Zu unseren Lieblingsnewslettern aus dem Finanzsektor zählt Momentum von der BankM. In eher unregelmäßigen Abständen gibt es hier ausführliche Interviews, Auswertungen zur Relativen Stärke von Einzelaktien und Hinweise zu Themen, die den Kapitalmarkt auf ganz besondere Weise berühren. Ganz aktuell hat die BankM ein Interview mit Ralph Konrad, dem Finanzvorstand des Finanzdienstleisters JDC Group, geführt, was wir hier in voller Länge präsentieren. Weitere spannende Themen und persönliche Einblicke von Ralph Konrad finden Sie in der neuen Ausgabe von Momentum, für die Sie sich HIER kostenlos anmelden können.
BankM: In den vergangenen Wochen jagte eine gute Nachricht die andere: Fünf-Jahresverträge mit der comdirect bank und der Volkswagen Bank, Einstieg von Great-West Lifeco als Ankeraktionär und erfolgreiche Emission einer neuen 25-Millionen-Euro-Anleihe. Ist 2019 das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte?
Ralph Konrad: Unsere Geschichte reicht bis ins Jahr 1958 zurück, da lässt sich das nicht so einfach sagen. Sicher ist aber, dass wir mit dem laufenden Jahr sehr zufrieden sind und wichtige Weichenstellungen für die Zukunft getroffen haben. Heute ist die JDC Group längst kein reiner Maklerpool mehr, sondern hat sich zu einer Technologie- und Serviceplattform mit eigenentwickelten Software-Lösungen und innovativen Tools weiterentwickelt.
BankM: Plattformlösungen liegen voll im Trend, viele Unternehmen versuchen auf diesen Zug aufzuspringen. Am Ende werden sich in jedem Bereich aber immer nur wenige Plattformen durchsetzen. Was unterscheidet JDC von anderen Anbietern?
Konrad: Als einziger Anbieter decken wir die gesamte Wertschöpfungskette ab: Wir bauen die technische Plattform, wir betreiben die Plattform, wir befüllen diese täglich mit den Versicherungsdaten der Kunden (z.B. aktuelle Beiträge, aktuelle Versicherungspolicen) und auf Wunsch übernehmen wir auch den Kundenservice mit unserem eigenen Service-Center. Beratern und Kunden bieten wir damit vom Frontend zum Backend eine umfassende Abwicklungsarchitektur aus einer Hand. Und all das können wir als White-Label-Angebot darstellen. Gerade für Kunden aus dem Banken- und Versicherungsbereich oder große Industrieunternehmen ist das sehr wichtig.
BankM: Das zeigt sich auch an Ihren Neuabschlüssen: Von RheinLand Versicherungen zu Banken wie comdirect und der Sparda Bank Süd West bis zu Konzernen wie Lufthansa, BMW und VW, für die Sie das Belegschaftsgeschäft abwickeln – immer mehr Großkunden setzen auf die JDC-Plattform.
Konrad: Wir freuen uns, dass unsere Plattform sich sehr schön entwickelt. Wir konnten die Anzahl der Nutzer deutlich erhöhen und sind in der Anzahl von verwalteten Verträgen sowie dem verwalteten Investment- und Versicherungsbestand erheblich gewachsen. Bereits heute erwirtschaften wir dabei ca. 20 Prozent unserer Umsätze mit Großkunden. Tendenz steigend. Der Vertrag mit Albatros Versicherungsdienste, dem Belegschaftsmakler der Lufthansa mit rund 150.000 Kunden, ist schon das gesamte Jahr 2019 umsatz- und ergebniswirksam. Die übrigen Verträge sind alle erst in den vergangenen Wochen und Monaten angelaufen und kommen ab 2020 voll zum Tragen. Diese Umsätze sind immer abgesichert durch langfristige Laufzeiten, in der Regel gelten unsere Verträge für mindestens fünf Jahre. Dass es Großkunden gibt, die ihr eigenes System komplett abgeschaltet haben, unterstreicht das langfristige Vertrauen in unsere Lösung.
BankM: Warum ist Outsourcing an eine Plattform wie JDC gerade für Banken so eine interessante Option?
Konrad: Die niedrigen Zinsen sind für viele Banken existenzbedrohend. Daher sucht die gesamte Branche nach weiteren Ertragsmöglichkeiten. Die meisten Banken befassen sich dabei intensiv mit dem Thema Versicherungen. Denn was liegt für eine Bank näher, als neben dem Girokonto und dem Depot zukünftig auch ein „Versicherungskonto“ anzubieten? Die Banken haben die Kundenbeziehungen und die Kunden die Versicherungsverträge. Gelingt es den Banken, diese Verträge an sich zu ziehen, können Sie damit relativ einfach Geld verdienen. Mit unserer White-Label-Lösung sind wir für die gesamte Bankenlandschaft ein attraktiver Partner.
BankM: Das Onboarding von Banken und anderen Großkunden verursacht bei JDC aber zunächst einmal Kosten. Müssen Investoren solange Sie fleißig neue Kunden anbinden also weiter auf attraktive Renditekennzahlen warten?
Konrad: Seit 2013 haben wir über 40 Millionen Euro in den Aufbau unserer Plattform investiert. Mit steigenden Großkundenumsätzen und zunehmender Vertragsdichte schlagen sich diese Investitionen in IT und Infrastruktur in steigenden Skaleneffekten nieder. Im zweiten und dritten Quartal war dies bereits sichtbar und wird sich in Zukunft noch verstärken. Zumal wir zunehmend bessere Margen durchsetzen können und die Anbindungskosten bei der zweiten und dritten Bank oder dem zweiten und dritten Belegschaftsmakler immer geringer werden. Unter dem Strich wird die Gruppe also profitabler, wenn wir auf die nächsten Jahre schauen. Viele Analysten prognostizieren uns 2020 schwarze Zahlen und in diesen Schätzungen finden wir uns durchaus wieder.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 84,48 | 95,03 | 111,47 | 122,83 | 146,81 | 156,08 | 171,71 | |
EBITDA1,2 | 3,19 | 1,46 | 4,17 | 5,13 | 8,31 | 8,97 | 11,73 | |
EBITDA-Marge3 | 3,78 | 1,54 | 3,74 | 4,18 | 5,66 | 5,75 | 6,83 | |
EBIT1,4 | 0,20 | -1,70 | -0,15 | 0,50 | 2,91 | 2,91 | 5,84 | |
EBIT-Marge5 | 0,24 | -1,79 | -0,14 | 0,41 | 1,98 | 1,86 | 3,40 | |
Jahresüberschuss1 | -0,17 | -4,34 | -1,81 | -1,16 | 0,90 | 0,94 | 3,83 | |
Netto-Marge6 | -0,20 | -4,57 | -1,62 | -0,94 | 0,61 | 0,60 | 2,23 | |
Cashflow1,7 | 3,21 | 1,57 | 3,85 | 8,87 | 14,86 | 7,67 | 18,03 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,14 | -0,35 | -0,14 | -0,09 | 0,07 | 0,07 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dr. Merschmeier + Partner |
BankM: Um die führende Versicherungsplattform in Europa zu werden, müssen Sie aber sicherlich auch künftig weiter kräftig investieren…
Konrad: Selbstverständlich wollen und werden wir die Plattform weiter entwickeln und weiter in IT investieren. So wird es für die Berater neue Features geben, die den Arbeitsalltag erleichtern und für die Endkunden implementieren wir zum Beispiel gerade eine intelligente Alt-Tarif-Bewertung, bei der mit wenigen Klicks ersichtlich ist, wie das Leistungsniveau seines bestehenden Versicherungsschutzes im Wettbewerbsvergleich abschneidet. Auch künstliche Intelligenz spielt im Finanz- und Versicherungsbereich eine zunehmende Rolle. Automatische Optimierungsvorschläge, passend für die jeweils aktuelle Lebenssituation eines Kunden, sind nur ein Beispiel. Mit Geld.de betreiben wir bereits eine sehr moderne Online-Plattform mit großem Potenzial. Das ist aber nichts, was wir nicht aus dem operativen Geschäft stemmen können. Der kostspielige Aufbau der White-Label-Plattform ist heute weitestgehend abgeschlossen. Damit sind wir den meisten Marktteilnehmern deutlich voraus. Insbesondere kleinere Unternehmen können mit den wachsenden IT-Bedürfnissen und regulatorischen Anforderungen nicht mehr Schritt halten und werden aus dem Markt ausscheiden – da sind sich alle Experten einig.
BankM: Welche Rolle wollen Sie in diesem Konsolidierungsprozess einnehmen?
Konrad: Endkunden erwarten inzwischen auch von der Finanzbranche digitale Dienstleistungen. Vor allem die Versicherungsbranche hinkt hier aber bislang deutlich hinterher. Die Brücke schlagen Unternehmen wie JDC, die analoge Versicherungsprozesse digitalisieren und sich dabei stets auf dem neuesten Stand der Regulierung befinden. Da wir hier sicher zu den leistungsstärksten Anbietern gehören, werden wir von diesem Trend profitieren. Schon in der Vergangenheit haben wir sehr erfolgreich kleinere Maklerpools übernommen, wie zuletzt etwa die Stuttgarter KOMM. Durch das Zusammenspiel aus hohen wiederkehrenden Erträgen, einfacher Integration und klaren Synergien, sind die Renditen aus solchen Zukäufen für uns sehr attraktiv. Wenn sich passende Gelegenheiten ergeben, wollen wir das deshalb gerne wiederholen. Grundsätzlich glauben wir an ein nachhaltiges Wachstum über viele Jahre, da immer mehr Finanzprofis Ihre Administration auf leistungsfähige Plattformen auslagern.
BankM: Welche Kriterien machen einen Bestandskauf für Sie attraktiv?
Konrad: Da gibt es eine Reihe von Kriterien: Zum Beispiel sind Sachversicherungsbestände attraktiver als viele andere Bestände und die übernommenen Verträge dürfen idealerweise nicht mehr mit Stornohaftung belegt sein. Damit sich der Prüfungsaufwand lohnt, sollten die Bestände zudem nicht zu klein sein. Auch kaufen wir lieber die Vertragsbestände direkt und nicht die Maklergesellschaft, dann sparen wir uns den Integrationsaufwand. Weniger relevant ist für uns das Umsatzportfolio, da wir uns als umfassende Plattform für alle Finanzprodukte verstehen und nicht nur auf eine Asset-Sparte (z.B. Fonds) setzen. Das mit Abstand größte Wachstum verzeichnen wir derzeit aber im Versicherungsbereich.
BankM: Haben Sie bereits bestimmte Kandidaten im Auge und wo kommt die neue Anleihe in Ihren Finanzierungsplänen ins Spiel?
Konrad: Die Mittel aus der Neuemission fließen in erster Linie in die Refinanzierung der ausstehenden Anleihe. Ein kleinerer Teil steht zur Finanzierung des weiteren Wachstums der JDC-Gruppe zur Verfügung. Hier sind sicherlich auch Zukäufe ein Thema. Wir beobachten den Markt sehr genau, aber konkrete Ziele gibt es derzeit noch nicht. Deshalb ist das Anleihevolumen auch absolut ausreichend, obwohl wir angesichts des immensen Zeichnungsinteresses mehr Mittel hätten aufnehmen können. Zumal wir mit Great-West – einem führenden kanadischen Investor in Finanzdienstleistungen und einer der 20 größten Versicherungskonzerne der Welt, größer als die Münchener Rück. – ausreichend Kapital im Rücken haben.
BankM: Sie sprechen den neuen Ankerinvestor an: Welche Rolle spielt Great West in Ihren Zukunftsplänen?
Konrad: Mit Great-West haben wir genau den richtigen Partner gefunden, der mit uns die Konsolidierung des heimischen Maklermarktes und unsere Digitalisierungsstrategie vorantreiben wird. Seit Ende Oktober ist Great-West mit einem Anteil von 28 Prozent größter Aktionär der JDC Group AG. Ausschlaggebend für die Beteiligung waren sicherlich unser Technikfokus und unsere führende Marktposition. Mit rund einem Jahrhundert Firmengeschichte und mehrheitlich in Familienbesitz, passt Great-West sehr gut zu uns. Operativ wird sich durch die Beteiligung nichts Wesentliches verändern.
BankM: Der Aktienkurs der JDC Group AG hat sich seit dem finalen Vollzug der Beteiligung durch die Aufsichtsbehörden Deutschlands, Österreichs, Irlands und Kanadas deutlich erholt, steht aber immer noch klar unterhalb dessen, was die Kanadier bezahlt haben …
Konrad: Das unterstreicht das Vertrauen von Great-West in unser Geschäftsmodell und unser Entwicklungspotenzial. Viele Investoren wollen aber erst einmal sehen, dass sich der Auf- und Ausbau der Plattform und die Vertragsabschlüsse mit Großkunden positiv in den Zahlen widerspiegeln. Die vergangenen beiden Quartale waren diesbezüglich ein guter Anfang. Wir wollen diese Entwicklung über einen längeren Zeitraum fortführen, dann wird sich dies sicherlich auch kurstechnisch bemerkbar machen.
Hinweis: Das Interview stamt von der BankM. Chart, Kennzahlentabelle und Info-Box für die JDC-Aktie sind von boersengefluester.de
Ralph Konrad ist seit September 2005 Vorstand der JDC Group AG und dort für den Finanzpart verantwortlich. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Beteiligungsgeschäft und hat sowohl Börsengänge und Unternehmensverkäufe als auch Sanierungen aktiv begleitet.