Zur Aktie der Hornbach Holding muss man seit Mitte März 2020 gar nicht viel sagen außer vielleicht: Yippiejaja-yippie-yippie-yeah. Immerhin hat der Anteilschein des in erster Linie durch seine Baumarktkette bekannten Unternehmens seit dem Corona-Tief um mittlerweile mehr als 150 Prozent an Wert gewonnen. Unsere positive Einschätzung zu dem Titel (HIER) war also goldrichtig. Dabei laufen die Geschäfte zurzeit so gut, dass der Vorstand kaum nachkommt, die Prognosen für das Geschäftsjahr 2020/21 anzupassen. Nun ist Hornbach ein eher vorsichtig kalkulierendes Unternehmen und so ist es auch verständlich, dass die Gesellschaft mit den ersten Lockerungen der Corona-Beschränkungen – spricht auch der Wiedereröffnung von Baumärkten – nicht gleich in Euphorie gefallen ist.
Mittlerweile sieht aber auch der Vorstand des SDAX-Unternehmens ein, dass eine Neueinschätzung der Lage notwendig ist, schließlich hat sich der rasante Aufschwung bei dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auch im zweiten Quartal fortgesetzt. So sieht die neue Prognose für das adjustierte EBIT eine Bandbreite von 230 bis 330 Mio. Euro vor. Zum Vergleich: Bislang ging die Hornbach Holding von einem bereinigtem EBIT leicht unter dem Vorjahreswert von 227 Mio. Euro aus. Soll heißen: Im Idealfall wird das Unternehmen aus Neustadt an der Weinstraße nach eigener Einschätzung gut 100 Mio. Euro mehr EBIT machen, als bislang kommuniziert. Wenn man sich die Zahlen im Detail anschaut und mit früheren Entwicklungen vergleicht, dürfte aber auch diese Vorschau – insbesondere im unteren Level – tiefgestapelt sein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 4.140,99 | 4.362,39 | 4.729,22 | 5.456,18 | 5.874,96 | 6.263,13 | 6.160,89 | |
EBITDA1,2 | 262,70 | 235,73 | 419,80 | 516,30 | 564,90 | 505,40 | 473,80 | |
EBITDA-Marge3 | 6,34 | 5,40 | 8,88 | 9,46 | 9,62 | 8,07 | 7,69 | |
EBIT1,4 | 161,17 | 120,60 | 213,80 | 311,89 | 354,97 | 258,50 | 225,77 | |
EBIT-Marge5 | 3,89 | 2,76 | 4,52 | 5,72 | 6,04 | 4,13 | 3,67 | |
Jahresüberschuss1 | 95,75 | 75,14 | 123,34 | 201,44 | 244,51 | 167,83 | 131,68 | |
Netto-Marge6 | 2,31 | 1,72 | 2,61 | 3,69 | 4,16 | 2,68 | 2,14 | |
Cashflow1,7 | 182,20 | 54,02 | 324,45 | 346,50 | 344,95 | 425,45 | 454,91 | |
Ergebnis je Aktie8 | 5,11 | 4,08 | 6,56 | 10,33 | 12,48 | 9,83 | 7,83 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,50 | 1,50 | 2,00 | 2,40 | 2,40 | 2,40 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Zur Einordnung: Zunächst einmal sind Q1 und Q2 des jeweils am 1. März beginnenden Geschäftsjahrs die mit Abstand wichtigsten Perioden für die Baumärkte. Kein Wunder, schließlich konzentriert sich insbesondere das Geschäfts mit Gartenartikel auf die Frühjahrs bzw. Sommermonate. Das dritte Quartal fällt da schon merklich zurück, und für das Abschlussquartal zwischen Dezember und Februar sind regelmäßig Verluste im unteren bis mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich an der Tagesordnung. Wie sieht es nun für 2020/21 aus? Finale Zahlen gibt es erst Ende September, nach aktuellen Schätzungen hat das bereinigte EBIT aber sowohl im zweiten Quartal 2020/21 als auch im ersten Halbjahr 2020/21 um einen mittleren zweistelligen Prozentsatz zugelegt.
Eine nicht ganz schlüssig nachzuvollziehende Einschätzung von Hornbach. Setzt man den „mittleren zweistelligen Prozentbereich“ nämlich einfach mal einheitlich mit 45 Prozent an, dann dürfte sich – ausgehend von den 198,4 Mio. Euro EBIT des ersten Halbjahrs 2019/20 – in den ersten sechs Monaten 2020/21 ein EBIT von knapp 288 Mio. Euro aufgetürmt haben. Abzüglich der 172,8 Mio. Euro aus dem ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs würde für Q2 damit „nur“ ein EBIT von annähernd 115 Mio. Euro übrig bleiben. Das wiederum passt – mit Blick auf die avisierten Wachstumsraten – nicht wirklich nicht zu dem im zweiten Quartal des Vorjahrs erwirtschafteten EBIT von 101,5 Mio. Euro. Rein bezogen auf diese EBIT-Höhe müsste die Hornbach Holding im zweiten Quartal des laufenden Jahres eher bei 147 Mio. Euro (101,5 plus 45 Prozent) rausgekommen sein.
Nimmt man den Mittelwert von 115 und 147 Mio. Euro, würde Hornbach im zweiten Quartal auf ein EBIT von 131 Mio. Euro gekommen sein. Inklusive der 172,8 Mio. Euro aus dem Auftaktviertel kämen so zum Halbjahr fast 304 Mio. Euro EBIT zusammen. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass Hornbach in den vergangenen fünf Geschäftsjahren per saldo im zweiten Halbjahr kein nennenswertes EBIT mehr erzielt hat, würde eine realistische Schätzung für das adjustierte Gesamtjahres-EBIT von 2020/21 also eher im Bereich um 300 Mio. Euro liegen. Hornbach selbst begründet die vergleichsweise große Bandbreite bei der Umsatz- und Ertragsprognose damit, dass „die mit der Coronakrise verbundenen Chancen und Risiken nach wie vor erheblich und schwer abschätzbar sind.“ Dem wird wohl niemand widersprechen. Fakt an dieser Stelle ist aber mindestens auch, dass die rasante Kursrally der Aktie fundamental gut unterlegt ist und es womöglich sogar noch eine Justierung der Prognose für das laufende Geschäftsjahr geben wird.
Foto: Hornbach Holding AG & Co. KGaA