Beginnen wir zunächst mit den weniger erfreulichen Eckdaten. Mit minus 15 Prozent seit Jahresbeginn zählt die Aktie der Heidelberger Druck zu den schwächsten Papieren im SDAX. In der kurzfristigen Betrachtung sieht die Lage hingegen bereits deutlich freundlicher aus. Seit Monatsbeginn steht ein Zuwachs von gut acht Prozent in der Performance-Bilanz, Platz 17 im Ranking der Small Caps. Auf Basis der Relativen Stärke über 21 Tage erscheint der Wert bereits unter den ersten 15 im SDAX, Tendenz zuletzt klar steigend. Die wesentlichen charttechnischen Eckpunkte sind hingegen etwas schwieriger zu bestimmen. Auf der Unterseite gilt es, die breite Nachfragezone zwischen 1,73 bis 1,80 Euro im Blick zu behalten. Bleibt bei einem erneuten Test eine Stabilisierung auf diesem Niveau aus, sollten Anleger die Reißleine ziehen. Weniger scharf definiert sind hingegen die nächsten Widerstände. Bis in den Bereich um 2,60 Euro dürfte der Anstieg wenig dynamisch ausfallen, erst darüber könnte neue Kursfantasie aufkeimen und eine zügigere Bewegung einläuten.
Ob es dazu kommen wird, hängt wesentlich von weiteren Fortschritten bei der laufenden Restrukturierung ab. Nach wie vor kämpfen die Heidelberger mit den Folgen der Krise aus 2009. Damals überlebte der Druckmaschinenhersteller nur dank staatlicher Unterstützungen. Die Hilfen wurden mit einer vor vier Jahren durchgeführten Kapitalerhöhung inzwischen zurückgezahlt. Knackpunkt bleibt die Lage auf den Absatzmärkten. Rund die Hälfte des Volumens hat die Branche während der Finanzkrise verloren und bisher nur einen Teil wieder zurückerobert. Ein Mix aus Überkapazitäten, fallenden Preisen und zunehmender Konkurrenz durch elektronische Medien verhinderte bisher eine stärkere Erholung. Selbst die internationale Aufstellung – rund 65 Prozent der Umsätze erzielte Heidelberger Druck 2013 außerhalb Europas – sowie der hohe Weltmarktanteil von mehr als 40 Prozent im Bereich der Bogen-Offsetmaschinen führten bisher noch nicht zu einer nachhaltigen Trendwende.
Erst allmählich scheinen die massiven Umstrukturierungen Früchte zu tragen. Nach fünf Verlustjahren in Folge meldete die Gesellschaft für das vergangene Geschäftsjahr wieder einen Gewinn. Auch im laufenden Jahr will das Unternehmen eine schwarze Null erreichen. Seit zwei Jahren gibt Vorstandschef Gerold Linzbach die Richtung vor und schaffte es, über Kostensenkungen, strategische Partnerschaften und Effizienzverbesserungen das Unternehmen wieder in Form zu bringen. Doch noch müssen viele Hausaufgaben erledigt werden. Ab dem nächsten Jahr stehen eine Senkung der Gewinnschwelle, erhöhte Flexibilität im Bogenoffsetdruck und verstärkter Fokus auf die wachsenden Teile des Portfolios wie Digitaldruck und Service weit oben auf der Agenda. Derzeit steht der Bereich Services für rund 40 Prozent des Konzernumsatzes, der Rest entfällt auf das Segment Equipment. Einige Übernahmen in jüngster Zeit lassen darauf schließen, dass besonders das zukunftsträchtige Geschäft mit Digitaldruckmaschinen ausgeweitet werden soll. Während für die Hauptaktivität des Unternehmen, die Bogenoffsetdruckmaschinen, vorerst keine Belebung zu erwarten ist, könnte der stärkere Fokus auf die anderen Bereiche nach Meinung von Warburg Research zu einem Umsatzwachstum von zwei bis vier Prozent auf Konzernniveau führen.
Mittelfristig lassen die bereits eingeleiteten Maßnahmen daher deutlich bessere Renditen erwarten. Ab dem kommenden Geschäftsjahr rechnet das Management mit einer EBITDA-Marge (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in Relation zum Umsatz) von acht Prozent. Zur Einordnung: Für 2014/15 rechnen Analysten mit 4,3 Prozent, im Jahr zuvor waren es 5,5 Prozent. Flankiert werden könnte die bessere operative Entwicklung über die Finanzseite. Je nach Entwicklung der Aktie dürfte Heidelberg seine Wandelanleihe kündigen. Hier besteht Potenzial zur Senkung der Zinszahlungen von bis zu 20 Mio. Euro jährlich. Zudem locken steuerliche Verlustvorträge von rund 1 Mrd. Euro.
Auf Basis eines Aktienkurses von 2,20 Euro liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei 1,88, während jeder Euro Umsatz mit lediglich 23 Cent angesetzt wird. Die Bewertung erscheint daher durchaus attraktiv, vor dem Hintergrund der Herausforderungen in der Branche sieht die Sache hingegen anders aus. Bisher läuft der Turnaround noch nicht ganz rund, Unternehmens-Chef Linzbach scheint aber auf dem richtigen Weg zu sein. Warburg glaubt an die Story und siedelt das Kursziel bei 3,45 Euro an, rund 60 Prozent über dem aktuellen Niveau. S&P Capital IQ sieht den fairen Wert bei 2,35 Euro, die DZ Bank gibt 2,80 Euro vor. Anleger, die zudem noch die wichtigen Unterstützungen zur Verlustbegrenzung beachten, erhalten somit ein durchaus attraktives Chance-Risiko-Verhältnis. Fest steht aber auch, dass der Traditionskonzern nun kontinuierlich liefern muss, um die Fantasie am Leben zu halten.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.420,15 | 2.490,49 | 2.349,45 | 1.913,17 | 2.183,43 | 2.435,00 | 2.395,00 | |
EBITDA1,2 | 171,76 | 179,99 | 146,00 | 94,47 | 160,16 | 209,00 | 168,00 | |
EBITDA-Marge3 | 7,10 | 7,23 | 6,21 | 4,94 | 7,34 | 8,58 | 7,02 | |
EBIT1,4 | 87,12 | 81,04 | -269,42 | 17,64 | 80,74 | 131,00 | 91,00 | |
EBIT-Marge5 | 3,60 | 3,25 | -11,47 | 0,92 | 3,70 | 5,38 | 3,80 | |
Jahresüberschuss1 | 13,57 | 20,88 | -343,00 | -42,89 | 33,06 | 91,00 | 39,00 | |
Netto-Marge6 | 0,56 | 0,84 | -14,60 | -2,24 | 1,51 | 3,74 | 1,63 | |
Cashflow1,7 | 87,68 | -11,28 | -53,95 | 0,06 | 51,27 | 33,00 | 90,00 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,05 | 0,07 | -1,13 | -0,14 | 0,11 | 0,30 | 0,13 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |