So etwas nennt man wohl stabile Seitenlage. Seit mittlerweile zwei Jahren bewegt sich der Aktienkurs von Greiffenberger in einer engen Spanne zwischen etwa 5,30 und knapp 6 Euro. Der Ausbruch nach oben will einfach nicht gelingen, dabei gibt es an der Bewertung des Small Caps so gut wie nichts auszusetzen. Woran liegt es also, dass der Aktienkurs nicht den Weg nach oben findet? Ein Blick auf die Umsatzentwicklung der vergangenen zehn Jahre offenbart den großen Mangel – die fehlende Wachstumsdynamik. Im vergangenen Jahr erlöste Greiffenberger im Konzern mit 158 Mio. Euro zwar eine neue Bestmarke. Verglichen mit dem 2004er-Erlös von 146 Mio. Euro wirkt das Plus aber relativ bescheiden.
Die Einnahmen der Augsburger teilen sich auf drei komplett verschiedene Bereiche auf: Mit einem Anteil von zuletzt 61 Prozent am wichtigsten ist die Antriebstechnik. Die Tochter ABM Greiffenberger liefert Getriebe und Elektromotoren für den Maschinen- und Anlagenbau. Die EBIT-Marge (Gewinn vor Zinsen und Steuern in Relation zum Umsatz) erreichte 2012 rund fünf Prozent. Mittelfristig steuert Greiffenberger hier eine Größe von acht Prozent an. Positiv: Zum Halbjahr 2013 haben sich die Augsburger bereits auf sechs Prozent vorgetastet. Von solchen Fortschritten ist der zweitgrößte Bereich „Metallbandsägeblätter & Präzisionsbandstahl“ momentan ein ganzes Stück entfernt. Bei um sechs Prozent rückläufigen Erlösen sackte das Betriebsergebnis um 46 Prozent ein. Noch deutlicher – nämlich um 28 Prozent – fielen die Erlöse im mit Abstand kleinsten Bereich „Kanalsanierungstechnologie“ zurück. Ein Großteil der Schmelze dürfte allerdings auf die lange Zeit frostigen Außentemperaturen zurückzuführen sein. Per Ende Juni 2013 musste sich Greiffenberger hier mit einer schwarzen Null zufrieden geben. In den vergangenen vier Jahren hielten sich die Erlöse im Bereich Kanalsanierung stets nahezu konstant bei etwa 16 Mio. Euro.
Für das Gesamtjahr rechnet Vorstandschef Stefan Greiffenberger mit einem Konzernumsatz zwischen 156 und 160 Mio. Euro. Zum Ende des ersten Quartals hatte er noch von einer „leichten Umsatzsteigerung“ gegenüber dem Vorjahreswert von 158 Mio. Euro gesprochen. Letztlich läuft es also wohl auf einen Umsatz ziemlich genau in Vorjahreshöhe hinaus. Das EBIT setzt Greiffenberger in einer Spanne von 5,7 bis 7,2 Mio. Euro an. Damit ist – verglichen mit der Durchschnittsrendite von knapp 5,5 Prozent aus den vergangenen drei Jahren – ein Margenrückgang absehbar. Zu beachten ist jedoch, dass in der Prognose bereits 1,7 Mio. Euro Sonderaufwand für die Inbetriebnahme des Werks im polnischen Lublin für den Bereich Antriebstechnik berücksichtigt sind. Reibungslos läuft das Bauvorhaben momentan allerdings nicht. „Es wurde in den vergangenen Wochen erkennbar, dass die Baumaßnahmen derzeit hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurückliegen. ABM arbeitet aktuell an einer Lösung der in der Gebäudeerstellung aufgetretenen Schwierigkeiten, um eine Rückkehr in den ursprünglichen Zeitplan zu erreichen“, heißt es im vor wenigen Tagen vorgelegten Zwischenbericht. Ursprünglich sollte das Werk im vierten Quartal 2013 in Betrieb genommen werden. Mit dem Werk will ABM unteren anderem bisherige Zulieferer ersetzen.
Beim Finanzergebnis kalkuliert Greiffenberger derzeit mit einer Verbesserung von immerhin 1,5 bis 1,7 Mio. Euro. Hier gab es im Vorjahr negative Bewertungseffekte durch ein Derivat. Demnach dürfte das Unternehmen 2013 wohl ein negatives Zinsergebnis von rund 3,7 Mio. Euro ausweisen. Nach Abzug von Steuern könnte 2013 somit – bezogen auf die knapp 4,84 Millionen Anteilscheine – ein Ergebnis je Aktie von rund 0,45 Euro hängen bleiben. Da im kommenden Jahr dem Vernehmen nach keine Belastungen mehr für das polnische Werk zu verkraften sind, ist für 2014 ist mit einer signifikanten Gewinnverbesserung zu rechnen, so dass der Small Cap auf ein klar einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) kommt. Als Kaufanreiz scheint das niedrige KGV die Investoren derzeit aber nur bedingt zu überzeugen – zu groß ist die Angst vor einer konjunkturellen Abschwächung. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Befürchtung natürlich nicht, aber ein Börsenwert von lediglich 27,5 Mio. Euro ist für eine Firmengruppe wie Greiffenberger wahrlich nicht zu hoch gegriffen. Außerdem bietet der Auftragseingang von annähernd 88 Mio. Euro ein vergleichsweise solides Polster.
Bemerkenswert ist auch, dass es den Small Cap mittlerweile mit einem Discount von 15 Prozent zum Buchwert gibt. Nur auf eine Dividendenzahlung – die letzte gab es für 2001 – müssen die Aktionäre wohl noch eine Weile warten. Zunächst soll das Eigenkapital zwischen 30 und 33 Prozent der Bilanzsumme erreichen. Zur Einordnung: Zum Halbjahr 2013 lag die Eigenkapitalquote bei knapp 26 Prozent. Ein echtes Manko ist allerdings der relativ geringe Streubesitz von nur 38 Prozent. Beinahe 56 Prozent der Aktien sind der Greiffenberger Holding zuzurechnen. Dementsprechend niedrig sind die Handelsumsätze. Dennoch wird das Papier auch von Analysten betreut. Das genau wie Greiffenberger in Ausgsburg sitzende Investmenthaus GBC rät bei Greiffenberger – auch nach den Halbjahreszahlen – weiter zum Einstieg. Das Kursziel setzen die Experten bei 9,30 Euro an, was einem Aufwärtspotenzial von deutlich mehr als 60 Prozent entspricht. Charttechnisch orientierte Anleger warten aber besser ab, bis der Titel es schafft, sich aus der Seitwärtsbewegung – im Fachjargon auch Sägezahnmarkt genannt – nach oben zu befreien. Nach zwei Jahren wird es höchste Zeit für den Ausbruch nach oben.
Foto: Greiffenberger AG