Normalerweise klebt Aurelius Equity Opportunities nicht unbedingt an ihren Engagements. Nach ein paar Jahren sucht die Beteiligungsgesellschaft in der Regel den Exit. Die acht Jahre vom Kauf bis zum Verkauf bei dem Getränkehersteller Berentzen im Spätsommer 2016 waren schon eher die Ausnahme. Die bislang größte Transaktion in der Firmengeschichte, die jüngst gemeldete Veräußerung des niederländischen Verpackungsexperten Solidus Solutions für rund 330 Mio. Euro, erfolgte nach gut vier Jahren.Umso gespannter verfolgen Insider die Entwicklung bei dem nun schon seit 2011 zum Portfolio gehörenden Bootsbauer HanseYachts. Zwar haben die Greifswalder eine Menge Fortschritte seit dem Einstieg von Aurelius gemacht. Noch immer weisen die Zahlen aber enorme Schwankungen auf und sind ein gutes Stück entfernt vom mittelfristigen Renditeziel einer EBITDA-Marge zwischen zehn und zwölf Prozent. Umso interessanter ist die Meldung, wonach der vor gut zwei Jahren von Aurelius gekaufte Katamaranhersteller Privilège Marine nun auf HanseYachts übertragen werden soll.
Dieser Schritt überrascht uns insofern, weil die Privilège Marine SAS laut dem aktuellen Geschäftsbericht von Aurelius für 2018 einen Fehlbetrag von 3,23 Mio. Euro ausweist. Dennoch sagt Jens Gerhardt, CEO von HanseYachts: „Nach überwundener Durststrecke steht Privilège jetzt am Break-even Punkt. Dies ist der ideale Zeitpunkt für uns, das Unternehmen nun komplett zu übernehmen und unsere Mehrmarkenstrategie auszubauen.“ Irgendwie drängt sich boerengefluester.de jedoch der Eindruck auf, dass der Deal – aus welchem Grund auch immer – vorgezogen wurde. Eine Interpretation wäre, dass Aurelius die Struktur von HanseYachts für einen möglichen Ausstieg vorbereitet.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 140,27 | 146,69 | 128,39 | 120,75 | 132,38 | 164,00 | 184,90 | |
EBITDA1,2 | 5,01 | 8,40 | 3,81 | -2,33 | -6,15 | -4,50 | 11,00 | |
EBITDA-Marge3 | 3,57 | 5,73 | 2,97 | -1,93 | -4,65 | -2,74 | 5,95 | |
EBIT1,4 | -0,64 | 3,18 | -14,37 | -8,15 | -11,63 | -10,10 | 4,00 | |
EBIT-Marge5 | -0,46 | 2,17 | -11,19 | -6,75 | -8,79 | -6,16 | 2,16 | |
Jahresüberschuss1 | -2,28 | 2,36 | -15,86 | -8,99 | -20,72 | -12,70 | 1,80 | |
Netto-Marge6 | -1,63 | 1,61 | -12,35 | -7,45 | -15,65 | -7,74 | 0,97 | |
Cashflow1,7 | 1,09 | 2,20 | 2,37 | 8,69 | -0,85 | -4,60 | 7,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,21 | 0,21 | -1,32 | -0,64 | -1,32 | -0,67 | 0,09 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
Die wesentlichen Eckpunkte: Zunächst einmal zahlt HanseYachts für den mittelbaren Anteil an Privilège bis zu 1,1 Mio. Euro in bar. Das klingt nach einer günstigen Gelegenheit, allerdings hat Aurelius mit Privilège ein Unternehmen gekauft, was die ursprünglichen Erwartungen wohl nicht voll erfüllt hat. Jedenfalls zieht sich die Restrukturierung der Franzosen länger hin als gedacht, obwohl Katamarane grundsätzlich als Wachstumssegment gelten. Die bislang von Aurelius an Privilège gewährten Darlehen im Marktwert von rund 5,4 Mio. Euro muss HanseYachts nicht in cash an Aurelius zurückzahlen, sondern begleicht sie in eigenen Aktien. Demnach bringt Aurelius die Darlehen als Sachkapitaleinlage ein und bekommt dafür 933.162 HanseYachts-Aktien – bewertet zu je 5,95 Euro. Dadurch würde sich der Anteil von Aurelius um 1,88 Prozentpunkte auf 77,60 Prozent erhöhen. Um eine Verwässerung der Streubesitzaktionäre zu vermeiden, wird eine zweite Kapitalerhöhung um 299.219 Anteilscheine zu je 5,75 Euro nachgeschoben, bei der Aurelius nicht mitziehen wird. Geplant ist die Transaktion für Juli/August 2019.
Insgesamt ein durchaus übliches Verfahren. Eine Kröte ist jedoch, dass HanseYachts aus der Integration von Privilège Marine auch für das Geschäftsjahr 2019/20 (30. Juni) mit Anlaufverlusten im „niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich“ rechnet und erst ab 2020/21 eine „deutliche und nachhaltige“ Verbesserung der Ertragslage in Aussicht stellt. Keine besonders prickelnde Perspektive für die kommenden Monate. Insgesamt ist der Small Cap aber wohl doch eine Halten-Position schon allein wegen der relativ günstigen Bewertung. Und dann gibt es schließlich noch eine gute Portion Exit-Fantasie.
Foto: Privilège Marine SAS