Wer sich den Chart der HomeToGo-Aktie ansieht, könnte fast meinen, dass es im April 2023 ein Übernahmeangebot zu 3 Euro gegeben hat. So eng hangelt sich die Notiz der Buchungsplattform für Ferienhäuser und -wohnungen seit Monaten um diese Marke. Tatsächlich gab es so eine Offerte jedoch nicht und die Seitwärtstendenz der HomeToGo-Aktie ist eher eine ausgeprägte Konsolidierungsphase nach dem deutlichen Kursanstieg zum Jahreswechsel 2022/23. Damals hatte sich die nach dem Börsengang über eine SPAC-Konstruktion zunächst heftig abgestürzte Aktie mit ermutigenden Quartalszahlen und einer insgesamt moderaten, inklusive viel Cash unterlegten Bewertung bei den Investoren zurückgemeldet. Seitdem haben die Berliner einige interessante Neuerungen – wie etwa die Einbindung von Künstlicher Intelligenz in den Suchprozess der Kunden (AI Mode) – lanciert und kommen auch sonst operativ gut voran. „Unser AI-Mode ist der erste HomeToGo-Mode von vielen, die wir zukünftig auf den Markt bringen werden“, sagt CEO Patrick Andrae.
Darüber hinaus ist die Corona-bedingte Zurückhaltung der Urlauber längst passé, auch wenn die gestiegenen Preise für etliche Kunden längst eine Schmerzgrenze erreicht haben. Das wiederum scheint HomeToGo eher in die Karten zu spielen, denn je nach Konstellation der Reisegruppe sind Ferienhäuser und -wohnungen oft eine deutlich günstigere Alternative zu klassischen Hotelunterkünften. So kamen die Umsatzerlöse im ersten Halbjahr 2023 um 14,5 Prozent auf 64,67 Mio. Euro voran. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verbesserte sich dabei von minus 42,78 auf minus 34,17 Mio. Euro. Die enorme Saisonalität im Tourismusbereich zeigt sich schon allein daran, dass das EBITDA im zweiten Quartal mit minus 3,62 Mio. Euro bereits recht nah an die operative Profitabilitätsgrenze gekommen ist. Bezogen auf die für HomeToGo wesentliche Kennzahl, das insbesondere um Effekte aus der anteilsbasierten Vergütung sowie andere Sonderposten bereinigte EBIDTA, ergibt sich für Q2 2023 sogar ein positiver Wert von 1,41 Mio. Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 3,80 | 51,00 | 69,50 | 65,86 | 94,84 | 146,84 | 162,03 | |
EBITDA1,2 | -13,42 | -23,30 | -16,00 | -13,61 | -125,77 | -52,69 | -19,33 | |
EBITDA-Marge3 | -353,16 | -45,69 | -23,02 | -20,67 | -132,61 | -35,88 | -11,93 | |
EBIT1,4 | -13,40 | -29,80 | -29,60 | -17,22 | -130,46 | -65,67 | -31,34 | |
EBIT-Marge5 | -352,63 | -58,43 | -42,59 | -26,15 | -137,56 | -44,72 | -19,34 | |
Jahresüberschuss1 | -13,37 | -29,00 | -29,40 | -23,81 | -166,79 | -53,72 | -28,28 | |
Netto-Marge6 | -351,84 | -56,86 | -42,30 | -36,15 | -175,87 | -36,58 | -17,45 | |
Cashflow1,7 | -12,38 | -19,90 | -10,10 | -10,47 | -82,09 | -36,35 | -8,96 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,10 | -0,30 | -0,31 | -0,36 | -2,09 | -0,47 | -0,25 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Ernst & Young |
Hinweis: 2016 und 2017 sind GmbH-Zahlen (Quelle: Bundesanzeiger)
Der eigentliche Ergebnisschub folgt aber erst im dritten Quartal, weil dann die mit Abstand meisten Anreisen stattfinden – und aus den Buchungen „echte“ Erlöse werden. Abweichungen von diesem Muster gibt es etwa bei dem im vergangenen Sommer übernommenen Buchungssoftware-Anbieter SECRA, hier fließen die Erlöse von den eingebundenen Agenturen, Vermietbüros oder auch größeren privaten Gastebern kontinuierlich über das Jahr hinweg und glätten so die Zyklik bei HomeToGo. Zu der kräftigen Ergebnisverbesserung des zweiten Quartals haben aber auch die weiteren Effizienzsteigerungen im Marketing beigetragen. So liegen die Marketing- und Vertriebsaufwendungen im zweiten Quartal 2023 mit 30,60 Mio. Euro um knapp 4,30 Mio. Euro unter dem vergleichbaren Vorjahresviertel.
An dieser Stelle gleich der Hinweis, dass HomeToGo in Q1 und Q2 regelmäßig viel Geld in Werbung investiert, was sich überwiegend aber erst im dritten Quartal bei tatsächlicher Anreise der Gäste in den harten Zahlen widerspiegelt. Förderlich wirkt sich zudem der höhere Anteil von Urlaubsbuchungen aus, der komplett über die Webseite von HomeToGo läuft – also ohne zwischengeschaltete Partner wie booking.com oder FeWo-direkt. Zum Halbjahr machte das sogenannte Onsite-Geschäft bereits rund 55 Prozent der gesamten Buchungserlöse aus. Für das Gesamtjahr liegt die Prognose diesbezüglich in einer Bandbreite zwischen 56 und 61 Prozent. Dabei rechnet CFO Steffen Schneider mit Umsatzerlösen zwischen 165 und 175 Mio. Euro sowie einem bereinigten EBITDA in einer Spanne von minus 2,5 bis plus 2,5 Mio. Euro – nach minus 20,7 Mio. Euro für 2022.
Der Börsenwert beträgt derweil rund 375 Mio. Euro, was zumindest mit Blick auf die bereits erwirtschafteten Umsatzerlöse sehr moderat ist. Ergebnistechnisch muss HomeToGo in die Bewertung erst noch hineinwachsen, doch das Tempo hierbei kann sich nach Auffassung von boersengefluester.de durchaus sehen lassen. Das günstige Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) sowie die Netto-Liquidität sollten Anleger derweil nicht falsch interpretieren. Auf dem Weg in die Profitabilität wird das Eigenkapital – und damit der Buchwert – weiter schrumpfen. Und das Cashpolster brauchen die Berliner für die Umsetzung ihrer Wachstumsziele und ist keinesfalls für üppige Dividenden gedacht.
Für risikobereite Investoren ist der Titel für unseren Geschmack definitiv eine Wette wert, zumal der Newsflow in den kommenden Monate nochmals besser werden sollte und das Management auch auf diversen Kapitalmarktkonferenzen präsentiert. Die Analysten trauen der Aktie massives Aufwärtspotenzial bis mindestens 6 Euro zu. Grundsätzliches Risiko bleibt, dass viele Investoren derzeit eher einen Bogen um defizitäre Geschäftsmodelle machen. Entsprechend geht es auch für HomeToGo darum, noch mehr Gewicht auf das Thema Profitabilität zu lenken. Grundsätzlich sieht das Chartbild aber ziemlich stabil aus im Moment, was in der aktuell für Smallcaps nicht ganz einfachen Börsenphase bereits ein Erfolg ist.
Foto: Unsplash+
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