Viel mehr GFT Technologies innerhalb von 30 Minuten, als bei der Präsentation von CFO Jochen Ruetz auf der digitalen Smallcap-Konferenz von mwb Research am 9. April 2024 geht wohl nicht. Auch wenn der Aktienkurs des auf den Finanzsektor spezialisierten IT-Dienstleisters und Softwareentwicklers seit einigen Monaten ungewöhnlich volatil daherkommt und keinen klaren Trend ausbildet, operativ ist die Wachstumsstory intakt. Mit der kürzlich umgesetzten Großübernahme von Sophos Solutions aus Kolumbien hat GFT einen wichtigen Schritt nach vorn getan, selbst wenn die Transaktion zunächst einmal auf die Rentabilität drückt und das Ergebnis vor Steuern 2024 vermutlich nur um rund 6 Prozent auf 72 Mio. Euro vorankommen wird – also mit deutlich weniger Tempo als das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), was um etwa 15 Prozent auf 85 Mio. Euro wachsen soll. Für den ohnehin sehr international ausgerichteten GFT-Konzern ist Sophos jedenfalls eine wichtige Komponente in der Wachstumsstrategie. „Hier sehen wir jede Menge Wachstumspotenzial abseits des kolumbianischen Heimatmarkts“, sagt Ruetz.
Traditionell finanzieren die Stuttgarter ihre Zukäufe maßgeblich via Bankkredite, die wiederum aus dem Cashflow abgelöst werden. Verwässernde Kapitalerhöhungen sind eher nicht so das Ding von GFT, entsprechend ist die Zahl der umlaufenden Aktien seit einer halben Ewigkeit stabil bei 26.325.946 Stück. Mit deutlich mehr Veränderungen ist das Unternehmen auf technologischer Seite konfrontiert, da sind die jüngsten Wellen um die Installation von Cloud-Infrastrukturen sowie das zurzeit dominierende Thema KI (Künstliche Intelligenz) nur exemplarisch zu sehen, zumal mit digitalen Währungen bereits der nächste große Express auf die Zentral- und Geschäftsbanken zurollt. Als Gründungsmitglied des globalen Netzwerks UDPN ist GFT mit im Boot, wenn darum geht, digitale Währungen künftig schnell und günstig auch über Staatsgrenzen und Währungsräume hinaus zu transferieren. Vergleichbar ist das System mit den Infrastrukturlösungen von SWIFT zum standardisierten Austausch von Informationen zu Finanztransaktionen. Noch ist das zu einem wesentlichen Teil Zukunftsmusik, vor 2026/27 ist hier kaum mit markanten Beiträgen zu rechnen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 418,81 | 412,83 | 428,98 | 444,85 | 566,19 | 730,14 | 801,74 | |
EBITDA1,2 | 32,32 | 37,52 | 44,89 | 39,70 | 60,75 | 86,04 | 89,76 | |
EBITDA-Marge3 | 7,72 | 9,09 | 10,46 | 8,92 | 10,73 | 11,78 | 11,20 | |
EBIT1,4 | 19,80 | 24,80 | 21,33 | 16,33 | 40,92 | 65,55 | 68,40 | |
EBIT-Marge5 | 4,73 | 6,01 | 4,97 | 3,67 | 7,23 | 8,98 | 8,53 | |
Jahresüberschuss1 | 17,81 | 19,98 | 13,66 | 9,94 | 29,89 | 46,25 | 48,36 | |
Netto-Marge6 | 4,25 | 4,84 | 3,18 | 2,23 | 5,28 | 6,33 | 6,03 | |
Cashflow1,7 | 23,70 | 44,83 | 36,18 | 60,25 | 52,99 | 57,49 | 40,44 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,68 | 0,76 | 0,52 | 0,38 | 1,14 | 1,76 | 1,84 | |
Dividende8 | 0,30 | 0,30 | 0,20 | 0,20 | 0,35 | 0,45 | 0,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Als relevante Wettbewerber stuft Finanzvorstand Jochen Ruetz im klassischen Geschäft Beratungsunternehmen wie Accenture, Capgemini oder auch Reply ein. Hinzu kommt lokale Konkurrenz in Märkten wie Indien sowie Osteuropa. Grundsätzlich hat es GFT also mit mächtigen Marktbegleitern zu tun, doch das birgt eben auch Chancen. So betont Ruetz, dass das SDAX-Unternehmen groß genug ist, um verlässlich zu liefern, aber eben auch genügend Flexibilität besitzt, um den nötigen individuellen Kümmerfaktor mitzubrigen. Als ein eher temporäres Phänomen aufgrund der unsicheren geopolitischen Lage stuft der Finanzvorstand derweil den Umstand ein, dass die IT-Budgets der großen Banken momentan in der Regel nicht 1:1 mit ihren an sich recht guten operativen Ergebnissen Schritt halten. Entsprechend wird es auch 2024 so sein, dass das zweite Halbjahr bei GFT deutlich mehr zum Gesamtgewinn beitragen wird als die ersten sechs Monate.
Der anstehende Wechsel auf CEO-Ebene – die bisherige Vorstandsvorsitzende Marika Lulay hört Ende des Jahres auf, neuer CEO wird der bereits seit 2011 in Führungspositionen bei GFT tätige Marco Santos – dürfte dagegen keine grundlegenden strategische Änderungen mit sich bringen. „Eher Evolution, keine Revolution“, fasst Jochen Ruetz, der ab Anfang 2025 zusätzlich die Rolle eines Co-CEO bekleiden wird , die Personalien zusammen. Die jüngsten Kursziele der Analysten bewegen sich in einer Bandbreite von 36 bis 47 Euro, was bei einem aktuellen Kurs von knapp 30 Euro noch ausreichend Luft nach oben lässt. Für Anleger, denen eine Dividende wichtig ist: Ja, GFT schüttet regelmäßig einen Teil des Gewinns aus. Zu Hauptversammlung (HV) am 20. Juni 2024 steht eine um 0,05 auf 0,50 Euro je Aktie heraufgesetzte Dividende auf der Tagesordnung, was für eine Rendite von immerhin knapp 1,7 Prozent reicht. Zeit also, dass der Aktienkurs nachhaltig den Dreh nach oben kriegt.
Foto: Unsplash+
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