Venture Capital (VC) hat einen schweren Stand auf dem heimischen Kurszettel. Der Aktienkurs der DEWB (Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft) aus Jena schwankt enorm – kommt per saldo aber kaum vom Fleck. Mittlerweile notiert der auf die Bereiche Photonik und Sensorik spezialisierte VC-Investor sogar wieder unter Buchwert. Dabei geben die Analysten Kursziele aus, die mehr als doppelt so hoch sind – trotzdem zeigt sich die Börse unbeeindruckt. Die Berliner Gesellschaft bmp hat, um bei den Investoren besser zu punkten, ihre Ausrichtung seit dem Börsengang im Jahr 1999 gleich mehrfach geändert – hat letztlich alles nichts genutzt. Mittlerweile fokussiert sich bmp als E-Commerce-Unternehmen auf das Thema Matratzen/Schlafen und trennt sich von ihren ganzen „Wohlfühlbeteiligungen”, wie bmp-Vorstand Oliver Borrmann sein Medienportfolio bei einem Treffen mit boersengefluester.de einmal nannte. Immerhin: Zuletzt konnte die bmp-Aktie deutlich an Terrain gewinnen. Die zahlreichen Gespräche von Borrmann auf dem Frankfurter Eigenkapitalforum haben also gewirkt. Zudem trägt der Konzernumbau allmählich eine deutliche Handschrift. Anfang November stieg bmp mit 60 Prozent bei der hessischen Matratzen Union ein. Die mic AG macht zwischenzeitlich zwar immer wieder auf sich aufmerksam. Ein gutes Investment war das Papier der Münchner bislang aber auch nicht. Die meisten Aktionäre werden weit hinten liegen. Die Pioniere von GUB aus Schwäbisch Hall sind zwar noch schwer aktiv – aber längst nicht mehr in der früheren Form an der Börse. Immerhin: Mit Rocket Internet betrat im Oktober 2014 ein Wachstumsfinanzierer neuer Prägung den Kapitalmarkt. Doch Rocket brachte den Investoren bislang ebenfalls kein Glück. Die Marktkapitalisierung von 4,64 Mrd. Euro entspricht zwar ungefähr dem Börsenwert von K+S – ist also durchaus beachtlich. Erstzeichner sitzen gegenwärtig aber auf Verlusten von rund einem Drittel. Im Tief waren es sogar schon 50 Prozent. Für risikobereite Anleger bietet der Titel auf dem aktuelle Niveau passable Chancen.
Und auch der – zwischenzeitlich sogar abgeblasene – Börsengang der German Startups Group (GSG) am 11. November 2015 war ein Kraftakt. Dabei kennt Vorstandschef und Großaktionär Christoph Gerlinger die Befindlichkeiten der Börsianer, schließlich saß der umtriebige Manager bereits bei cdv Software, Frogster Interactive und der Berliner Synchron (mittlerweile als Cinemedia firmierend) auf dem Fahrersitz. Das Gehangel beim IPO von GSG hat trotzdem Spuren bei Gerlinger hinterlassen. „Fragen Sie mich bitte nicht, was ich von Emissionsbanken halte”, sagte er bei seiner durchaus sehenswerten Präsentation auf der Kapitalmarktkonferenz von Egbert Prior in Frankfurt-Egelsbach. Dabei kann sich die Performance der GSG-Aktie bislang sehen lassen. Ausgabepreis: 2,50 Euro. Erster Kurs: 2,85 Euro. Bisheriges Hoch: 4,10 Euro. Aktuelle Notiz: 3,28 Euro. Damit bringt es die natürlich in Berlin ansässige Gesellschaft auf eine Marktkapitalisierung von 36,5 Mio. Euro. „Wir bauen eine Brücke zwischen dem VC-Markt und dem Anleger”, beschreibt Gerlinger den Grundgedanken von GSG. Schließlich hat kaum ein Privatinvestor Zugang zu den Finanzierungsrunden der Gipfelstürmer aus der neuen Ökonomie. Wesentlich beteiligt ist GSG, das Unternehmen bezeichnet sich als „zweitaktivsten Fintech-Investor in Deutschland” – zurzeit an mehr als 20 Unternehmen. Am bekanntesten ist vermutlich das Engagement von 0,06 Prozent an dem Fast-Food-Lieferdienstportal Delivery Heroe (Lieferheld.de, pizza.de). An der Musikplattform SoundCloud hält GSG 0,20 Prozent. Was kaum jemand weiß: Sogar bei der als CFD-Broker und Social-Trading-Plattform aktiven ayondo Holding ist GSG mit 0,57 Prozent im Boot. Von dem Online-Optiker Mr. Spex sind GSG 0,66 Prozent zuzurechnen. An der Münchner ePetWorld hält GSG laut Wertpapierprospekt 1,28 Prozent. Nebenwertefans kennen den Betreiber der Portale hundeland.de und katzenland.de auch aus dem Beteiligungsportfolio der Frankfurter Heliad Equity Partners. Interessante Querverbindung: Zu den wichtigsten Engagements von Heliad zählt die FinTech Group mit gut 18 Prozent. Aufsichtsratsvorsitzender der FinTech Group ist wiederum der ehemalige Credit Suisse-Banker Martin Korbmacher. Die Szene ist überschaubar. Auch bei GSG gehört Korbmacher zum Kontrollgremium – als stellvertretender Vorsitzender.
Verlernt hat Gerlinger die Mechanismen der Börse nicht. Auf der Prior-Konferenz ruft er den Investoren zu: „Bis Anfang kommenden Jahres haben wir noch ein paar spannende Transaktionen, die uns helfen, die GSG-Aktie noch attraktiver zu machen.” Details nennt er freilich noch nicht. Boersengefluester.de wird genau verfolgen, ob der Titel tatsächlich eine nachhaltig gute Figur an der Börse macht. Auf der Aktivseite steht, dass die Bewertung von attraktiven Start-ups momentan schnell in astronomische Höhen schießen kann. Und wenn GSG hier einen Treffer landet, wird sich das auch im Aktienkurs niederschlagen. Andererseits wird auch die GSG damit zu kämpfen haben, dass sich kaum ein Investor die Mühe machen will, regelmäßig Updates zu allen Portfoliotiteln des Unternehmens abzufragen. Gemessen am doch recht überschaubaren Börsenwert von GSG lohnt sich der damit verbundene Aufwand für Profianleger häufig nicht. Selbst die deutlich größere Internet-Beteiligungsgesellschaft Tomorrow Focus musste das resigniert einsehen und hat schließlich ihr Geschäftsmodell auf den Reisebereich fokussiert. Zudem scheint der Exit nicht immer so einfach wie vermutet. bmp aus Berlin müht sich jedenfalls schon eine ganze Weile, den Bestand aufzulösen. Und so bleibt auch die im Entry Standard gelistete GSG-Aktie ein heißes Eisen. Immerhin: Gerlinger steht für einen gewissen Track Record an der Börse. Wer an die Story glaubt, kann also zugreifen. Konservative Investoren werden vermutlich ohnehin einen Bogen um Aktien wie GSG machen.
Foto: German Startups Group AG (Bürogebäude in Berlin)