Einmal losgelöst von den allgegenwärtigen Problemen um Materialknappheit sowie steil nach oben schießenden Preisen für Rohstoffe und Energie: Das Update von IBU-tec advanced materials zu den vorläufigen Halbjahreszahlen 2022 liefert ein zweigeteiltes Bild. Während der zukunftsträchtige Bereich Glasbeschichtung schon jetzt die Erwartungen voll erfüllt, hinkt der eigentliche Hoffnungsträger Batteriematerialien zurzeit noch ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Das wiederum liegt nicht an der Qualität des von IBU-tec gelieferten LFP (Lithium-Eisen-Phosphat)-Batteriematerials, sondern schlichtweg daran, dass die Strukturen der Abnehmerbranchen um Batterie- und Zellhersteller noch immer nicht voll entwickelt sind. Ein Prozess, der sich wohl weiter hinziehen wird, immerhin stellt sich gerade eine ganze Industrie neu auf, um für den erwarteten Boom in der Elektromobilität sowie der stationären Energiespeicherung gerüstet zu sein.
„Wir stehen am Anfang der Kette“, sagt CEO Ulrich Weitz auf dem Investoren-Call zur Vorlage der Vorabzahlen für den Zeitraum Januar bis Ende Juni 2022. Entsprechend bekommt es IBU-tec zu spüren, wenn die Abnehmer zu einem nicht unerheblichen Teil noch mit sich selbst beschäftigt sind. Dabei muss das Unternehmen aus Weimar den nicht ganz leichten Spagat hinbekommen, für eine sich erst allmählich entwickelnde Nachfrage so viel Kapazitäten in Aussicht, damit auch die Großabnehmer aus dem Automobilumfeld an IBU-tec künftig nicht vorbeikommen. Gemessen daran sieht der Anstieg der Konzernerlöse um 47,5 Prozent auf 29,5 Mio. Euro zwar ganz ordentlich aus, doch Ulrich Weitz macht keinen Hehl daraus, dass er sich aus dem LFP-Geschäft mehr Umsatz versprochen hatte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 16,81 | 46,57 | 48,45 | 32,96 | 44,09 | 53,94 | 48,23 | |
EBITDA1,2 | 2,66 | 6,91 | 7,12 | 6,98 | 5,53 | 6,69 | 2,96 | |
EBITDA-Marge3 | 15,82 | 14,84 | 14,70 | 21,18 | 12,54 | 12,40 | 6,14 | |
EBIT1,4 | 0,30 | 2,55 | 1,95 | 2,08 | 0,94 | 1,94 | -1,79 | |
EBIT-Marge5 | 1,78 | 5,48 | 4,03 | 6,31 | 2,13 | 3,60 | -3,71 | |
Jahresüberschuss1 | 0,17 | 2,33 | 0,87 | 1,00 | -0,24 | 1,29 | -2,49 | |
Netto-Marge6 | 1,01 | 5,00 | 1,80 | 3,03 | -0,54 | 2,39 | -5,16 | |
Cashflow1,7 | 0,78 | 3,31 | 4,23 | 4,47 | -1,13 | -3,27 | 2,41 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,04 | 0,35 | 0,22 | 0,25 | -0,05 | 0,27 | -0,52 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,20 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Die Prognose für das Gesamtjahr mit Umsätzen zwischen 55 und 57 Mio. Euro bestätigt Weitz jedoch ausdrücklich: „Wir sind zuversichtlich für das zweite Halbjahr.“ Umso wichtiger für die weitere Entwicklung von IBU-tec ist es, dass sich die Gesellschaft aus Weimar über langfristige Vereinbarungen – wie zuletzt mit dem Bergbau-Unternehmen Norge Mining – die Lieferung von wichtigen Rohstoffen zur Produktion von Batteriematerialien gesichert hat. Derweil macht das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im ersten Halbjahr 2022 einen Satz von 1,62 auf 3,70 Mio. Euro. Erwähnenswert hierbei ist, dass die 2022er-Zahl frei von Sondereinflüssen ist und rein aus dem operativen Geschäft stammt.
Das ist für IBU-tec-Aktionäre insofern eine gute Botschaft, weil die Vergleichbarkeit von Zahlen zuletzt durch Versicherungsleistungen sowie die Kosten der Kapitalerhöhung erschwert war. Die Messlatte für das 2022er-EBITDA bleibt derweil um mindestens 45 Prozent über dem bereinigten Vorjahreswert von 4,73 Mio. Euro – also bei Unterkante 6,85 Mio. Euro. Davon hat das im Frankfurter Scale-Segment gelistete Unternehmen nach dem ersten Halbjahr knapp 55 Prozent eingefahren und befindet sich somit auf Kurs. Große Unbekannte bleibt eine mögliche Zuspitzung der Energiekrise. Zwar laufen bereits rund ein Drittel der thermischen Anlagen bei IBU-tec unabhängig von Gas. Dennoch: „Es wird einen Effekt geben, sollte Gas im Winterhalbjahr knapp wird“, räumt CFO Jörg Leinenbach auf dem Investoren-Call ein. „Plan ist es jedoch, die Konsequenzen zu minimieren.“
An der Börse wird genau dieses Gas-Engpass-Szenario momentan jedoch sehr hoch gewichtet. Anders ist es kaum zu erklären, dass die IBU-tec-Aktie mittlerweile um rund 60 Prozent vom Rekordhoch bei 60,40 Euro von Ende Juni 2021 verloren hat. Unterm Strich hält boersengefluester.de die Aktie auf diesem Niveau für eine attraktive Gelegenheit und bestätigt die positive Einschätzung unserer jüngsten Aktienvorstellung nach dem Werksbesuch in Bitterfeld Ende Juni (HIER). Geeignet ist der Titel gleichwohl nur für risikobereite Anleger.