aber: Der SDAX-Titel Jungheinrich braucht sich mit seinen Kennzahlen nicht hinter Kion zu verstecken. Für boersengefluester.de sind beide Aktien kaufenswert.
Foto: KION AG