„Wir könnten mehr tun, wenn wir mehr Kapital hätten“, sagt Rolf Schwirz bei seiner Präsentation auf den Hamburger Investorentagen (HIT) am Anfang Februar 2024. Entsprechend macht der CEO von Friwo auch keinen Hehl daraus, dass er die Präsenz auf dem von Montega organisierten HIT insbesondere dafür nutzen will, um potenzielle Kapitalgeber von dem Geschäftsmodell des auf alle möglichen Ladegeräte sowie mittlerweile auch Steuerungskomponenten für die Elektromobilität spezialisierten Unternehmens zu überzeugen. Die Voraussetzungen dafür stehen grundsätzlich gut, denn insbesondere die Kooperation mit dem indischen Automobilzulieferer Uno Minda zur Belieferung von indischen Zwei- und Dreiradherstellern mit elektrischen Antriebssystemen ließ den Aktienkurs von Friwo 2022 schon einmal kräftig in die Höhe schießen.
Doch seitdem hat sich das allgemeine Umfeld – insbesondere in den angestammten Kernmärkten in Europa – spürbar verschlechtert und Friwo musste seine Konzernprognosen für 2023 zuletzt nochmals nach unten korrigieren. Entsprechend ist auch der Aktienkurs beis auf 28 Euro signifikant zurückgekommen. So rechnet die die Gesellschaft aus Ostbevern in der Nähe von Münster jetzt mit Erlösen von 110 Mio. Euro sowie einem Verlust von EBIT-Ebene im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Tatsächlich könnten die Ergebnisse sogar noch unvorteilhafter ausfallen, denn diese Vorschau enthält keine Belastungen aus möglicherweise noch erforderlichen Strukturmaßnahmen zu Kostensenkung. Zum Vergleich: Ins Jahr gestartet war Friwo mit einer avisierten Umsatzspanne zwischen 140 und 160 Mio. Euro sowie einem geplanten Ergebnis vor Zinsen und Steuern von rund 4,3 Mio. Euro, was etwa dem Niveau von 2022 entsprochen hätte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,31 | 120,53 | 95,76 | 99,36 | 100,55 | 184,87 | 111,08 | |
EBITDA1,2 | 13,24 | 10,79 | -11,25 | 0,40 | -4,09 | 8,72 | -2,51 | |
EBITDA-Marge3 | 9,37 | 8,95 | -11,75 | 0,40 | -4,07 | 4,72 | -2,26 | |
EBIT1,4 | 10,01 | 7,53 | -15,60 | -3,85 | -7,97 | 4,31 | -7,37 | |
EBIT-Marge5 | 7,08 | 6,25 | -16,29 | -3,87 | -7,93 | 2,33 | -6,64 | |
Jahresüberschuss1 | 7,01 | 5,33 | -11,33 | -5,51 | -10,55 | 0,51 | -11,08 | |
Netto-Marge6 | 4,96 | 4,42 | -11,83 | -5,55 | -10,49 | 0,28 | -9,98 | |
Cashflow1,7 | 12,35 | 2,04 | 1,47 | -3,10 | -17,74 | -2,81 | 4,16 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,91 | 0,69 | -1,47 | -0,72 | -1,37 | 0,06 | -1,29 | |
Dividende8 | 0,40 | 0,40 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Nach neun Monaten 2023 standen derweil Erlöse von 89,5 Mio. Euro sowie ein EBIT von minus 2,3 Mio. Euro in den Büchern. Das Eigenkapital ist zuletzt knapp unter die Marke von 20 Mio. Euro gefallen. Zudem verwies das Management Anfang November darauf, dass Friwo in „engem Austausch mit den Hausbanken zur Verlängerung des bestehenden Finanzierungsrahmens“ stehe. Das Finanzierungsthema ist also allseits präsent. Dabei betätigt Vorstand Rolf Schwirz auf dem HIT, dass das Joint Venture mit Uno Minda die erhofften Fortschritte macht und Friwo sich damals für genau den richtigen Partner entschieden hat: „Wir sind auf einem super Weg in Asien.“
Übergeordnetes Ziel bis 2028 sind Erlöse von 230 Mio. Euro – bei einer EBIT-Marge von mindestens 10 Prozent. Gut die Hälfte der Umsätze sollen bis dahin aus dem Wachtumsbereich E-Mobility stammen. Die Uno Minda-Kooperation dürfte dabei schon 2024 einen „substanziellen Beitrag“ zu Gewinn und Cashflow liefern. Entsprechend steht auch die Rückkehr zu profitablem Wachstum für das laufende Jahr oben auf der Konzern-Agenda. Grundsätzlich bekommt Friwo ab dem Erreichen der Gewinnschwelle Lizenzeinnahmen von 4 Prozent für die Einbringung technologischen Know-hows und konsolidiert zudem die Hälfte des Finanzergebnisses aus dem indischen Joint-Venture. Die eigentliche Software vermarkten die Westfalen selbst.
Abzuwarten bleibt freilich die Entwicklung des Finanzierungsthemas, auch wenn Rolf Schwirz diesen aus Kapitalmarktsicht regelmäßig eher schwierigen Aspekt auf dem HIT sehr charmant verpackte: „Wir müssten einen Nachbrenner einstellen, dafür haben wir nicht genügend Kerosin.“ Die Münchner Beteiligungsgesellschaft VTC (Anteil: 81,59 Prozent) soll sich als Ankeraktionär dem Vernehmen nach offen für alle denkbaren Konstellationen zeigen – der wirtschaftliche Erfolg von Friwo steht an erster Stelle. Unterm Strich findet boersengefluester.de die Aktienstory weiterhin hoch spannend. Auf die Beobachtungsliste gehört der Titel also auf jeden Fall. Immerhin könnte sich mit einer Kapitalerhöhung plus gegebenenfalls auch einer Platzierung von VTC der Streubesitz in der Aktie spürbar erhöhen, das der Investmentstory durchaus förderlich wäre.
Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens noch eine andere Aktie: Ende 2023 hat Friwo seinen Produktionsstandort an die ebenfalls börsennotierte Beteiligungsgesellschaft Private Assets SE & Co. KGaA aus Hamburg veräußert und erhofft sich so markante Vorteile auf der Kostenseite. Für boersengefluester.de (BGFL) ein guterAnlass genommen, um die im Berliner Freiverkehr gelistete Aktie von Private Assets in die BGFL-Datenbank neu aufzunehmen. Immerhin handelt es sich bei dem 2009 aus der früheren leasing.99 AG hervorgegangenen Titel um eine Art “kleine” Aurelius oder Mutares.
Foto: Unsplash+
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