Auch wenn die Umstände der plötzlichen Pleite von Euromicron ziemlich obskur waren: Für Funkwerk hätte das Engagement bei dem Netzwerktechnikspezialisten blöder nicht laufen können. Umso bemerkenswerter findet boersengefluester.de, mit welch guten Zahlen Funkwerk das vergangene Geschäftsjahr doch noch abgeschlossen hat. Dabei schlug die Komplettabschreibung auf das gut 15 Prozent ausmachende Euromicron-Paket mit knapp 5,83 Mio. Euro ins Kontor, ausgewiesen im Finanzergebnis. So fiel das Ergebnis vor Steuern bei Umsätzen von 94,85 Mio. Euro um gerade einmal 9,4 Prozent auf 9,63 Mio. Euro zurück. Angesichts einer im Vergleich zu 2018 deutlich vorteilhafteren Steuerquote legte der Überschuss unterm Strich sogar um etwas mehr als zehn Prozent auf 8,21 Mio. Euro zu. Die wieder mal viel zu konservativ angesetzte Prognose von zuletzt mindestens 11 Mio. Euro für das Betriebsergebnis hat Funkwerk mit 16,27 Mio. Euro meilenweit getoppt.
Per saldo hat Vorstand Kerstin Schreiber also auch im vergangenen Jahr deutlich mehr geliefert als versprochen. An die große Glocke hängt das am Firmensitz in Kölleda (Thüringen) freilich niemand. Seit nunmehr sechs Jahren kommt der Geschäftsbericht von Funkwerk mit weniger als 50 Seiten aus und beschränkt sich auf das Mindestmaß an Informationen. Geschuldet ist das in erster Linie der Eigentümerstruktur: Hörmann Industries hält fast 78 Prozent der Aktien und hat vor einigen Jahren sogar schon einmal das Thema Delisting angerissen. Passiert ist in diese Richtung zum Glück nichts, denn das auf die Bereiche Zugfunk, Fahrgastinformationen und Videosysteme spezialisierte Unternehmen hat 2013 einen blitzsauberen Turnaround hingelegt und steigert seitdem mit der Präzision eines Uhrwerks seine Ergebnisse. Das wiederum spiegelt sich entsprechend auch im Chart wider. In den vergangenen viert Jahren ist der Kurs von rund 3,50 Euro auf in der Spitze fast 20 Euro geklettert. Aktuelle Notiz: 17 Euro. Beim allgemeinen Ausverkauf im März 2020 waren es allerdings auch schon einmal weniger als 12 Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 77,60 | 82,66 | 94,85 | 98,76 | 122,49 | 132,08 | 156,25 | |
EBITDA1,2 | 9,70 | 12,97 | 17,88 | 22,71 | 36,79 | 30,64 | 31,41 | |
EBITDA-Marge3 | 12,50 | 15,69 | 18,85 | 23,00 | 30,04 | 23,20 | 20,10 | |
EBIT1,4 | 7,16 | 11,42 | 16,26 | 20,37 | 35,01 | 28,29 | 26,80 | |
EBIT-Marge5 | 9,23 | 13,82 | 17,14 | 20,63 | 28,58 | 21,42 | 17,15 | |
Jahresüberschuss1 | 4,39 | 7,44 | 8,21 | 13,56 | 23,78 | 19,54 | 17,95 | |
Netto-Marge6 | 5,66 | 9,00 | 8,66 | 13,73 | 19,41 | 14,79 | 11,49 | |
Cashflow1,7 | 7,99 | 14,92 | 19,67 | 22,00 | 26,47 | 8,40 | 15,58 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,54 | 0,92 | 1,01 | 1,68 | 2,95 | 2,42 | 2,14 | |
Dividende8 | 0,25 | 0,30 | 0,30 | 0,30 | 1,00 | 1,50 | 0,75 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Wie sehen die weiteren Perspektiven aus? Die allgemeine Lage des Konzerns beurteilt Kerstin Schreiber im jetzt vorgelegten Geschäftsbericht neuerdings als „sehr gut“, was insofern bemerkenswert ist, weil in den Jahresreports 2016 bis 2018 lediglich von einer „positiven“ Lage die Rede war. Nun: Das Unternehmen verfügt über einen historische hohen Auftragsbestand von 76 Mio. Euro, agiert frei von Bankverbindlichkeiten und kommt auf eine Eigenkapitalquote von fast 47 Prozent. Forschungs- und Entwicklungskosten werden nicht aktiviert, sondern laufen direkt in die Gewinn- und Verlustrechnung. Konservative Bilanzleser sind also entzückt. Auf eine konkrete Prognose für das laufende Jahr verzichtet Kerstin Schreiber angesichts der Unsicherheiten durch Corona vorsichtshalber dennoch. Ursprünglich sollten sich die Umsätze „etwa auf dem Niveau von 2019 stabilisieren“ – bei einem „deutlich positiven Betriebsergebnis“.
Unterstellt man einfach mal, dass sich die möglichen Rückschläge für Funkwerk in Grenzen halten und die Gesellschaft für 2020 auf ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 16,70 Mio. Euro (Vorjahr: 17,88 Mio. Euro) kommt, würde der Spezialwert unter Berücksichtigung der Netto-Liquidität gerade einmal mit dem Sechsfachen des EBITDA gehandelt – und das bei operativen Margen nördlich von 20 Prozent. Boersengefluester.de bleibt dabei: Die Funkwerk-Aktie ist noch längst nicht ausgereizt und bleibt gerade für Langfristanleger eine super Depotbeimischung. Last but not least: Die Dividenden für 2019 bleibt bei 0,30 Euro je Aktie, was den Titel auf eine Rendite von knapp 1,8 Prozent hievt. Das reicht jetzt nicht für die Hitlisten, ist aber auch nicht ganz verkehrt.
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