Freitag scheint der neue IVG-Tag an der Börse zu werden. Nachdem der angeschlagene Immobilienkonzern seinen verbliebenen Gläubigern und Investoren am 12. Juli 2013 noch knallhart vorgerechnet hat, mit welchen Quoten sie im Falle einer Insolvenz zu rechnen haben, scheint nun Bewegung in den Rettungsplan gekommen zu sein – zumindest ein klitzekleines bisschen. So haben die Rechtsanwälte der drei wesentlichen Gläubigerklassen dem Unternehmen signalisiert, dass mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann“, dass der IVG bis Ende Juli ein gemeinsamer Vorschlag für die Sanierung der Finanzen vorgelegt wird – und zwar außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Es geht um viel Geld: Allein bei den drei derzeit am Verhandlungstisch sitzenden Gruppen steht IVG Immobilien mit rund 2,9 Mrd. Euro in der Kreide. Insgesamt lasten auf dem zuletzt aus dem SDAX geschmissenen Konzern Netto-Finanzverbindlichkeiten von rund 4 Mrd. Euro. Die Zeit drängt: Mehr als die Hälfte der Bankschulden ist bereits im kommenden Jahr fällig.
Vermutlicher Lösungsweg: Die Gläubiger müssen auf wesentliche Teile ihrer Forderungen verzichten, bekommen dafür im Gegenzug aber Aktien von IVG. Zudem veräußert die Gesellschaft etliche „kleine“ Immobilien. Das Großprojekt „The Squaire“ am Frankfurter Flughafen – mit ein Grund für die aktuelle Schieflage – steht offenbar nicht zur Debatte. Ende Mai hatte IVG mitgeteilt, dass die Verbindlichkeiten um bis zu 1,35 Mrd. Euro sowie um weitere 400 Mio. Euro für die Hybridanleihe reduziert werden müssen, um wieder nachhaltig kapitalmarktfähig zu werden. Bis zur Einigung verstreicht aber mehr Zeit verstreicht als ursprünglich gedacht. Daher wird die bereits einmal nach hinten verschobene Hauptversammlung nochmals vertagt. Als neues Datum steht der 12. September 2013 im Raum. Die Gläubigerversammlung für die 2006 emittierte Hybridanleihe (WKN: A0JQMH) soll am 27. August stattfinden. Ebenfalls verschoben wurde der ganz normale Halbjahresbericht 2013 – und zwar auf den 26. August 2013. Trotz der Verschiebearie betont IVG-Vorstandssprecher Wolfgang Schäfers: „Dieser Zeitplan ist vor dem Hintergrund der Komplexität und der Vielzahl der beteiligten Interessen weiterhin ambitioniert, aber wir gehen aufgrund der Erklärungen der wesentlichen Gläubigergruppen von gestiegenen Erfolgschancen für eine konsensuale Lösung aus.“
An der Börse kam die jüngste Wasserstandsmeldung von IVG erstaunlich gut an. In der Spitze schoss die Notiz am Wochenschluss um 66 Prozent auf 0,365 Euro in die Höhe. Das ist in der Tat bemerkenswert, denn letztlich hat IVG nur mitgeteilt, dass es vermutlich noch länger als gedacht dauern wird, um eine für alle Parteien akzeptable Lösung zu finden. Immerhin: Es wird weiter verhandelt, die drohende Insolvenz könnte vermutlich also abgewendet werden. Eine Verlustanzeige, wonach mehr als de Hälfte des Grundkapitals aufgezehrt sind, steht aber weiter im Raum. Unklar ist, woran sich die Anleger klammern, die momentan bei IVG einsteigen. Zurzeit gibt es 208 Millionen Aktie. 69,35 Prozent davon befinden sich im Streubesitz. Die Kapitalisierung auf Basis des Schlusskurses vom Freitag beträgt knapp 91 Mio. Euro. Allein der Vergleich von Schulden und Börsenwert macht deutlich, zu welch enormer Verwässerung es im Falle eines „Debt-Equity-Swaps“ – also eines Tauschs von Schulden in Eigenkapital – kommen wird. Die künftige Eigentümerstruktur von IVG wird kaum mit der von heute vergleichbar sein. Letztlich wandert das Unternehmen in den Besitz von Hedge Fonds und anderen Investorengruppen.
Anleger, die sich dennoch auf dieses Spiel mit dem Feuer einlassen, sollten sich nicht wundern, wenn sie am Ende mir leeren Händen da stehen. Seit Jahresbeginn hat die IVG-Aktie nun rund 85 Prozent an Wert eingebüßt. Das entspricht ziemlich genau der Dimension bei Praktiker. Parallelen zur Horror-Show der Baumarktkette gibt es also. Bei Praktiker haben die Banken allerdings zum Schluss den Saft abgedreht. Aber auch bei IVG werden die Regeln längst nicht mehr von dem Unternehmen aufgestellt. Hier haben die Anwälte der Gäubiger übernommen.
Foto: IVG Immobilien AG