Zugegeben: Der Chart sieht bomastisch aus. Aber ist es wirklich noch eine kluge Idee, sich bei Kursen um 58 Euro eine Jungheinrich-Aktie ins Depot zu legen? Gemessen an den jüngsten Kurszielen der Analysten, die sich meist zwischen 60 und 65 Euro bewegen, sieht der Titel jedenfalls weitgehend ausgereizt aus. Zugegeben: Der Anfang Dezember 2014 erfolgte MDAX-Aufstieg (für Sky Deutschland) setzte für die Notiz des Herstellers von Gabelstaplern nochmals Kräfte frei und auch die jetzt vorgelegten vorläufigen Zahlen für 2014 sorgen – genau wie bei dem ebenfalls im MDAX gelisteten Wettbewerber Kion Group – für gute Laune. Bei Erlösen von knapp 2,5 Mrd. Euro kam Jungheinrich beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf die Rekordmarke von 193 Mio. Euro. Angekündigt hatten die Hamburger zuletzt ein Betriebsergebnis zwischen 180 und 185 Mio. Euro. Allerdings blähte ein Sondereffekt von 6,7 Mio. Euro das Betriebsergebnis zusätzlich auf. Die überraschend deutliche Dividendenerhöhung von 0,86 auf 1,04 Euro je Vorzugsaktie sieht zunächst überzeugend aus. Bezogen auf die aktuelle Notiz ergibt sich daraus aber lediglich eine Dividendenrendite von 1,8 Prozent. Zur Ausschüttung für 2014 hat sich Kion zwar noch nicht geäußert. Boersengefluester.de geht jedoch davon aus, dass auch die ehemalige Linde-Tochter in dieser Disziplin kaum besser abschneiden wird.
Überhaupt liegen beide Aktien bei nahezu allen wichtigen Bewertungskennzahlen mittlerweile eng zusammen und folgen sich auch kursmäßig auf Schritt und Tritt. Ein Normalfall sind Kurs-Buchwert-Verhältnisse (KBV) von aktuell knapp 2,4 für Jungheinrich allerdings nicht. In der Regel bewegte sich das KBV der vergangenen zehn Jahre eher bei 1,4. Ähnlich ist das Bild beim Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Auf Basis der Prognosen von boersengefluester.de für 2016 kommt der Titel auf ein KGV (englisch: PE) von gut 15. Der langjährige Mittelwert ist dagegen eher im Bereich um elf anzusiedeln. Die Veränderungen an der Zinsfront zeigen also massive Wirkung – Börsianer sprechen bei solch gravierenden Verschiebungen von einem „PE-Shift”. Momentan lassen sich die sportlichen Bewertungen der meisten Aktien mit der expansiven Notenbankpolitik gut rechtfertigen. Wie lange diese Argumentation stichhaltig ist, steht jedoch auf einem anderem Blatt. Zumindest für Jungheinrich hat sich die Welt bislang nicht komplett verändert. In den vergangenen zehn Jahren kam der Gabelstaplerhersteller auf eine durchschnittliche EBIT-Marge von rund sechs Prozent – mit Ausschlägen zwischen 5,7 und 7,8 Prozent (das Verlustjahr 2009 einmal ausgeklammert). Zurzeit arbeitet Jungheinrich mit einer Rendite von 7,5 Prozent, bewegt sich also gerade einmal im oberen Korridor. Summa summarum ist der Titel für uns nur noch eine Halten-Position. Der charttechnische Trend ist enorm stark, die fundamentale Bewertung aber bereits ambitioniert. Ein kluge Idee sind Neukäufe für uns daher nicht mehr.
Foto: Jungheinrich