Zeit, um ein wenig innezuhalten. Gemessen am Mitte Juli erreichten Höchstkurs bei gut 20 Euro hat die KAP-Aktie nun um fast ein Drittel an Wert eingebüßt und notiert derzeit bei 14 Euro. Von der Schmelze gehen brutto 1,50 Euro auf das Konto der Dividende nach der Hauptversammlung (HV) am 14. Juli 2023. Bleibt immer noch ein Verlust von knapp einem Viertel, was einem – um die Ausschüttungssumme bereinigten – Rückgang an Marktkapitalisierung von rund 38 Mio. Euro entspricht. Für ein Unternehmen wie KAP ist das ziemlich heftig, zumal der Aktienkurs damit zurück auf das Niveau vom Dezember 2020 gefallen ist. Nun: Nichts passiert an der Börse ohne Grund. So musste die Beteiligungsgesellschaft kürzlich ihre Prognose für das Gesamtjahr 2023 spürbar nach unten korrigieren und trennte sich darüber hinaus auch noch überraschend vom bisherigen Vorstandssprecher Eckehard Forberich.
Nicht unbedingt förderlich für das Anlegervertrauen war darüber hinaus das kurz vorher kommunizierte Downgrade des Börsenlistings vom Prime Standard in den etwas weniger regulierten General Standard – aber das nur am Rande. Der wesentliche Grund für das Kursdebakel der vergangenen Wochen ist sicher das deutlich verschlechterte wirtschaftliche Umfeld. Hatte sich KAP noch vergleichsweise robust gegen höhere Energiepreise und auch Materialknappheit gezeigt, sind die jetzt zu verzeichnenden Umsatzrückgänge doch zu signifikant, um das Ergebnis abzufedern. Besonders zu leiden haben die Segmente Flexible Films (u. a. Beschichtungen, Schwimmbadfolien) mit einem um Firmenverkäufe bereinigten Umsatzrückgang von 16,8 Prozent auf 51,0 Mio. Euro im ersten Halbjahr sowie der Bereich Engineered Products (u. a. Förderbänder, Schläuche, Industrieklebstoffe) mit einem Erlösminus von 14,8 Prozent auf 65,1 Mio. Euro. Hier wirkte sich unter anderem ein ausgelaufener Großauftrag negativ aus.
So gesehen kommt der KAP-Konzernverbund im ersten Halbjahr 2023 mit einem Umsatzrückgang von 5,8 Prozent auf 180,9 Mio. Euro sogar noch relativ glimpflich davon. Das im Wesentlichen um die positiven Effekte aus Entkonsolidierungen bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (normalisiertes EBITDA) fiel dabei um 31,2 Prozent auf 15,9 Mio. Euro zurück. „Wir spüren, wie viele andere breit aufgestellte Unternehmen auch, dass der erwartete Aufschwung nach der Sommerpause ausbleibt und das unser Geschäft in den kommenden Monaten belasten wird“, sagt Finanzvorstand Marten Julius. Demnach rechnet die Gesellschaft mit Hauptsitz in Fulda für das Gesamtjahr für Umsatz und normalisiertes EBITDA mit Rückgängen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.
Zum Vergleich: In der Ursprungsprognose aus dem Geschäftsbericht 2022 sollten Umsatz und normalisiertes EBITDA leicht über Vorjahr ankommen. Dabei liegt die adjustierte 2022er-Messlatte für den Umsatz bei 360,1 Mio. Euro und für das normalisiertes EBITDA bei 23,5 Mio. Euro. Mit anderen Worten: Das zweite Halbjahr wird umsatztechnisch klar schwächer als die ersten sechs Monaten, beim operativen Ergebnis dürfte bis zum Jahresende sogar kaum noch was dazukommen. Normalerweise würde KAP damit für 2023 auf einen deutlichen Fehlbetrag zusteuern, wenn es nicht den Gewinn aus den jüngsten Firmenverkäufen von 44,0 Mio. Euro geben würde. So gesehen besteht sogar die Chance, dass KAP auch zur HV im kommenden Jahr eine Dividende vorschlagen wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 407,52 | 389,83 | 372,80 | 322,66 | 345,62 | 433,47 | 316,70 | |
EBITDA1,2 | 47,30 | 37,90 | 36,17 | 34,14 | 56,58 | 43,51 | 59,56 | |
EBITDA-Marge3 | 11,61 | 9,72 | 9,70 | 10,58 | 16,37 | 10,04 | 18,81 | |
EBIT1,4 | 28,34 | 13,84 | -10,58 | 4,18 | 31,43 | 6,63 | 3,07 | |
EBIT-Marge5 | 6,95 | 3,55 | -2,84 | 1,30 | 9,09 | 1,53 | 0,97 | |
Jahresüberschuss1 | 30,98 | 14,75 | -14,12 | -2,68 | 39,86 | -1,69 | -0,11 | |
Netto-Marge6 | 7,60 | 3,78 | -3,79 | -0,83 | 11,53 | -0,39 | -0,04 | |
Cashflow1,7 | 25,39 | 20,68 | 35,51 | 55,21 | 8,31 | 16,89 | 18,52 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,68 | 2,05 | -1,82 | -0,35 | 5,14 | -0,22 | -0,02 | |
Dividende8 | 2,00 | 2,00 | 0,00 | 1,75 | 1,00 | 1,50 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Noch mehr Stochern im Nebel ist freilich, wie es mit dem Unternehmen strategisch weitergeht. Nutzt KAP die vorhandene Liquidität für Zuläufe oder hält das Management das Pulver erstmal trocken? Zumindest für die bestehenden Beteiligungen könnte es eher ungemütlich werden, denn CFO Marten Julius kündigt für das zweite Halbjahr Personal- und Kapazitätsanpassungen an: „Wir müssen in puncto Effizienz und Effektivität kontinuierlich zulegen, um trotz aller derzeitigen und kommenden Widrigkeiten weiter erfolgreich am Markt agieren und den Blick nach vorn richten zu können.“ Ob mit dem gedrosselten Ausblick bereits alle Fakten auf dem Tisch liegen ist schwer zu sagen.
Gut möglich, dass ein neuer Vorstand nochmals tabula rasa macht, um möglichst unbelastet im neuen Jahr punkten zu können. Zumindest im Aktienkurs sollten die schlechten Nachrichten nun aber weitgehend enthalten sein. Immerhin wird der Spezialwert mittlerweile nur noch zu etwas mehr als der Hälfte des Buchwerts gehandelt. Im langjährigen Durchschnitt ist das ungewöhnlich niedrig – auf 10-Jahres-Sicht kommt die KAP-Aktie eher auf eine Bewertung genau auf Höhe des Eigenkapitals. Boersengefluester.de lehnt sich daher aus dem Fenster und sagt: Wer den Titel jetzt im Depot belässt, sollte das auf Sicht von zwei bis drei Jahren auf keinen Fall bereuen. Rund 45,5 Prozent der KAP-Aktien hält die Private Equity-Gesellschaft Carlyle Group, 25,7 Prozent sind der FM Verwaltungs GmbH um den früheren Vorstandssprecher Fried Möller zuzurechnen.
Foto: Unsplash+
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