Nach dem Börsengang im Jahr 2011 ging es mit dem Aktienkurs der Exceet Group (WKN: A0YF5P) beinahe nur bergab. Damit ist es nun vorbei: Die Notiz hat einen Boden ausgebildet und tastet sich vorsichtig in höhere Kursregionen vor. Bei den meisten Investoren dürfte der Small Cap trotz eines Börsenwerts von knapp 95 Mio. Euro jedoch noch ziemlich unbekannt sein. Dabei ist die Gesellschaft als Zulieferer für zukunftsträchtige Branchen wie zum Beispiel der Medizintechnik tätig. Der Start ins laufende Jahr verlief für Exceet gemischt. So fielen die Umsatzerlöse um gut sechs Prozent auf 43 Mio. Euro, das operative Ergebnis machte gar einen Rücksetzer um 42 Prozent auf 2,9 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr zeigte sich das Mangement trotz des anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds jedoch zuversichtlich. Die Analysten von Hauck & Aufhäuser haben ihre Kaufempfehlung mit Kursziel 7,10 Euro dennoch bestätigt. Boersengefluester.de sprach mit Vorstandschef Ulrich Reutner über das anfängliche Kursdebakel, die richtige Einordnung der Exccet-Aktie und die künftige Wachstumsstrategie. Unser Fazit: Für risikobereite Anleger bietet das Papier auf dem jetzigen Niveau eine passable Einstiegschance.
Exceet ist eine Holding aus Luxemburg, die ihr operatives Geschäft vornehmlich in der Schweiz, Deutschland und Österreich betreibt und eine Börsennotiz im Frankfurter Prime Standard hat. Muss das so kompliziert sein, wenn man sein Listing der Übernahme durch eine Special Purpose Acquisition Company – kurz SPAC – verdankt?
Ulrich Reutner: Nein, so kompliziert muss es normalerweise nicht sein. Die Exceet schlüpfte Mitte 2011 in die Börsenhülle der Helikos, so der Name der Investmentgesellschaft, die ihren Sitz bereits in Luxemburg hatte, so dass dieser Firmensitz übernommen wurde. Die Verlegung nach Deutschland wurde erwogen aber aufgrund einiger Vorteile, die das Luxemburger Gesellschaftsrecht bietet, haben wir entschieden, die jetzige Konstruktion beibehalten. Wichtig ist für uns, dass wir alle Anforderungen eines Listings im Prime Standard der Deutschen Börse erfüllen.
Zum Börsenstart bei knapp 10 Euro wurde exceet als „Hidden Champion mit hervorragender Wachstumsstory“ gepriesen. Ein Jahr später stand die Aktie bei nur noch 6 Euro. Weitere sechs Monate später kostete das Papier gar 3,50 Euro. Was war schief gelaufen?
Reutner: Angesichts der komplexen Technologien, in denen wir geschäftlich aktiv sind, haben wir bei den Gesprächen mit Investoren immer unsere guten Zahlen in den Vordergrund gestellt. Unser Geschäftsmodell und die wachstumsstarken Endmärkte, die wir bedienen, kamen in unserer Equity Story oft ein wenig zu kurz. 2011 war für uns ein herausragendes Geschäftsjahr. Die Produktionsanlagen waren komplett ausgelastet. Aus heutiger Sicht hätte man vielleicht einige konjunkturelle Warnsignale erkennen können. Das gebe ich zu. Zu der Zeit waren wir jedoch der Auffassung, dass der Boom weitergehen würde. Als dann die Zahlen 2012 schlechter wurden, geriet unser Aktienkurs unerwartet deutlich unter Druck, obwohl wir profitabel waren, keine außerordentlichen Abschreibungen vorzunehmen hatten und kostenmäßig sofort gegensteuern konnten. Operativ haben wir die Talsohle im Sommer 2012 durchschritten und sind nun optimistisch für die weitere Entwicklung.
In Finanzkreisen wird die exceet-Aktie häufig mit dem TecDAX-Unternehmen Kontron oder der niederländischen Gemalto verglichen. Wo sehen Sie sich positioniert?
Reutner: Die einschlägigen Peer-Group-Einordnungen greifen alle zu kurz. Zwar gibt es in einzelnen Bereichen Überschneidungen. Unterm Strich ist unser Tätigkeitsfeld jedoch deutlich weiter gefasst. Unsere wichtigsten Kunden stammen aus dem Gesundheits- bzw. Medizintechnikbereich, der etwa die Hälfte unseres Umsatzes ausmacht. Unsere Produkte finden Sie beispielsweise in Hörgeräten, Herzschrittmachern und High Tech Implantaten, die elektronische Funktionen ausführen aber auch in diagnostischen Geräten wie Ultraschallgeräten und Computertomographen. Weitere knapp 25 Prozent unserer Erlöse ordnen wir dem industriellen Sektor zu. Minicomputer, Sensoren und Steuerungen zählen zu unseren Produkten. Insbesondere der Datentransfer zwischen Endgeräten – in der Fachsprache Machine-to-Machine Communication genannt – ist hier ein Wachstumstreiber. Das letzte Viertel der Umsätze ist dem Sicherheitsbereich zuzuschreiben. Dazu gehören traditionelle ID-Cards für die Zugangskontrolle oder Bonuskarten etwa für den Einzelhandel. Der Sicherheitsbereich wird sich in den kommenden Jahren nach unserer Einschätzung massiv verändern. Mobile Bezahllösungen, sichere Datenübertragungen und Speicherung von Daten sind hier die Trendthemen.
Zur exceet-Gruppe zählen 14 Unternehmen. Ende 2012, als die Zahlen schlechter wurden und einzelne Bereiche restrukturiert werden mussten, haben Sie eine Art Kaufstopp ausgerufen. Wie sieht es künftig mit Aquisitionen aus?
Reutner: Eine für 2012 ursprünglich geplante Akquisition hatten wir nicht mehr umgesetzt. Wenn sich aber passende Gelegenheiten bieten, werden wir auch wieder Zukäufe tätigen. Über die erforderlichen finanziellen Möglichkeiten verfügen wir. Bereits in 2012 haben wir mögliche Targets identifiziert, insbesondere im Bereich Medizintechnik. Insofern werden wir die zum Börsengang erklärte Buy and Build Strategie fortsetzen. Kapitalerhöhungen sind aber auf absehbare Zeit kein Thema für uns.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 143,38 | 41,54 | 43,66 | 45,45 | 0,62 | 3,85 | 15,30 | |
EBITDA1,2 | 9,49 | 4,91 | 6,80 | 7,80 | 2,12 | -9,20 | -18,00 | |
EBITDA-Marge3 | 6,62 | 11,82 | 15,57 | 17,16 | 341,94 | -238,96 | -117,65 | |
EBIT1,4 | -10,50 | 2,11 | 3,71 | 4,35 | -1,14 | -10,50 | -22,15 | |
EBIT-Marge5 | -7,32 | 5,08 | 8,50 | 9,57 | -183,87 | -272,73 | -144,77 | |
Jahresüberschuss1 | -11,02 | 52,40 | 2,52 | 3,11 | 87,05 | -12,95 | -24,64 | |
Netto-Marge6 | -7,69 | 126,14 | 5,77 | 6,84 | 14.040,32 | -336,36 | -161,05 | |
Cashflow1,7 | 8,29 | 2,28 | 5,44 | 7,45 | 4,08 | -15,28 | -14,81 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,55 | 2,61 | 0,13 | 0,16 | 4,34 | -0,65 | -0,69 | |
Dividende8 | 0,00 | 3,00 | 1,75 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Ihr Ausblick für 2013 klingt bislang noch recht allgemein. Sie sagen eine positive Gewinnentwicklung bei einem moderaten organischen Wachstum voraus. Geht es nicht präziser?
Reutner: Mit einer konkreten Prognose werden wir mindestens bis zur Vorlage der Zahlen für das erste Quartal warten, möglicherweise auch darüber hinaus. Die Entwicklung der vergangenen Monate ist aus heutiger Sicht aber ermutigend. Wir sind zuversichtlich, den Umsatz von zuletzt knapp 189 Mio. Euro auf über 200 Mio. Euro zu steigern. Ziel ist weiterhin die Erreichung einer zweistelligen EBITDA-Marge. Im Vorjahr sackte dieser Wert von 14,3 auf 8,9 Prozent. Mit Sicht auf zwei bis drei Jahre sehen wir eine EBITDA-Marge von 18 Prozent als erreichbar.
Und beim EBIT – also dem Gewinn vor Zinsen und Steuern?
Reutner: Nachdem wir hier 2012 einen Rückgang auf vier Prozent hinnehmen mussten, sollte die EBIT-Marge für 2013 sich eher wieder in die andere Richtung entwickeln. Im sehr guten Geschäftsjahr 2011 konnten wir mit einem Wert von 9,6 Prozent fast eine zweistellige EBIT-Marge realisieren.
28,5 Prozent der Exccet-Aktien befinden sich im Streubesitz. Knapp 34 Prozent sind Greenock S.a.r.l. (ehemals Ventizz) zuzurechnen. 28,4 Prozent hält die französische Investmentgruppe Wendel. Gibt es Anzeichen für Veränderungen?
Reutner: Auf dem jetzigen Kursniveau sind von Seiten unserer Großaktionäre keine Veränderungen zu erwarten. Bewegung dürfte sich hier erst einstellen, wenn der Kurs deutlich im zweistelligen Bereich liegt. Wir beobachten aber eine gewisse Belebung im Handelsvolumen, was unserer Aktie gut tut, zumal sich der starke Kursrückgang in 2012 bei nur geringen Umsätzen ereignete. Zu unserer Aktienstruktur sollten wir anmerken, dass sich gegenwärtig rund 20,5 Mio. sogenannte Class-A-Shares im Umlauf befinden und die aktuelle Marktkapitalisierung ausmachen. Zum Börsengang wurden Klauseln vereinbart, wonach mit Erreichen bestimmter Kursschwellen ab 12 Euro noch Class-B- und Class-C-Shares in A-Aktien gewandelt werden dürfen. Insgesamt könnten bis 2016 noch bis zu 3,2 Millionen B-Aktien und maximal 9 Millionen C-Aktien in A-Shares umgetauscht werden. Die C-Aktien wurden zum Börsenstart als Earn-Out für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung vereinbart. Mit den B- und C-Shares sind Stimmrechte verbunden. Wirtschaftlich aber sind sie eher als Optionen zu sehen, die derzeit sehr weit von einer Ausübungsmöglichkeit entfernt liegen.
Der Kurs der Exceet-Aktie hat sich von den Tiefstständen erholt und bewegt sich seit Anfang des Jahres wieder Richtung Norden. Was war Ihrer Meinung nach der Auslöser für den Richtungswechsel?
Reutner: Wir sehen, dass sich unsere Geschäfte wieder deutlich positiver entwickeln. Gleichzeitig intensivieren wir unsere Kommunikation mit dem Finanzmarkt. Wir möchten deutlich machen, in welch wachstumsstarken Märkten wir unterwegs sind. Im Prinzip sind wir ein Hightech-Medtech-Unternehmen, denn der Umsatzanteil, den wir im Bereich Medizintechnik generieren, wird weiter kräftig zulegen. Das ist bei vielen Investoren bisher noch nicht angekommen.
Ulrich Reutner ist seit 2009 Vorstandsvorsitzender der Exceet Group SE. Nach dem Maschinenbau-Studium an der Universität Mannheim folgten diversen Anstellungen bei der Freudenberg & Co. KG in Weinheim, bei Europa CS Interglas in Erbach und der Multitape GmbH in Salzkotten. Von 2002 bis 2003 war er Geschäftsführer der AEG Identifikationssysteme GmbH in Ulm. Ab 2004 verantwortete Reutner zunächst Vertrieb und Marketing der Wallufer ACG Group. Im Juli 2004 wurde er zum Chief Executive Officer des ACG Group ernannt. Nach dem Zusammenschluss von ACG Gruppe und ITG-Gruppe übernahm er die Position des Vice Presidents, verantwortlich für Vertrieb & Marketing bei ITG Group, die später unter HID firmierte. Im Juni 2008 gründete er gemeinsam mit Robert Wolny die VisionCard GmbH im österreichischen Kematen. Nach der Übernahme der VisionCard GmbH durch die Paderborner CardFactory AG (heute: Exceet Card Group AG) übernahm er im November 2008 den Vorsitz des Vorstandsvorsitz.