Die Zusammenarbeit mit dem DAX-Konzern SAP trägt Früchte: Im ersten Halbjahr verbuchte die GK Software AG einen Umsatzanstieg um mehr als 30 Prozent auf 35,1 Mio. Euro und schaffte auf EBIT-Basis die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Bis 2018 hat der führende Anbieter von Einzelhandelssoftware eine Zielmarge von über 15 Prozent im Visier. Für das zweite Halbjahr geht GK-CFO André Hergert davon aus, dass „wir mit den Erfolgen im ersten Halbjahr unser Pulver für 2016 noch lange nicht verschossen haben“. Boersengefluester.de sprach mit Finanzvorstand Hergert über die Chancen aus der Kooperation mit SAP, den neuen Kunden Gerry Weber und das angepeilte Umsatzplus von 50 Prozent bis 2018.
Herr Hergert, die Aktie der GK Software AG hat in den vergangenen zehn Monaten um mehr als 50 Prozent an Wert gewonnen. Honorieren die Anleger nun endlich die Chancen, die sich aus der Zusammenarbeit mit der SAP ergeben? Oder was ist Ihrer Meinung nach der Treiber für den Kurs?
André Hergert: Wir freuen uns selbstverständlich über die positive Kursentwicklung. Ich denke jedoch, dass sich darin mehr widerspiegelt als lediglich eine Honorierung der Chancen unserer Partnerschaft mit SAP. Zunächst einmal haben wir es zum ersten Halbjahr geschafft, unsere hohe Wachstumsdynamik weiter aufrechtzuerhalten und sogar noch zu intensivieren. Zudem tragen unsere Bemühungen zur Verbesserung unserer internen Prozesse deutlich Früchte. Dies und ein starkes Lizenzergebnis haben dazu geführt, dass wir uns zum ersten Halbjahr auch ertragsseitig sowohl auf EBIT- als auch auf EBITDA-Ebene sehr stark verbessern konnten und damit erfreulicherweise am oberen Rand unserer Planung liegen. Diese Entwicklungen sind meiner Meinung nach im Zusammenhang mit unserer sehr fruchtbringenden Partnerschaft mit SAP auch dafür verantwortlich, dass sich unsere Aktie in den letzten Monaten so positiv entwickelt hat.
Apropos SAP: Seit Mitte Juli bietet SAP seinen Kunden eine sogenannte „zentrale Omnichannel Pricing Engine“ an, deren Kern die Pricing Engine der GK Software AG ist. Wer kein Experte für Handelssoftware ist, kann sich darunter nur wenig vorstellen. Könnten Sie uns bitte kurz erläutern, was es damit genau auf sich hat und wo diese Lösung zum Einsatz kommt?
André Hergert: Die Preisberechnung im Handel ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Denn dabei wird nicht nur einfach ein Preis nachgeschlagen und verbucht. Vielmehr wird bei modernen Systemen bei der Registrierung jedes neuen Artikels innerhalb eines Einkaufs geprüft, ob er im Zusammenhang mit den bisher erfassten eine Aktion auslöst. Dabei müssen häufig hunderte Regeln gleichzeitig beachtet werden, die Rabatte oder andere Aktionen auslösen können. Bei konkurrierenden Regeln gilt dann meist das sogenannte Best-Preis-Gebot und Kundenkarten oder Coupons erhöhen die Komplexität weiter. Das alles muss in Bruchteilen einer Sekunde passieren, ohne dass Verkäufer oder Kunde davon etwas mitbekommen. Der Kunde hört nur den Piepton des Scanners und der nächste Artikel wird erfasst. Was wir jetzt für SAP getan haben, ist unsere sehr leistungsfähige und hochskalierbare Preisberechnung als separaten Dienst zur Verfügung zu stellen. Dieser steht zentral in der SAP-Umgebung bereit, um die Preise für Warenkörbe, die an den unterschiedlichsten Stellen – in Filialen, in Webshops oder auf den Handys der Kunden – entstehen, in Echtzeit zu berechnen.
Welche Bedeutung hat diese Integration in das Lösungsangebot von SAP aus strategischer und aus wirtschaftlicher Sicht für GK?
André Hergert: Wir glauben, dass Omni-Channel-Retailing ohne eine zentrale, hochperformante Preisberechnung nicht funktioniert, da Kunden die gleiche Performance, die sie aus dem stationären Geschäft gewohnt sind, in jedem Kanal erwarten. Insofern ist unsere Pricing Engine, die mit unseren Lösungen natürlich nahtlos zusammenarbeitet, ein Kernstück moderner Handelstechnologie. Natürlich erhöhen sich damit gleichzeitig die Vertriebschancen für unsere anderen Lösungen, wenn dieses strategische Feld von SAP und uns besetzt ist und Integrationsaufwände dadurch reduziert werden. Aus einer wirtschaftlichen Sicht ist das Thema natürlich auch nicht uninteressant – der strategische Aspekt, der Durchdringung der IT-Landschaften großer Händler, ist meiner Meinung nach aber der relevantere.
Wer sind Ihre wichtigsten Wettbewerber und wie sieht das Branchenumfeld zurzeit aus?
André Hergert: Unsere Wettbewerbslandschaft ist seit vielen Jahren gewissermaßen zweigeteilt. Wenn wir bei den großen internationalen Händlern anbieten, treffen wir immer wieder auf eine Handvoll von Wettbewerbern, die überhaupt in der Lage sind, solche Projekte zu realisieren. Daneben gibt es in jedem Land meist noch ein bis zwei lokal agierende Anbieter, die meist mit technologisch älteren Lösungen an die jeweiligen Bedingungen gut angepasst und regional hervorragend verankert sind. Die Wettbewerber bei den großen Projekten sind in unterschiedlicher Stärke Oracle, Diebold-Nixdorf, NCR, Fujitsu und Toshiba. Gegenwärtig haben wir hier für GK eine günstige Situation, da der Markt durch Produktabkündigungen, Übernahmen sowie Lösungen, die entweder technologisch nicht state-of-the-art sind, oder aber die Praxistauglichkeit noch nicht erreicht haben, stark verunsichert ist. Demgegenüber können wir in der Allianz mit SAP unseren Kunden eine klare Roadmap für die Zukunft und gleichzeitig das modernste und umfassendste Produkt im Markt anbieten. Das konnten wir bereits im letzten Jahr deutlich unter Beweis stellen und ich gehe davon aus, dass sich dieser Prozess weiter fortsetzen wird.
Das erste Halbjahr 2016 ist mit einem Umsatzwachstum von rund 30 Prozent und einem deutlichen Ergebnissprung erfolgreich verlaufen. Besonders mit dem Abschneiden im zweiten Quartal müssten Sie doch sehr zufrieden sein, oder?
André Hergert: Selbstverständlich bin ich zufrieden. Zum einen konnten wir vier neue Kunden überzeugen, darunter sehr namhafte, international agierende Unternehmen. Das bedeutet, dass wir abweichend von den Vorjahren bereits zum Halbjahr sehr gut Lizenzerlöse vorweisen konnten. Was mich aber mindestens in gleichem Maße freut, ist dass unsere internen Programme zur Effizienz- und Ertragssteigerung zu greifen beginnen. So konnten wir EBIT und EBITDA im Vergleich zum Vorjahr erheblich steigern und unsere Planziele für das erste Halbjahr am oberen Ende erreichen. Dennoch sind wir hier erst auf einem Weg, den wir konsequent weitergehen wollen, da wir unsere Potenziale immer noch nicht vollständig ausschöpfen. Jenseits der Zahlen gab es noch ein weiteres Highlight für mich, und das ist der erste Go-Live unserer neuen Lösung OmniPOS in Irland und Großbritannien. Damit haben wir nur ein halbes Jahr nach der offiziellen Vertriebsfreigabe die Qualität und Zukunftsfähigkeit unseres neuen Flaggschiffes erfolgreich unter Beweis gestellt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 90,45 | 106,15 | 115,45 | 117,56 | 130,85 | 152,05 | 172,50 | |
EBITDA1,2 | 8,77 | 6,83 | 12,26 | 19,08 | 26,79 | 24,76 | 2,76 | |
EBITDA-Marge3 | 9,70 | 6,43 | 10,62 | 16,23 | 20,47 | 16,28 | 1,60 | |
EBIT1,4 | 4,99 | 1,60 | 3,43 | 10,54 | 17,31 | 16,78 | -5,08 | |
EBIT-Marge5 | 5,52 | 1,51 | 2,97 | 8,97 | 13,23 | 11,04 | -2,95 | |
Jahresüberschuss1 | 3,88 | 0,92 | -3,14 | 6,27 | 13,30 | 11,36 | -5,17 | |
Netto-Marge6 | 4,29 | 0,87 | -2,72 | 5,33 | 10,16 | 7,47 | -3,00 | |
Cashflow1,7 | 8,69 | 7,00 | 6,49 | 17,71 | 23,22 | 26,21 | -10,26 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,00 | 0,48 | -1,60 | 3,00 | 5,66 | 4,84 | -2,30 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,04 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Mit Gerry Weber haben Sie mittlerweile auch einen der Kunden genannt. Gerry Weber wird die neue Omni-POS-Lösung in rund 1.000 Filialen einführen. Was überwiegt hier: der kurzfristige wirtschaftliche Nutzen oder der vertriebliche Vorteil durch diesen renommierten Referenzkunden?
André Hergert: Es sind natürlich immer beide Aspekte, die für uns ins Gewicht fallen. Jeder neue Kunde eröffnet uns eine Perspektive für die nächsten acht bis zehn Jahre, da unsere Lösungen mindestens so lange im Einsatz sein werden. Die damit verbundene Erweiterung der installierten Basis unserer Systeme hat positive Effekte auf unsere Wartungseinnahmen und verbreitert so unsere Umsatzbasis. Und das fortwährende Interesse unserer Kunden an Systemanpassungen und -erweiterungen wirkt ebenfalls in die gleiche Richtung. Daneben sind international bekannte Kunden immer auch als Referenz ein Türöffner für weitere Projekte, wie uns die Vergangenheit gezeigt hat. Denn in unserer Branche sind Referenzen aus den unterschiedlichsten Einzelhandelssektoren neben modernsten Technologien immer noch die härteste Währung im Wettbewerb.
Für das dritte und vierte Quartal sind Sie zuversichtlich, dass weitere Projektabschlüsse möglich sind. Welche Ziele haben Sie sich für das zweite Halbjahr gesetzt?
André Hergert: Wir gehen davon aus, dass wir mit den Erfolgen im ersten Halbjahr unser Pulver für 2016 noch lange nicht verschossen haben. In mehreren aktuellen Vertriebssituationen, in denen wir gut aufgestellt sind, erwarten wir noch im zweiten Halbjahr Entscheidungen. Daneben drehen wir weiter nachdrücklich an unseren internen Stellschrauben, um noch effizienter und kostengünstiger unsere Projekte liefern zu können. Insgesamt halten wir deshalb an unserer mittelfristigen Prognose fest, hoffen aber, dass wir uns einigen unserer Ziele bereits früher nähern können, wenn der Geschäftsverlauf weiterhin so erfolgreich ist. Ungeachtet dessen bleibt, gerade auch in Anbetracht der aktuellen Wettbewerbssituation, Wachstum unsere wichtigste Kennziffer, da wir heute den Grundstein für unsere Ergebnisse in den nächsten Jahren legen. Das bedeutet, dass wir weiterhin in unser internationales Geschäft investieren und auf absehbare Zeit auch unseren Personalstamm weiter ausbauen werden.
In den vergangenen Jahren waren die Ergebnisse noch von überdurchschnittlich hohen Zukunftsinvestitionen und dem Mitarbeiteraufbau belastet. Ist nun die Zeit der Ernte gekommen? Wann rechnen Sie mit einer Rückkehr zu einer EBIT-Marge im zweistelligen Bereich?
André Hergert: Das erste Halbjahr 2016 bestätigt uns in unseren Annahmen, dass wir bis 2018 unseren Umsatz auf der Basis des Jahres 2015 – in jenem Jahr erzielten wir etwas über 62 Mio. Euro Umsätze – vereineinhalbfachen können. Dann wollen wir für unser GK/Retail-Kerngeschäft auch wieder bei zweistelligen Margen von 15 Prozent und mehr angekommen sein. Mit den Erfahrungen dieses Jahres halten wir unsere Zielsetzung weiter für realistisch, auch wenn der Weg dahin sicher nicht linear extrapolierbar sein wird.
Bei GK Software gab es zuletzt zwei Nullrunden in Sachen Dividende. Wann können Aktionäre mit einer Wiederaufnahme der Ausschüttung rechnen?
André Hergert: Wie schon gesagt, steht weiterhin Wachstum für uns im Mittelpunkt unserer strategischen Überlegungen für die nächsten Jahre. Dennoch werden wir selbstverständlich dann, wenn wir wieder unsere alte Ertragsstärke erreicht haben, die Aktionäre wie gewohnt am Erfolg der Gesellschaft partizipieren lassen. Allerdings kann ich dafür gegenwärtig noch keinen zeitlichen Horizont benennen.
GK Software ist in Schöneck im sächsischen Vogtlandkreis beheimatet. Wie gelingt es Ihnen dort, qualifiziertes Personal zu gewinnen und dauerhaft zu halten?
André Hergert: Natürlich ist es in unserer Branche eine der wichtigsten Aufgaben, Talente davon zu überzeugen, dass man ein Arbeitgeber ist, für den es sich lohnt zu arbeiten. Und diese Aufgabe haben Unternehmen – also auch GK Software – an jedem geografischen Standort zu lösen. Schöneck ist von einigen sehr guten Hochschul- und Ausbildungsstandorten umgeben, an denen junge Menschen hervorragende Qualifikationen erhalten. Dazu kommt, dass wir mit der Internationalität unserer Projekte, mit den technologisch anspruchsvollen Aufgaben und der Möglichkeit, bei einem führenden Unternehmen der IT-Branche an richtungsweisenden Lösungen mitzuarbeiten, natürlich ein herausforderndes und lohnendes Umfeld bieten. Darüber hinaus versuchen wir unseren Mitarbeitern den Alltag eine kleine Spur leichter zu machen: Wir haben dazu ein Programm, das wir „Active Balance“ nennen, entwickelt. Dieses Programm bietet eine breite Mischung aus sportlichen Aktivitäten und kleinen und größeren Handreichungen, um die Arbeit und das tägliche Leben noch besser vereinbaren zu können. Im Rahmen dieses Programms haben wir unserer jüngstes Projekt entwickelt, die Schaffung eines GK Campus, der neue Möglichkeiten für Active Balance schaffen soll.
Kommen wir abschließend auf den Aktienkurs zurück: Warum sollten sich Anleger trotz der starken Kursentwicklung der letzten Monate jetzt noch bei GK engagieren?
André Hergert: Als CFO habe ich es immer vermieden, Kaufempfehlungen für unsere Aktie auszusprechen. Denn ich bin der Meinung, dass noch vor der Fantasie vor allem die Unternehmensentwicklung und die Zahlen für sich sprechen müssen. Hier sind wir weiterhin auf einem sehr guten Weg und haben für die nächsten Jahre noch viel vor. Wenn wir als Gesellschaft transparent agieren sowie die entsprechenden Ergebnisse liefern und die Aktionäre das dann goutieren, freut mich das natürlich sehr.
André Hergert arbeitete nach dem Studium der Betriebswirtschaft und der Politikwissenschaft an der Universität Lüneburg und der Loughborough University seit 1991 als Accounting Manager und Director Finance in verschiedenen Unternehmen der Finanz- und IT-Branche. Ab 2006 war er Partner einer Unternehmensberatung mit dem Fokus Mergers & Acquisitions Consulting, Strategieberatung und Entwicklung des internen und externen Berichtwesens. Seit 2008 ist André Hergert in der Rolle des CFO Mitglied des Vorstands der GK Software AG.