Bestens gelaunt empfängt Enis Ersü, Gründer und Vorstandschef von Isra Vision, die Journalisten in der traditionsreichen Gerbermühle in Frankfurt zum Pressedinner. Vor wenigen Tagen hatte die Aktie bei knapp 53 Euro ihren bisherigen Höchststand erreicht – wenn man einmal von den Übertreibungen zum Börsenstart im Neuen Markt Ende April 2000 absieht. Kritische Fragen zur weiteren Kursentwicklung beantwortet er lächelnd mit den Worten: „Meine Aufgabe ist es, das Geschäft voran zu bringen. Für den Aktienkurs ist die Börse zuständig.“ Doch dann kann er sich die Bemerkung nicht verkneifen, dass das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) ja immer noch unter 20 liege und somit Potenzial bestünde. Aufgrund der weiterhin expansiven Geldpolitik fast überall auf der Welt, sieht er mittelfristig keine Gefahr für die Börsenkurse und besonders für die Isra-Aktie.
Verkaufen will er seinen rund 30prozentigen Anteil nur, wenn durch eine Übernahme der Unternehmenswert steigt. „Da muss bei eins plus eins mindestens vier rauskommen”, sagt Ersü. Ans Aufhören denkt der 61-jährige gebürtige Istanbuler auch nicht. „Vorher müssen wir einen jungen dynamischen Nachfolger finden, der mit mir das Geschäft zwei Jahre führt.“ Der ist momentan aber nicht in Sicht. So wird denn auch in Zukunft alles beim Alten bleiben. Das ist auch gut so. Denn die Anleger schätzen an Isra Vision die Konstanz. Die Konstanz des Wachstums mit langsam aber kontinuierlich steigender Profitabilität, die Konstanz, dass die Prognosen weitgehend eingehalten werden und die Konstanz im Management.
Eine Wachstumsrakete ist Isra allerdings nicht. In den vergangenen fünf Jahren ist der Umsatz von 58,2 Mio. Euro – auch durch Akquisitionen – um jährlich durchschnittlich neun Prozent auf knapp 90 Mio. Euro gestiegen. Das Netto-Ergebnis verbesserte sich von 1,52 Euro auf 2,64 Euro je Aktie. Der Kursanstieg resultiert also hauptsächlich aus einem Bewertungsaufschlag – von einem KGV von gut drei auf knapp 20. Doch in Zukunft soll der Gewinn noch stärker zulegen. „Kostendegressionseffekte“ sind das Zauberwort. So werden die Orders der Kunden immer größer. Im vergangenen Jahr hat ein deutscher Premiumautohersteller für mehr als 10 Mio. Euro Vermessungstechnologie geordert. Die Strategie geht auf: Isra versucht, mit seinen Systemen zur Automatisierung der Qualitätsinspektion und Produktion die multinationalen Konzerne zu gewinnen. Haben die sich einmal für eine Technologie entschieden, bleiben sie langfristig dabei und setzen diese in all ihren Werken weltweit ein.
Eine große Nachfrage spürt Ersü derzeit auch bei dem neuesten Produkt. Mithilfe eines dreidimensional sehenden Sensors kann ein Roboter beliebig gelagerte Werkstücke aus einer Transportbox greifen und an die vorgesehene Stelle transportieren, damit es dort montiert wird. „Im Drei-Schichtbetrieb amortisiert sich diese Investition innerhalb nur eines Monats“, konstatiert Ersü stolz. Auch die Solar-Industrie macht ihm wieder Freude: „Es wird Jahre geben, in denen wir in diesem Bereich 20 Mio. Euro Umsatz erzielen werden.“ Doch dieses Wachstum benötigt eine Menge Geld. Auch wenn der Cashflow aus der betrieblichen Tätigkeit zum Ende des Geschäftsjahrs 2012/13 (per Ende September) auf 15,5 Mio. Euro stieg, so lag er doch noch immer unter den 16,3 Mio. Euro vor fünf Jahren. Ersü ist aber überzeugt, dass sich der Cashflow weiter verbessern wird. Im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 2013/14 erreichte der Cashflow denn auch 1,9 Mio. nach 0,7 Mio. Euro im entsprechenden Vorjahresquartal. Der Umsatz legte erneut um neun Prozent auf 22 Mio. Euro zu, und das EBT (Ergebnis vor Steuern) kletterte überproportional um 13 Prozent auf 4 Mio. Euro.
Trotz des weiterhin erfreulichen Geschäftsverlaufs ist inzwischen Vorsicht geboten. Die Anleger werden zunehmend nervös. So haben die Kurskorrekturen der vergangenen Tage bei der Isra-Aktie Spuren hinterlassen – wenn auch bei Weitem nicht so tiefe wie bei den Highflyern aus dem TecDAX. Die Analysen sehen das Kurspotenzial weitgehend ausgereizt: Von 39 bis 53 Euro reicht die Spanne ihrer Kursziele. Für boersengefluester.de ist die Isra-Aktie eine klare Halteposition.