Value-Fans bekommen bei der Funkwerk-Aktie im Normalfall leuchtende Augen. Das in den Bereichen Funksysteme für den Bahnverkehr, Infoanzeigen in Bahnhöfen, Videoüberwachungsanlagen sowie technische Dienstleistungen tätige Unternehmen liefert regelmäßig mehr als prognostiziert, verfügt über eine stabile Bilanz mit viel Eigenkapital sowie eine stattlichen Netto-Liquidität. Und selbst wenn Funkwerk die Dividende zur Hauptversammlung am 2. Juli 2024 de facto auf 0,75 Euro je Aktie halbiert – die für 2022 gezahlte Sonderdividende von 1,00 Euro fällt weg –, bietet der Titel für ausschüttungsorientierte Anleger noch immer eine attraktive Dividendenrendite von rund 3,5 Prozent. Fakt ist allerdings auch, dass der Aktienkurs von Funkwerk seit Monaten per saldo seitwärts zieht – und das ungefähr auf dem Niveau von April 2021.
Dabei sah es im Frühjahr 2022 noch so aus, als wenn die Notiz ihr All-Time-High bei 43,50 Euro vom Mai 2001 in Angriff nehmen würde. Letztlich gingen die Anleger jedoch wieder in Deckung, da ein Teil des Erfolgs durch Sonderkonjunkturen wie etwa das Förderprojekt des Bundes zur Verbesserung des Mobilfunk-Empfangs entlang des Schienennetzes der Bahn getragen wurde. Einer der wesentlichen aktuellen Treiber ist derweil die geplante Technologieumstellung auf den neuen Zugfunkstandard FRMCS mit 5G-Power, der die bisherige GSM-R-Technologie ablösen wird. Auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz macht CEO Kerstin Schreiber bei ihrer Präsentation am 25. April 2024 jedoch sehr deutlich, dass es sich nicht um schnelles Geschäft handelt: „Das wird ein Projekt von Dekaden. Da sehen wir aus heutiger Sicht keine Hypes im Umsatz.“ Soll heißen: Es wird in den kommenden Jahren regelmäßig robusten Zugfunk-Umsatz durch FRMCS geben, allerdings fällt im Gegenzug Altgeschäft mit GSM-R weg.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 77,60 | 82,66 | 94,85 | 98,76 | 122,49 | 132,08 | 156,25 | |
EBITDA1,2 | 9,70 | 12,97 | 17,88 | 22,71 | 36,79 | 30,64 | 31,41 | |
EBITDA-Marge3 | 12,50 | 15,69 | 18,85 | 23,00 | 30,04 | 23,20 | 20,10 | |
EBIT1,4 | 7,16 | 11,42 | 16,26 | 20,37 | 35,01 | 28,29 | 26,80 | |
EBIT-Marge5 | 9,23 | 13,82 | 17,14 | 20,63 | 28,58 | 21,42 | 17,15 | |
Jahresüberschuss1 | 4,39 | 7,44 | 8,21 | 13,56 | 23,78 | 19,54 | 17,95 | |
Netto-Marge6 | 5,66 | 9,00 | 8,66 | 13,73 | 19,41 | 14,79 | 11,49 | |
Cashflow1,7 | 7,99 | 14,92 | 19,67 | 22,00 | 26,47 | 8,40 | 15,58 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,54 | 0,92 | 1,01 | 1,68 | 2,95 | 2,42 | 2,14 | |
Dividende8 | 0,25 | 0,30 | 0,30 | 0,30 | 1,00 | 1,50 | 0,75 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Spannend derweil die Entwicklung im bislang kleinsten Bereich Sicherheitslösungen, wo sich Funkwerk von der bisherigen Rolle als Spezialist für Videoüberwachungsanlagen hin zu einem Integrator für Sicherheitstechnik entwickeln will. „Wir beschäftigen uns hier sehr intensiv mit den sich bietenden Chancen und sind auch gewillt, anorganisch zu wachsen“, sagt Schreiber. Der Konzernausblick für 2024 sieht mit Erlösen zwischen 158 und 165 Mio. Euro sowie einem Betriebsergebnis in einer Spanne von 18 bis 20 Mio. Euro nicht übermäßig prickelnd aus, zumal das Unternehmen aus Kölleda für 2023 auf ein EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von 26,80 Mio. Euro gekommen ist. Für langjährige Firmenkenner dürfte jedoch klar sein, dass die EBIT-Vorschau auch diesmal sehr tiefgelegt ist und man wohl ein paar Millionen draufsatteln kann. Boersengefluester.de rechnet derzeit mit einem EBIT von gut 24 Mio. Euro 2024 – was freilich immer noch unter dem Niveau von 2023 liegt.
Gestaltungsspielraum liefert bei Funkwerk klassisch der Posten Rückstellungen. In den Bereich fallen unter anderem die Puffer für Projektrisiken oder auch juristische Auseinandersetzungen. 2023 wirkte der Saldo auf Zuführungen und Auflösungen von derartigen Rückstellungen positiv aufs Ergebnis. Valide prognostizieren lässt sich die Entwicklung freilich nicht. Für Anleger, die genauer hinschauen, ist dieser Part aber ein nützlicher Indikator bei der Beurteilung der Ergebnisqualität. Losgelöst davon: Boersengefluester.de rechnet für 2024 mit einem EBITDA von etwas mehr als 29 Mio. Euro. Das korrespondiert mit einer Marktkapitalisierung von zurzeit gut 174 Mio. Euro – unter Berücksichtigung der Netto-Liquidität reduziert sich der Unternehmenswert (Enterprise Value) sehr deutlich auf rund 140 Mio. Euro. Das ergibt ein Multiple von EV zu EBITDA von weniger als 4,8 für 2024. Mit Blick in den 2023er-Rückspiegel beträgt der Faktor sogar nur knapp 4,5.
Für ein Unternehmen mit EBITDA-Margen von um die 20 Prozent ist das ein Witz. Summa summarum wird es also Zeit, dass die Value-Perle Funkwerk auch im Chart mal wieder für längere Zeit ihre Muskeln zeigt. Das Interesse an der Aktie ist da. Jedenfalls war der Vortragsraum auf der MKK bei der Präsentation von Kerstin Schreiber wieder einmal ordentlich gefüllt. Der guten Ordnung halber noch die Info zur Aktionärsstruktur: Knapp 78 Prozent der Anteile hält Hörmann Industries, der Rest befindet sich im Streubesitz. Grundsätzlich fällt das im Münchner Spezialsegment m:access gelistete Unternehmen damit in die Kategorie der potenziellen Delisting-Kandidaten, zumal es vor vielen Jahren diesbezüglich bereits einen Vorstoß gab. Längst ist aber Ruhe im Karton, selbst wenn die besondere Rolle der Familie regelmäßig betont wird.
Fotio: Unsplash+
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