Vor einigen Monaten hätten die jetzt vorgelegten Halbjahreszahlen – inklusive des gekürzten Ausblicks für das Gesamtjahr 2022 – wohl noch für einen deutlichen Absacker bei der Aktie von home24 gesorgt. Längst ist in der Notiz des ehemaligen SDAX-Unternehmens aber so viel Pessimismus eingepreist, dass die Investoren jetzt beinahe schon erleichtert darüber sind, wie sich der Händler für Möbel und Wohnaccessoires durch die zurzeit so schwierige wirtschaftliche Lage manövriert. Entsprechend weist CEO Marc Appelhoff im Analysten-Call zum Q2-Report auch mehrfach darauf hin, dass die Gesellschaft hart arbeitet, um sämtliche Themen, die eigenen im Einflussbereich liegen, positiv zu gestalten. Wie lange das Konsumentenvertrauen noch am Boden liegt, vermag schließlich auch Appelhoff nicht zu sagen. „Wir haben unsere Steuerung stärker auf Profitabilität fokussiert – verglichen mit der historischen Priorisierung von Umsatzwachstum“, betont Appelhoff.
Abzulesen ist das etwa an den im Vorjahresvergleich um gut 11 Mio. Euro reduzierten Marketingaufwendungen. Bezogen auf die für das erste Halbjahr 2022 ausgewiesenen Erlöse von 292,1 Mio. Euro entsprechen die 42,3 Mio. Euro für Werbung einer Quote von rund 14,5 Prozent – das sind zwei Prozentpunkte weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Der wesentliche Teil davon dürfte auf das Konto einer noch effizienteren Nutzung von Performancemarketing gehen. Hinzu kommt, dass durch die im zweiten Quartal 2022 erstmalige bilanzielle Einbeziehung der Einzelhandelskette Butlers der Umsatzanteil aus stationärem Geschäft an Bedeutung gewonnen hat. Konkret hat Butlers im zweiten Quartal 2022 etwas mehr als 24 Mio. Euro umgesetzt und dabei ein adjustiertes EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von rund 2,5 Mio. Euro erzielt. Das sind nun aber keine Zahlen, die aufs Gesamtjahr hochzurechnen sind. Das zweite Quartal ist „low season“, wie es Appelhoff in dem englischsprachigen Call ausdrückt.
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Entscheidend für Butlers ist das Abschlussviertel mit dem Weihnachtsgeschäft. Das ist für home24 insofern eine neue Erfahrung, denn eher hochpreisige Möbel wie Sofas, Schränke oder Tische sind sehr viel weniger an saisonale Muster gebunden als das günstigere Dekosortiment von Butlers. Allenfalls im Gartenmöbelbereich vom home24 dürfte es im Frühjahr stärkere Ausschläge geben. Auffällig beim Blick auf die Aktivseite der frischen Konzernbilanz ist derweil der rasante Anstieg der Vorräte von 60,8 auf 93,2 Mio. Euro – im Wesentlichen ebenfalls eine Folge der Konsolidierung von Butlers. Inwiefern dieser Warenbestand nun – angesichts des schwachen Kosumklimas – möglicherweise überdimensioniert ist, wird sich wohl erst im Nachhinein feststellen lassen. Immerhin ist es noch gar nicht so lange her, da konnten die Lager gar nicht voll genug sein. Zudem spielen erwartete Preissteigerungen sowie die immer noch schwierigen Lieferketten eine wichtige Rolle bei der Kalkulation. Daran ändern auch die jüngsten zusätzlichen 1,9 Mio. Euro an Abwertungen auf den Lagerbestand nichts.
Gut findet boersengefluester.de indes, dass Bestellungen bei home24 seit Juni 2022 grundsätzlich versandkostenpflichtig sind. Mit zu den spannendsten Themen aus Investorensicht zählt wohl weiter die vollständige Bezahlung des Kaufpreises für Butlers. Das Vertragswerk sieht eine komplexe Struktur aus sofort fälliger Barkomponente, Verkäuferdarlehen und erfolgsabhängigen Komponenten vor. Hinzu kommt, dass home24 dem Butlers-Gründer Wilhelm Josten einen finanziellen Ausgleich von 2,2 Mio. Euro für den Fall eingeräumt hat, dass die home24-Aktie im Jahr 2026 nicht an mindestens drei Monaten über 18 Euro notiert. Angesichts eines aktuellen Kurses von knapp 3,70 Euro, sollten Investoren diesen möglichen Extra-Teil des Kaufpreises besser schon jetzt einkalkulieren.
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Insgesamt wird der Deal momentan mit 59,4 Mio. Euro bewertet, wovon (Stand 30. Juni 2022) rund 80 Prozent bereits in Cash bzw. die Ausgabe neuer Aktien geflossen sind. In der Bilanz von home24 spiegelt sich die Transaktion auf der Passivseite insbesondere in den Finanzverbindlichkeiten von insgesamt 33,5 Mio. Euro wider. Immerhin agierten die Berliner bislang frei von Finanzschulden. Für CFO Philipp Steinhäuser bewegt sich die Liquidität aber im grünen Bereich. „Cash bleibt robust“, betont er auf der Analystenveranstaltung. Kaum vorhersehbar bleibt die Situation in Lateinamerika über die ebenfalls börsennotierte brasilianische Tochter Mobly. Operativ ist die Lage dort ebenfalls schwierig, zudem sorgen Währungseffekte immer wieder für Verschiebungen.
Boersengefluester.de ist gespannt, wie home24 perspektivisch mit Mobly umgehen wird. Nach dem IPO an der Novo Mercado im Februar 2021 hält home24 noch 51,16 Prozent an der Gesellschaft. Aktueller Gegenwert: Umgerechnet rund 28,5 Mio. Euro, was etwa 23 Prozent des Börsenwerts von home24 entspricht – keine unwichtige Position also. Bezogen auf den home24-Konzern rechnet CEO Marc Appelhoff für das Gesamtjahr 2022 nun mit einer Veränderung der Umsatzerlöse in einer Bandbreite von minus 7 Prozent bis plus 3 Prozent. Gemessen an der vorherigen Spanne (plus 2 Prozent bis plus 17 Prozent) ist das ein spürbarer Einschnitt, aber damals gab es eben auch noch die Hoffnung, dass sich im zweiten Halbjahr eine Belebung einstellen wird.
Die um anteilsbasierte Vergütung sowie Einmalkosten im Zusammenhang mit dem Butlers-Kauf bereinigte EBITDA-Marge soll derweil weiterhin zwischen plus 1 und plus 5 Prozent liegen. Im Mittel (und nach Abzug möglicher Adjustierungen) könnte das auf ein EBITDA von etwas mehr als 15 Mio. Euro hinauslaufen. Hört sich zunächst einmal ordentlich an, unterm Strich wird damit jedoch erneut ein dicker Verlust stehen. Wenn es gut läuft, wird der zum Halbjahr ausgewiesene Fehlbetrag von 28,2 Mio. Euro aber nicht mehr signifikant ausgebaut. Jedenfalls gehen wir davon aus, dass das Team um Marc Appelhoff noch mehr Wert auf strukturelle Profitabilität legen wird. Das wiederum sollte sich dann auch positiv im Aktienkurs zeigen. Bei all den schwierigen Themen, hat der Halbjahres-Call jedenfalls gezeigt, dass home24 die Krise so gut es geht meistert.
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[sws_grey_box box_size=”640″]Hinweis: Die Berichterstattung und Handlungseinschätzungen durch boersengefluester.de stellen keine Anlageempfehlungen und auch keine Empfehlung oder einen Vorschlag einer Anlagestrategie dar. Zwischen der home24 SE und boersengefluester.de besteht eine entgeltliche Vereinbarung zur Soft-Coverage der home24-Aktie. Boersengefluester.de hält keine Beteiligung an der home24 SE. Boersengefluester.de nimmt Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vor.[/sws_grey_box]
Foto: Butlers
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