Kurstechnisch geht bei Friwo sowieso die Post ab. Nun kommt auch Schwung auf die Erlösdynamik. So hat der Anbieter von Ladegeräten sein bisheriges – mit Vorlage des Halbjahresberichts zuletzt heraufgesetztes – Umsatzziel für 2022 mit einer Größenordnung von „mindestens“ 170 Mio. Euro nun erstmals konkret beziffert. Bislang avisierte der Vorstandsvorsitzende Rolf Schwirz ein Wachstum im mittleren zweistelligen Prozent-Bereich gegenüber dem Vorjahreswert von etwas mehr als 100 Mio. Euro. So gesehen liegt die neue Messlatte um mindestens 20 Mio. Euro höher als bislang. Wesentlicher Treiber bei Friwo bleibt das Geschäft mit Lösungen für den Bereich E-Mobilität, aber auch im klassischen Bereich mit Ladegeräten und Netzteilen läuft es zunehmend bessert. Der Umsatz von 58,6 Mio. Euro im dritten Quartal 2022 ist jedenfalls eine angenehme Überraschung. Der für die neue Prognose noch fehlende Umsatz von Untergrenze 38 Mio. Euro für das Abschlussquartal sieht vor diesem Hintergrund jedenfalls gut erreichbar aus.
Bemerkenswert ist insbesondere die Aussage im Zwischenbericht, wonach im dritten Quartal „erste Tendenzen für eine Entspannung der Lieferengpässe und Logistikprobleme“ zu spüren waren. Das wirkt sich bei dem zuletzt mehrfach von boersengefluester.de vorstellten Unternehmen (HIER) unmittelbar positiv auf der Ertragsseite aus. So gelang Friwo im dritten Quartal ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von plus 2,8 Mio. Euro – nach minus 2,1 Mio. Euro im vergleichbaren Zeitraum 2021. Gleichwohl passt CEO Rolf Schwirz seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr nicht an und bleibt es bei der bisherigen Aussage, wonach mit einem „leicht positiven“ EBIT zu rechnen sei. Insbesondere die hohen Energiepreise sowie die Corona geschuldeten Unsicherheiten bleiben eine Last.
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Trotzdem: Mit einem EBIT von 2,9 Mio. Euro nach neun Monaten 2022 hat sich die Ausgangslage auf jeden Fall spürbar verbessert. Angesichts eines knapp unter All-Time-High befindlichen Börsenwerts von 402 Mio. Euro kann dieses Ergebnisniveau aber ohnehin nur eine Zwischenetappe sein. Die Musik auf Investorensicht spielt klar in Indien, wo das Unternehmen aus Ostbevern über ein nun auch offiziell gestartetes Joint-venture mit der Uno Minda-Gruppe Antriebssysteme für elektrische Zwei- und Dreiräder verkaufen will. Der Vertrag sieht Lizenzeinnahmen in Höhe von 4 Prozent des Umsatzes plus eine Gewinnbeteiligung von 49,9 Prozent – entsprechend der Gewichte innerhalb des Joint-ventures – vor. Das Marktpotenzial ist gewaltig, trotzdem ist es zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation, wie viel am Ende tatsächlich hängen bleiben könnte. Friwo selbst spricht nur davon, dass nach Bewältigung der Anlaufkosten für 2023 perspektivisch ein „substanziellen Teil“ des Friwo-Gewinns aus der Kooperation mit Uno Minda stammen wird.
Nun: Von Analysten wird die Aktie derzeit nicht gecovert, so dass es auch von dieser Seite keinen Schätzungen gibt. Immerhin hat boersengefluester.de aber das Gefühl, dass sich Friwo zunehmend auch für klassische Investor Relations-Themen öffnet, selbst wenn die Beteiligungsgesellschaft VTC aus München mittlerweile 81,59 Prozent der Stimmen hält und damit der dominierende Großaktionär ist. Für Friwo war diese Konstellation schon allein deshalb enorm wichtig, da VTC auch ein maßgeblicher Finanzierungspartner ist. Mit Blick nach vorn sind diesbezüglich für boersengefluester.de alle Optionen vorstellbar: So könnte VTC Friwo via Delisting von der Börse nehmen oder aber auch selbst eine größere Umplatzierung anstreben. Dafür kämen die massiv gestiegenen Aktienkurse gerade recht. Muss jedoch alles nicht sein. Möglich ist auch, dass diesbezüglich gar nichts passiert und es im eingeschwungenen Zustand bleibt.
Die zuletzt kommunizierten Ziele bis 2026 sehen Umsätze von mindestens 230 Mio. Euro sowie eine EBIT-Marge von Untergrenze 10 Prozent vor. Das wiederum würde mit dem aktuellen Börsenwert schon sehr viel eher im Einklang stehen und darüber hinaus noch einiges an Potenzial aufzeigen. Und wer Friwo-Ladetechnik in einem Motorroller einmal sehen will, der sollte sich das von dem niederländischen Start-up Brekr hergestellte Modell B einmal ansehen. Gefahren sind wir es zwar auch noch nicht, doch es soll – wie wir hören – richtig Spaß machen das Modell B.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,31 | 120,53 | 95,76 | 99,36 | 100,55 | 184,87 | 111,08 | |
EBITDA1,2 | 13,24 | 10,79 | -11,25 | 0,40 | -4,09 | 8,72 | -2,51 | |
EBITDA-Marge3 | 9,37 | 8,95 | -11,75 | 0,40 | -4,07 | 4,72 | -2,26 | |
EBIT1,4 | 10,01 | 7,53 | -15,60 | -3,85 | -7,97 | 4,31 | -7,37 | |
EBIT-Marge5 | 7,08 | 6,25 | -16,29 | -3,87 | -7,93 | 2,33 | -6,64 | |
Jahresüberschuss1 | 7,01 | 5,33 | -11,33 | -5,51 | -10,55 | 0,51 | -11,08 | |
Netto-Marge6 | 4,96 | 4,42 | -11,83 | -5,55 | -10,49 | 0,28 | -9,98 | |
Cashflow1,7 | 12,35 | 2,04 | 1,47 | -3,10 | -17,74 | -2,81 | 4,16 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,91 | 0,69 | -1,47 | -0,72 | -1,37 | 0,06 | -1,29 | |
Dividende8 | 0,40 | 0,40 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Foto: Brekr