Bei 4 Euro hat der Kurs endlich gedreht. Da hatte die Notiz der JDC Group allerdings auch schon eine Talfahrt von rund 40 Prozent hinter sich – und zwar innerhalb weniger Wochen zwischen Februar und März 2020. Nun haben in dieser Zeit so ziemlich alle Aktien ihr Waterloo erlebt. Bitter ist der Crash aber trotzdem, denn der Finanzdienstleister mit Schwerpunkt auf dem Versicherungssektor hatte zuletzt so viele gute Neuigkeiten parat: Von diversen neuen Großkunden, über die erfolgreiche Anleihenplatzierung bis hin zum Einstieg des neuen Großaktionärs Great-West Lifeco, der 28 Prozent des im Freiverkehrssegment Scale gelisteten Unternehmens hält. Und so liest sich der jetzt vorgelegte Geschäftsbericht 2019 insgesamt ziemlich positiv, auch wenn die Eckdaten zu Umsatz und operativem Ergebnis bereits seit März bekannt sind. Einzig den Fehlbetrag von 1,81 Mio. Euro hätte boersengefluester.de in dieser Höhe so nicht erwartet. Schließlich schrammte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von minus 0,15 Mio. Euro schon fast am grünen Bereich.
Wesentlicher Grund für den unerwartet deutlichen Verlust ist das nochmals ungünstigere Finanzergebnis von minus 1,61 Mio. Euro. Und da auch die Abschreibungen mit zuletzt 4,31 Mio. Euro vergleichsweise hoch sind, muss die JDC Group schon ein ordentliches EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) vorlegen, um endlich auch unterm Strich nennenswert positive Resultate zu zeigen. Das für 2019 ausgewiesene EBITDA von 4,17 Mio. Euro reichte dafür jedenfalls noch nicht aus, zumal es ohnehin leicht unter den eigentlichen Planungen lag. Insgesamt stehen die Chancen jedoch gut, dass sich die erheblichen Investitionen in die JDC-Plattform, über die die Versicherungsbestände digital gemanagt werden, über die höhere Auslastung zunehmend auszahlen. „Hier werden wir auch in Zukunft weitere Effekte sehen“, sagt Finanzvorstand Ralph Konrad.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 84,48 | 95,03 | 111,47 | 122,83 | 146,81 | 156,08 | 171,71 | |
EBITDA1,2 | 3,19 | 1,46 | 4,17 | 5,13 | 8,31 | 8,97 | 11,73 | |
EBITDA-Marge3 | 3,78 | 1,54 | 3,74 | 4,18 | 5,66 | 5,75 | 6,83 | |
EBIT1,4 | 0,20 | -1,70 | -0,15 | 0,50 | 2,91 | 2,91 | 5,84 | |
EBIT-Marge5 | 0,24 | -1,79 | -0,14 | 0,41 | 1,98 | 1,86 | 3,40 | |
Jahresüberschuss1 | -0,17 | -4,34 | -1,81 | -1,16 | 0,90 | 0,94 | 3,83 | |
Netto-Marge6 | -0,20 | -4,57 | -1,62 | -0,94 | 0,61 | 0,60 | 2,23 | |
Cashflow1,7 | 3,21 | 1,57 | 3,85 | 8,87 | 14,86 | 7,67 | 18,03 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,14 | -0,35 | -0,14 | -0,09 | 0,07 | 0,07 | 0,28 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dr. Merschmeier + Partner |
Das zurzeit allgegenwärtige Dauerthema Corona strahlt zwar auch auf die Versicherungsbranche aus, insgesamt sehen sich die Wiesbadener aber eher auf der Gewinnerseite. „Viele Finanzvertriebe sind derzeit – insbesondere durch die Corona-Krise – finanziell geschwächt. Im Ergebnis sind die Ressourcen vieler Wettbewerber erschöpft und der Konsolidierungsdruck hat sich erhöht – wovon die großen Marktteilnehmer, unter anderem die JDC Group Konzernunternehmen, profitieren“, heißt es im Geschäftsbericht. Der Ausblick für 2020 sieht weiterhin Erlöse zwischen 125 und 132 Mio. Euro sowie eine deutliche Steigerung des EBITDA vor. Boersengefluester.de kalkuliert zurzeit mit einem 2020er-EBITDA von etwas mehr als 6 Mio. Euro, was wiederum für ein positives Netto-Ergebnis reichen sollte.
Summa summarum kommt die jüngste Kehrtwende im Aktienkurs bis auf 5,50 Euro also nicht von ungefähr: Operativ schreitet die JDC Group gut voran und kann endlich die Früchte der vielen Investitionen ernten. Die Ende November 2019 erfolgte Emission des Bonds über die Tochter Jung, DMS & Cie. Pool stellt sich aus heutiger Sicht als glücklicher Schachzug heraus, der im gegenwärtigen Kapitalmarktumfeld so wohl kaum möglich gewesen wäre. Und last but not least könnte die Corona-Krise nun tatsächlich der entscheidende Treiber für die seit vielen Jahren erwartete Konsolidierung der Branche werden. Nicht zu vergessen, dass JDC über einen starken Ankeraktionär verfügt. Zumindest die Marke von 7 Euro sollte die Aktie perspektivisch also wiedersehen. Auf diesem Niveau käme das Unternehmen auf einen Börsenwert von gerade einmal rund 92 Mio. Euro. Und ab 100 Mio. Euro rückt die Gesellschaft dann schon sehr viel näher in den Fokus institutioneller Investoren.
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