Hanjo Runde ist früh auf den Beinen. Ausgestattet mit Smartphone, Papierunterlagen und einem großem Becher Kaffee berichtet der CEO von HanseYachts im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de schon morgens um 8 Uhr, warum es bei dem Hersteller von Segelyachten und Motorbooten zurzeit so gut läuft. „Wir haben unser Orderbuch optimiert und in diesem Zuge auch unsere Preispolitik überarbeitet. Zudem zeigen die Optimierung unserer Produktionsprozesse und die Normalisierung der Lieferketten nun Wirkung. Und mindestens ebenso wichtig sind unsere Innovationen, unsere attraktiven neuen Bootsmodell stoßen auf eine hohe Nachfrage.“ So können die Greifswalder ihren enormen Auftragsbestand, der eine Vollauslastung bis deutlich ins Kalenderjahr 2024 sichert, abarbeiten. Losgelöst von den gängigen Optimierungsmaßnahmen ist Hanjo Runde aber auch ein anderer Punkt ganz besonders wichtig: „Wir investieren viel in die Unternehmenskultur und die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten. Die Wertschätzung gegenüber den Menschen ist ein zentraler Erfolgsfaktor für uns.“
Tatsächlich hat HanseYachts mit den Eckdaten für das erste Quartal des Geschäftsjahrs 2023/24 (30. Juni) für ein Ausrufzeichen an der Börse gesorgt. Bei einem Umsatzplus von gut 37 Prozent auf 48,2 Mio. Euro drehte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von minus 1,2 auf plus 3,5 Mio. Euro. Unterm Strich verbesserte sich das Ergebnis von minus 3,3 auf plus 1,5 Mio. Euro. Das ist der mit Abstand beste Auftakt seit Börsengang im März 2007 und überhaupt erst das dritte Mal, dass HanseYachts in einem ersten Quartal des Geschäftsjahrs – also für die Abrechnungsperiode vom 1. Juli bis 30. September – ein positives EBITDA ausweist. Traditionell kommt erst in der zweiten Jahreshälfte Bewegung ins Ergebnis. Angesichts der vollen Auftragsbücher können die Greifswalder nun aber ganz anders agieren und hängen nicht mehr an früheren Zyklen. „Die Saisonalität gibt es aufgrund der guten Auftragslage, die zur Vollauslastung führt, so nicht mehr“, sagt Hanjo Runde. „Wir haben die Krise verlassen.“ Hinzu kommt, dass die Preisaufschläge von im Schnitt rund 30 Prozent für neue Boote massiv Wirkung zeigen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 140,27 | 146,69 | 128,39 | 120,75 | 132,38 | 164,00 | 184,90 | |
EBITDA1,2 | 5,01 | 8,40 | 3,81 | -2,33 | -6,15 | -4,50 | 11,00 | |
EBITDA-Marge3 | 3,57 | 5,73 | 2,97 | -1,93 | -4,65 | -2,74 | 5,95 | |
EBIT1,4 | -0,64 | 3,18 | -14,37 | -8,15 | -11,63 | -10,10 | 4,00 | |
EBIT-Marge5 | -0,46 | 2,17 | -11,19 | -6,75 | -8,79 | -6,16 | 2,16 | |
Jahresüberschuss1 | -2,28 | 2,36 | -15,86 | -8,99 | -20,72 | -12,70 | 1,80 | |
Netto-Marge6 | -1,63 | 1,61 | -12,35 | -7,45 | -15,65 | -7,74 | 0,97 | |
Cashflow1,7 | 1,09 | 2,20 | 2,37 | 8,69 | -0,85 | -4,60 | 7,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,21 | 0,21 | -1,32 | -0,64 | -1,32 | -0,67 | 0,09 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Mit Blick auf das Gesamtjahr 2023/24 – boersengefluester.de ordnet die Zahlen in der Datenbank dem Jahr 2023 zu – will sich CEO Hanjo Runde aber noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und avisiert bei Umsätzen zwischen 180 und 200 Mio. Euro ein EBITDA im mittleren bis oberen einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Nach Auffassung von boersengefluester.de umfasst diese qualitative Ergebnisprognose ein EBITDA in einem Korridor von etwa 5 bis 9 Mio. Euro. Gut möglich, dass es am Ende sogar etwas mehr wird. Andererseits ist in der Historie von HanseYachts derart häufig etwas dazwischengekommen, was das Ergebnis verhagelt hat, so dass der seit Oktober 2021 auf der Kommandobrücke stehende Hanjo Runde gut daran tut, eine solides Erwartungsmanagement zu betreiben. Fest steht für den ehemaligen SieMatic-Manager Runde jedoch: „Wir sind wieder in einem normalen Fahrwasser. In der Krise haben wir die Innovations- und Wachstumsstrategie Confidence 2025 gestartet – und das zahlt sich nun aus.“
Kurzfristig stehen aber ohnehin erst einmal die Zahlen für das am 30. Juni Geschäftsjahr 2022/23 an. Die offizielle Prognose geht von deutlich höheren Umsatzerlösen gegen über dem Vorjahreswert von 132,2 Mio. Euro aus sowie einem EBITDA im mittleren negativen einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Diese Vorschau hat weiter Bestand, detaillierter will sich der Vorstand vor der für Ende November geplanten Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2022/23 nicht äußern, zumal es mit Mazars einen neuen Prüfer gibt, nachdem zuvor seit 2009 RSM Ebner Stolz als Auditor tätig war. Zum Pflichtprogramm bei einem Hintergrundgespräch mit dem Vorstand von HanseYachts gehört seit jeher die Frage nach dem möglichen Exit von Aurelis Equity Opportunities, immerhin ist die Beteiligungsgesellschaft nun schon seit 2011 bei HanseYachts engagiert (Anteil: 79,4 Prozent) – also viel länger als üblich.
Zweiter Ankeraktionär ist Rainer Vesting, der das Unternehmens ebenfalls seit geraumer Zeit finanziell und inhaltlich begleitet und einen Anteil von mehr als 10 Prozent avisiert. Viel Platz für Streubesitzaktionäre scheint da nicht, doch von Hanjo Runde gibt es ein klares Bekenntnis zum Listing: „Die Börsennotiz schafft Transparenz und Vertrauen. Das sind wichtige Vorteile – auch sowohl für unsere Investoren als auch für uns. Ich sehe aktuell keinen Grund hier etwas zu verändern.“ Scheint also so, als wenn die jetzige Konstellation im Aktionärskreis erstmal so bleiben wird, auch wenn Aurelius mit dem eigenen Delisting zunehmend zur Blackbox wird. Bewertungstechnisch hat der Titel ohnehin noch viel Potenzial nach oben.
Unter Berücksichtigung der Netto-Finanzschulden beträgt der Unternehmenswert derzeit knapp 73 Mio. Euro. Verglichen mit der EBITDA-Prognose für 2023/24 im mittleren bis oberen einstelligen Millionen-Euro-Bereich, könnte man als Investor vielleicht noch sagen: Das passt so mit dem aktuellen Börsenkurs. Doch perspektivisch könnte das Unternehmen auf ganz andere Größenordnungen zusteuern. Immerhin betont CEO Hanjo Runde: „Unser Mittelfristziel bleibt unverändert: Wir wollen auf 200 Mio. Euro Umsatz und ein EBITDA von mindestens 20 Mio. Euro kommen.“ Gemessen daran würde sich die Aktie tatsächlich mitten in einer längeren Phase der Neubewertung befinden.
Foto: HanseYachts AG (Modell: Hanse 410)
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