Der erste Schritt ist schon mal gemacht. Von seinen Tiefständen bei gut 2,20 Euro hat sich der Aktienkurs der German Startups Group (GSG) zuletzt entfernen können und nähert sich vorsichtig dem vor gut einem Jahr geforderten Emissionskurs von 2,50 Euro.Aber keine Frage: Von dieser Aktie hatten sich die Investoren viel mehr versprochen. Und auch CEO Christoph Gerlinger macht bei seiner Präsentation auf dem Deutschen Eigenkapitalforum keinen Hehl daraus, dass er mit dem Kursverlauf überhaupt nicht zufrieden ist. Dabei entwickeln sich die Rahmenbedingungen für den Venture-Capital-Spezialisten (VC) eigentlich perfekt: „Wir haben gerade einen regelrechten Gründerboom in Deutschland“, sagt Gerlinger. Woran hapert es also bei der GSG-Aktie? In Finanzkreisen werden häufig die wenig erbaulichen Nachrichten von Rocket Internet als Kursbremse genannt. Zudem waberten immer wieder Gerüchte um eine mögliche Kapitalerhöhung, um Geld für neue Investments einzusammeln.
Schlagende Argumente sind das jedoch nicht wirklich. Letztlich liegt es beinahe in der DNA eines Unternehmen wie der German Startups Group, dass das Portfoliowachstum auch via Barkapitalerhöhungen erfolgt. Mit aus diesem Grund gehen Firmen wie die Berliner ja überhaupt erst an die Börse. Schließlich würde auch niemand ein Biotechunternehmen verteufeln, weil es Geld für neue Forschungen braucht. Und in Sachen Rocket Internet sind nur dann Rückschlüsse sinnvoll, wenn es bei GSG ebenfalls erhebliche Abschreibungen auf Portfoliomitglieder geben würde. Aber selbst hier kommt es auf das Gesamtergebnis an: Letztlich gehört es beinahe zum Wesen eines VC-Unternehmens, dass nicht alle Geschäftsmodelle die erhoffte Entwicklung nehmen. Schlimm wäre es nur, wenn der gesamte Markt – etwa wie beim Platzen der New-Economy-Blase 2000 – kollabieren würde. Aber danach sieht gerade nun überhaupt nicht aus. „Wir haben ein tolles Portfolio mit tollen Unternehmen“, ruft Gerlinger den Investoren und Analysten auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt zu.
Zumindest mit Blick auf die Performance der Auden-Aktie – die ebenfalls in Berlin ansässige Beteiligungsgesellschaft (ehemals Kilian Kerner) geht kursmäßig seit Monaten durch die Decke – oder auch dem Anteilschein der FinLab AG, könnte der Anfangsverdacht besteht, dass Gerlinger und sein Team womöglich zu viele Mini-Engagements im Portfolio haben, statt wie Auden oder der FinTech-Spezialist FinLab auf wenige Unternehmen, dafür aber mit signifikanter Beteiligungshöhe zu setzen. Die Argumentation dahinter: Kaum ein Investor sei bereit, für die Coverage eines Unternehmens mit selbst gerade einmal 29 Mio. Euro Börsenwert, ein Depot von fast 50 Firmen (wovon allerdings die Hälfte für rund 90 Prozent des Portfoliowerts verantwortlich ist) regelmäßig zu verfolgen. Nach Auffassung von boersengefluester.de ist das zwar ein nachvollziehbarer Punkt, entscheidender ist vermutlich jedoch, dass die Börsianer zurzeit nicht ausschließlich auf Neuengagements schielen, sondern auch Beteiligungsverkäufe sehen wollen. Und hier dürfte das kommende Jahr der German Startups Group in die Karten spielen. „Wir rechnen fest damit, dass 2017 eine ganze Reihe von Exits stattfinden werden“, sagt Gerlinger.
Am wichtigsten für die Berliner dürfte das zu erwartende IPO des Lieferdienstes Delivery Hero werden. Zudem will der Streamingdienst Spotify dem Vernehmen nach die im GSG-Portfolio befindliche Soundcloud übernehmen. Getuschelt wird zudem regelmäßig über die Zukunft des Online-Brillenhändlers Mister Spex. Sollte es hier zu einem Börsengang oder einer Übernahme (etwa durch Fielmann) kommen, wäre das ein enormer Schub für die German Startups Group. Sukzessive ausgebaut hat CEO Gerlinger zudem die Position bei dem Online-Auktionshaus Auctionata. Und dann steht auch noch das Listing des Social-Trading-Anbieters und CFD-Brokers ayondo auf der Agenda. „Die Gruppe befindet sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einem SGX-gelisteten Unternehmen für eine Reverse Takeover Transaktion. Dies könnte ayondo zum ersten FinTech Unternehmen mit Listing an der Singapore Exchange (SGX) machen und zu einer Verlagerung des Firmensitzes in Asiens FinTech Hub führen“ , hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung von ayondo anlässlich der Übernahme der in Singapur ansässigen Marke TradeHero – einer Trading-Simulations-App für Investoren. „Die Marke TradeHero ist in Asien fest etabliert und stellt eine ideale Ergänzung unseres Produktangebots dar“, sagt ayondo-CEO Robert Lempka. Gut sieben Monate nach der erstmaligen Ankündigung eines Notizaufnahme in Singapore kommt nun also weitere Bewegung in den Prozess. Nach aktuellen Angaben hält die German Startups Group 0,57 Prozent an ayondo.
Abzuwarten bleibt demgegenüber, ob die geplante Reformierung des Entry Standards durch die Deutsche Börse AG der GSG-Aktie Rückenwind verleihen wird. „Uns gefällt besonders die nun geplante Bereitstellung von Research für die Emittenten, da es sich für Analysten wirtschaftlich nicht lohnt, kleine Werte zu covern, sodass diese Research Coverage bisher oft nur gegen Honorar erhalten konnten, was das Ergebnis des Research vorhersehbar macht und damit seine Glaubwürdigkeit verringert“, sagt Gerlinger. Zudem hat der gebürtige Frankfurter die Hoffnung, dass das neue Börsensegment auch zu mehr Börsengängen – sprich Exits – führt. Demnach würde GSG gleich im Doppelpack von den Vorhaben des DAX-Konzerns profitieren.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 9,61 | 12,53 | 16,45 | 0,13 | 11,10 | 13,32 | 4,79 | |
EBITDA1,2 | 2,70 | 2,34 | 4,84 | -1,12 | 6,79 | 2,61 | -7,67 | |
EBITDA-Marge3 | 28,10 | 18,68 | 29,42 | -861,54 | 61,17 | 19,59 | -160,13 | |
EBIT1,4 | 2,27 | 1,72 | 4,19 | -1,12 | 5,61 | -5,31 | -82,49 | |
EBIT-Marge5 | 23,62 | 13,73 | 25,47 | -861,54 | 50,54 | -39,87 | -1.722,13 | |
Jahresüberschuss1 | 1,68 | -0,68 | 3,42 | -0,74 | 14,08 | 6,85 | -81,51 | |
Netto-Marge6 | 17,48 | -5,43 | 20,79 | -569,23 | 126,85 | 51,43 | -1.701,67 | |
Cashflow1,7 | -2,00 | -1,60 | 0,88 | -1,75 | -5,83 | 10,76 | -2,68 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | -0,05 | 0,26 | -0,05 | 0,28 | 0,16 | -1,76 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,02 | 0,02 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Forvis Mazars |
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