Keine Frage: Die Aktie von KHD Humboldt Wedag International ist nicht gerade der Hit. In den vergangenen 52 Wochen hat das Papier um mehr als ein Drittel an Wert verloren. Auf Sicht von zwei Jahren steht gar mehr als eine Halbierung für den Anbieter von schlüsselfertigen Zementanlagen zu Buche. In den Schlagzeilen der Börsenpresse taucht die früher einmal zum Einflussbereich des Motorenherstellers Deutz gehörende Gesellschaft sowie nur höchst selten auf. Wichtigster Grund: Beinahe 90 Prozent der KHD-Aktien gehören dem chinesischen Staatskonzern AVIC, mit dem die Kölner bereits seit langer Zeit eine strategische Zusammenarbeit verbindet. Wenn überhaupt, wird KHD in den einschlägigen Börsenberichten meist als „Cash-Aktie“ zitiert. Grund: Das schuldenfreie Unternehmen weist neben liquiden Mitteln von zuletzt 94 Mio. Euro auch Kredite von insgesamt 100 Mio. Euro – das sind 2 Euro pro Anteilschein – an den Großaktionär aus. Angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse im Aktionariat und der hohen Kapitalintensität des operativen Geschäfts will boersengefluester.de an dieser Stelle aber gar nicht die Cash-Karte zücken.
Interessant könnte der Titel vielmehr aus anderen Gründen werden: Zurzeit steckt KHD tief in den roten Zahlen. Vor Abzug von Zinsen und Steuern rechnet der Vorstand für 2015 mit einem Verlust zwischen 30 und 35 Mio. Euro. Vorsichtige Investoren stellen sich sogar auf ein noch höheres Minus ein, selbst wenn der Vorstand derzeit mit Kunden und Lieferanten über Nachbesserungen bei unrentablen Projekten verhandelt. Denkbar wäre in dieser wenig erbaulichen Situation, dass AVIC mit einem Börsenrückzug für KHD liebäugelt. Einen erkennbaren Vorteil bietet das Listing derzeit nämlich nicht.
Zur Einordnung: Im Oktober 2013 bot AVIC im Rahmen des freiwilligen Übernahmeangebots stattliche 6,45 Euro je KHD-Aktie – aktuelle Notiz: 2,50 Euro. Der Buchwert je Aktie liegt derweil bei knapp 3,60 Euro. Sollte AVIC unhöflich sein und sich für ein kaltes Delisting entscheiden, ginge das nach den neuen gesetzlichen Vorschriften aber nur über ein Abfindungsangebot in Höhe des Durchschnittskurses der vergangenen sechs Monate. Immerhin ist KHD im General Standard der Frankfurter Börse gelistet. Gegenwärtig würde das auf einen Preis von vermutlich knapp 2,60 Euro hinauslaufen. Nach unten wäre der Small Cap damit also gut abgesichert. Um es an der dieser Stelle klar zu sagen: Es gibt keine konkreten Anzeichen für ein Delisting oder ein Squeeze-out. Wir stellen hier nur ein mögliches Szenario vor.
Richtung Norden liefert dagegen die Spekulation auf einen Turnaround in den Jahren 2016/17 den nötigen Kick. Zwar bleiben die Rahmenbedingungen schwierig. Frische Impulse könnten aber etwa aus dem Iran kommen. Auch in Russland hat KHD zuletzt mit Aufträgen im Gesamtwert von mehr als 100 Mio. Euro punkten können. Gut fürs das Finanzergebnis ist derweil das mit sechs Prozent verzinste Darlehen an den chinesischen Großaktionär. Viel hängt auch davon ab, inwiefern es KHD gelingt, unplanmäßige Mehrkosten bei einzelnen Großprojekten an die Auftraggeber weiterzureichen. An eine dauerhafte Phase roter Zahlen mag Vorstand Johan Cnossen jedenfalls nicht glauben. „Trotz der unvorteilhaften Markt- und Margensituation ist die KHD davon überzeugt, mittelfristig eine erfolgreiche Trendwende zu erreichen“, heißt es im Zwischenbericht. Per saldo ist KHD einer dieser Small Caps, die nahezu niemand auf dem Schirm hat. Operativ sah es zuletzt alles andere als gut aus. Dafür befindet sich der Aktienkurs allerdings auch auf einem entsprechend niedrigem Niveau. Das Papier hat also Überraschungspotenzial. Wer sich für das Papier interessiert, sollte immer nur mit Limit agieren und den Depotanteil niedrig dosieren. Außerdem müssen Investoren die nötige Geduld mitbringen. Ein schneller Zock ist der fast vergessene Titel jedenfalls nicht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 100,10 | 151,77 | 146,29 | 151,23 | 226,26 | 210,37 | 224,68 | |
EBITDA1,2 | -24,23 | -31,20 | -19,92 | -9,29 | -2,44 | 2,19 | 4,99 | |
EBITDA-Marge3 | -24,21 | -20,56 | -13,62 | -6,14 | -1,08 | 1,04 | 2,22 | |
EBIT1,4 | -25,62 | -31,20 | -22,65 | -13,31 | -5,18 | -2,48 | 1,90 | |
EBIT-Marge5 | -25,59 | -20,56 | -15,48 | -8,80 | -2,29 | -1,18 | 0,85 | |
Jahresüberschuss1 | -19,37 | -25,30 | -18,83 | -7,96 | -1,12 | 0,29 | 4,28 | |
Netto-Marge6 | -19,35 | -16,67 | -12,87 | -5,26 | -0,50 | 0,14 | 1,91 | |
Cashflow1,7 | 5,28 | -13,45 | 10,82 | -11,70 | -12,60 | -22,05 | 16,66 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,39 | -0,51 | -0,38 | -0,16 | -0,02 | 0,01 | 0,09 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Ernst & Young |