Dividendenfans aufgepasst: Am 31. August 2022 findet die virtuelle Hauptversammlung (HV) der KAP AG statt. Auf der Tagesordnung steht die Ausschüttung einer Dividende von 1,00 Euro je Aktie. Bezogen auf den aktuellen Kurs von gut 18 Euro ergibt sich daraus eine auch für Beteiligungsgesellschaften überdurchschnittlich hohe Dividendenrendite von 5,5 Prozent. Zwar hat KAP den Dividendenvorschlag – kommuniziert wurde er erstmals mit dem Ende April veröffentlichten Geschäftsbericht 2021 – an die künftige Entwicklung im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg gekoppelt. Doch die Tatsache, dass auch die Mitte Juli im Bundesanzeiger publizierte HV-Einladung weiter mit einer Dividende von 1,00 Euro ausgestattet ist, lässt stark darauf schließen, dass es keine nachträgliche Überraschung im Sinne eines Änderungsvorschlags durch einen der Großaktionäre geben wird.
Wesentliche Anteilseigner sind der Finanzinvestor Carlyle mit einem Anteil von 45,5 Prozent sowie die FM Verwaltungs GmbH um den früheren Vorstandssprecher Fried Möller mit 25,7 Prozent. Die restlichen Stücke sind dem Streubesitz zuzurechnen. Eine nun schon seit längerer Zeit stabile Struktur. Dabei hat sich bei KAP in den vergangenen rund 2,5 Jahren seit der Neubestellung von Eckehard Forbereich zum CEO einiges verändert: Das Unternehmen aus Fulda hat sich von nicht mehr zum Kerngeschäft gehörenden Beteiligungen sowie einer größeren Gewerbe-Immobilienliegenschaft getrennt und darüber hinaus einiges an Optimierungen innerhalb des Portfolios umgesetzt. Die von der Größe und der strategischen Ausrichtung am ehesten mit Unternehmen wie Gesco und Blue Cap vergleichbare Gesellschaft fokussiert sich dabei auf vier Segmente.
Am größten ist der zuletzt erst durch die Akquisition von Haogenplast aus Israel nochmals gestärkte Bereich „Flexible Films“. Die wohl am besten zu merkenden Produkte sind hier Spezialfolien für Swimming Pools. Im Segment „Engineered Products“ geht es um technische Textilien – etwa für den Einsatz in Förderbändern oder Handläufen von Rolltreppen. Im dritten Bereich „Surface Technologies“ dreht es sich um Spezialbeschichtungen für den Korrosions- und Verschleißschutz. Mit Abstand kleinstes Segment sind zurzeit „Precision Components“ – also Präzisionskomponenten wie zum Beispiel Zahnräder für Elektromotoren und E-Bikes. Aus Kapitalmarktsicht wäre hier die erst im Mai 2021 an die Börse gegangene hGears AG aus Schramberg der geeignete Vergleichswert. Soll heißen: Mit der relativ breiten Aufstellung hängt KAP an diversen Abnehmerbranchen wie Bau und Automotive und profitiert darüber hinaus von Megatrends wie Cocooning (Häusliches Privatleben), Elektrifizierung oder auch Nachhaltigkeit. Das schafft eine gewisse Unabhängigkeit.
Für das laufende Jahr hat sich der Vorstand Erlöse von – inklusive Haogenplast – mindestens 400 Mio. Euro sowie eine Steigerung des für 2021 ausgewiesenen normalisierten EBITDA von 35 Mio. Euro als Ziel vorgenommen. Normalerweise ist boersengefluester.de kein großer Freund von adjustierten Kennzahlen, doch bei KAP sind die herausgerechneten Sonderposten nachvollziehbare Themen wie die Erträge aus dem Immobilienverkauf in Fulda sowie Bewertungseffekte aus der Umstrukturierung. Normalerweise müsste die Lücke 2022 deutlich kleiner werden als die 21,6 Mio. Euro zwischen berichtetem EBITDA (56,6 Mio. Euro) und normalisiertem EBITDA (35,0 Mio. Euro) aus dem Vorjahr. Allerdings ist im Geschäftsbericht 2021 unter anderem die Rede davon, dass sich ein Gebäudeteil noch im Verkaufsprozess befindet. Denkbar also, dass es hier nochmals zu nennenswerten Effekten kommen wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 407,52 | 389,83 | 372,80 | 322,66 | 345,62 | 433,47 | 316,70 | |
EBITDA1,2 | 47,30 | 37,90 | 36,17 | 34,14 | 56,58 | 43,51 | 59,56 | |
EBITDA-Marge3 | 11,61 | 9,72 | 9,70 | 10,58 | 16,37 | 10,04 | 18,81 | |
EBIT1,4 | 28,34 | 13,84 | -10,58 | 4,18 | 31,43 | 6,63 | 3,07 | |
EBIT-Marge5 | 6,95 | 3,55 | -2,84 | 1,30 | 9,09 | 1,53 | 0,97 | |
Jahresüberschuss1 | 30,98 | 14,75 | -14,12 | -2,68 | 39,86 | -1,69 | -0,11 | |
Netto-Marge6 | 7,60 | 3,78 | -3,79 | -0,83 | 11,53 | -0,39 | -0,04 | |
Cashflow1,7 | 25,39 | 20,68 | 35,51 | 55,21 | 8,31 | 16,89 | 18,52 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,68 | 2,05 | -1,82 | -0,35 | 5,14 | -0,22 | -0,02 | |
Dividende8 | 2,00 | 2,00 | 0,00 | 1,75 | 1,00 | 1,50 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Rein operativ ist die Entwicklung freilich sehr viel klarer am normalisierten EBITDA bzw. den Umsatzerlösen abzulesen. Und hier prallen – wie momentan bei nahezu allen Unternehmen – heftige Verschiebungen durch allgemeine Preissteigerungen, aus den Fugen geratenen Lieferketten sowie die konsumdämmenden Auswirkungen der Inflation aufeinander. In der Konsequenz sind in der laufenden Berichtssaison die Umsatzerlöse meist eher einen Tick besser als gedacht, während die Margen zum Teil deutlich unter Druck geraten. Bei KAP gibt es das nächste Update in Form des Halbjahresberichts am 30. August – also einen Tag vor der Hauptversammlung. Boersengefluester.de bleibt am Ball und wird die Entwicklung kommentieren. Zumindest aus heutiger Sicht sieht der Spezialwert mit einem Abschlag zum Buchwert von rund 20 Prozent, der Dividendenrendite von 5,5 Prozent sowie einem KGV im Bereich um 15 aber attraktiv bewertet aus.
Last but not least noch ein Blick in den Rückspiegel für die Historiker unter den Nebenwerte-Investoren: Das Börsenkürzel von KAP lautet “IUR” und steht für Irmen & Richter – eine ehemals im klassischen Textilbereich tätige Gesellschaft, die seit den 1980er-Jahren zur Daun-Gruppe gehörte. Später folgte eine komplette Umstrukturierung inklusive Umfirmierung in KAP Beteiligungs-AG, wodurch sich der Fokus auf diverse Aktivitäten (Möbel, Leder, Spinnereien, Immobilien) in Südafrika verlagerte. Später dann der Rückzug aus Afrika und die Ausrichtung auf technische Textilien. Zwischenzeitlich gehörte auch die dann allerdings in die Insolvenz geschlitterte börsennotierte Stöhr AG zum Konzernverbund.
Eine bewegte Geschichte also, die wir an dieser Stelle auch deswegen mit in die Geschichte einbauen, weil KAP und Stöhr vor mittlerweile 28 Jahren mit zu den Lieblingswerten unserer damaligen Chefs von BÖRSE ONLINE gehörten. Boersengefluester.de hat seine Berufskarriere also quasi mit KAP-Aktie begonnen.
Foto: David Baker auf Unsplash