Das ist mal eine Ansage: Mit Erlösen von annähernd 90 Mio. Euro und einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von mehr als 10 Mio. Euro hat IVU Traffic Technologies die eigenen Prognosen für 2019 massiv übertroffen. Eine Überraschung offenbar nicht nur für den Kapitalmarkt, denn im Interview mit boersengefluester.de verrät Steffen Voith, Leiter Finanzen bei IVU Traffic, unter anderem, dass auch die Gesellschaft bis zuletzt nicht mit derart guten Zahlen gerechnet habe. Immerhin sah die eigene Prognose „nur“ ein EBIT von Untergrenze 7 Mio. Euro vor. Kein Wunder, dass der ohnehin schon wie auf Schienen laufende Aktienkurs des Telematikspezialisten nochmals einen Schub bekommen hat und mit 15,75 Euro auf einem 19-Jahres-Hoch notiert. Soll heißen: Lediglich in der New Economy-Ära stand der Kurs höher. Doch mit den damals verrückten Zeiten – 2000 kam IVU übrigens auf ein EBIT von gerade einmal 1,9 Mio. Euro – hat das Unternehmen kaum noch etwas gemeinsam und ist mit seinen Steuerungssystemen für Bahnen und Busse sehr viel fokussierter als früher. Mit einem Börsenwert von mittlerweile mehr als 275 Mio. Euro ist IVU Traffic Technologies zwar noch immer ein Spezialwert auf dem heimischen Kurszettel, aber eben längst in einer Größe, die den Titel auch für institutionelle Investoren attraktiv macht. Für boersengefluester.de bietet die Aktie der Berliner auf dem aktuellen Niveau noch weiteres Potenzial.
Herr Voith, IVU überrascht mit äußerst starken vorläufigen Zahlen für 2019. Vor allem das EBIT fällt mit voraussichtlich mehr als 10 Mio. Euro deutlich höher aus als erwartet. Was sind die Ursachen für diese Entwicklung?
Steffen Voith: Bedingt durch unseren saisonalen Geschäftsverlauf ist das vierte Quartal für uns immer das stärkste des Jahres. Dass es so gut ausfällt, hatten wir aber bis zuletzt nicht erwartet. Das hat vor allem damit zu tun, dass zum Jahresende mehr Lizenzen abgerufen wurden als von uns geplant. Hinzu kommt, dass sich einige Risiken nicht materialisiert haben, so dass wir entsprechende Rückstellungen auflösen konnten. Ganz grundsätzlich sehe ich in diesem Ergebnis vor allem eine Bestätigung für unseren Kurs, uns auf unser margenstarkes Kerngeschäft mit dem öffentlichen Verkehr zu konzentrieren.
Der saisonale Geschäftsverlauf der IVU ist bekannt. Womit hängt das zusammen?
Steffen Voith: Das hat vor allem mit der Branche zu tun, in der wir uns bewegen: Jedes Jahr Anfang Dezember findet der europaweit vereinheitlichte Fahrplanwechsel statt. Daran orientieren sich ein Großteil der Meilensteine und Projektabschlüsse. Hinzu kommt noch das buchhalterische Prinzip der Kameralistik, das nach wie vor viele unserer oft öffentlichen Kunden anwenden und das dazu führt, dass Rechnungen erst am Jahresende beglichen werden. Das können wir leider nur begrenzt steuern, auch wenn wir natürlich versuchen, möglichst viele Projekte bereits vorher abzuschließen und in Rechnung zu stellen.
IVU bietet seinen Kunden an, auch den Betrieb und das Hosting der IVU-Produkte zu übernehmen. Ihr Vorstand hat in der Vergangenheit betont, damit den Anteil der wiederkehrenden Umsätze steigern zu wollen. Wie entwickelt sich dieses Geschäft?
Steffen Voith: Nachdem unsere Kunden anfangs etwas zögerlich auf unser Angebot reagiert haben, hat das Geschäft mit der IVU.cloud in den vergangenen beiden Jahren deutlich zugelegt. Inzwischen macht das Hosting einen wesentlichen Teil unserer Wartungsumsätze aus und trägt mehr als fünf Prozent zum Gesamtumsatz bei. Geht man davon aus, dass ein Großteil der Kunden unsere Systeme noch immer selbst betreibt, gibt es hier noch viel Potenzial, das wir auf jeden Fall nutzen wollen.
Für 2020 gehen Sie davon aus, das aktuelle Ergebnis zu halten. Vor dem Hintergrund der 2019er-Resultate scheint uns diese Einschätzung konservativ zu sein. Oder liegen wir da falsch?
Steffen Voith: Unsere Prognose orientiert sich immer an dem, was wir aktuell abschätzen können. Man darf nicht vergessen: Wir sind immer noch überwiegend im Projektgeschäft tätig. Um den Fortschritt der einzelnen Projekte zu bewerten, nutzen wir die Percentage-of-Completion-Methode. Das kann dazu führen, dass wir positive Effekte haben, wenn ein Projekt schneller fertig wird als geplant. Gleichzeitig bestehen aber auch Risiken, wenn sich Projekte verzögern. Deshalb geben wir nur bekannt, was im Moment realistisch erscheint – aber natürlich freuen wir uns auch, wenn wir unsere Prognose zum Jahresende wieder übertreffen sollten.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 71,07 | 77,80 | 88,79 | 92,03 | 102,88 | 113,23 | 122,49 | |
EBITDA1,2 | 7,37 | 8,12 | 12,73 | 15,30 | 16,45 | 18,70 | 20,31 | |
EBITDA-Marge3 | 10,37 | 10,44 | 14,34 | 16,63 | 15,99 | 16,52 | 16,58 | |
EBIT1,4 | 6,13 | 6,70 | 10,48 | 12,78 | 13,92 | 14,85 | 15,77 | |
EBIT-Marge5 | 8,63 | 8,61 | 11,80 | 13,89 | 13,53 | 13,12 | 12,88 | |
Jahresüberschuss1 | 4,98 | 6,16 | 10,58 | 10,09 | 9,32 | 10,13 | 11,38 | |
Netto-Marge6 | 7,01 | 7,92 | 11,92 | 10,96 | 9,06 | 8,95 | 9,29 | |
Cashflow1,7 | 3,80 | 12,31 | 12,54 | 30,76 | 19,08 | 4,47 | 11,91 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,28 | 0,35 | 0,60 | 0,57 | 0,53 | 0,58 | 0,65 | |
Dividende8 | 0,10 | 0,12 | 0,16 | 0,20 | 0,22 | 0,24 | 0,26 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Steffen Voith, Jahrgang 1973, ist Head of Finance von IVU Traffic Technologies mit Sitz in Berlin.
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