Die jüngste Gewinnwarnung von Friedrich Vorwerk mit dem damit verbundenen neuerlichen Kurssturz hat so viele Facetten, dass Investoren kaum wissen, wo sie anfangen sollen. Mit nur noch 11,70 Euro bewegt sich die Notiz mittlerweile um 74 Prozent unter dem vor knapp zwei Jahren noch geforderten Emissionspreis von 45 Euro. Dabei galt Vorwerk einmal als perfektes IPO, was man wohl nur auf Zuteilung bekommen würde. Erste Erkenntnis aus diesem Fiasko: Großaktionär MBB hat das auf Projekte für die Energieinfrastruktur – also Gas-, Strom- und Wasserstoffanwendungen – unter Führung von Berenberg und Jefferies zu einem völlig überhöhten Preis an die Börse gebracht und damals Erwartungen geschürt, die so nie eingetroffen sind. Nach den Börsen-Flops um Aumann und der auch mehr als 15 Jahre nach dem Kapitalmarktstart unter Ausgabepreis notierenden Aktie der Delignit AG (so sehr wir dieses Unternehmen auch schätzen), ist der Exit-Weg für weitere Unternehmen aus dem MBB-Portfolio wohl erst einmal verbaut.
Jedenfalls kann sich boersengefluester.de nicht vorstellen, dass sich die Anleger auf absehbare Zeit noch einmal von den in MBB-Präsentationen immer wieder beschriebenen „Sustainable Business Models“ beeindrucken lassen. Keine Frage: Das Umfeld ist für viele Sektoren ruppig und der Mangel an Fachkräften und Material sowie die allgemeinen Preissteigerungen setzen so machem Geschäftsmodell zu. Doch für einen Sektor, in dem es eigentlich brummen müsste, liefert Friedrich Vorwerk viel zu wenig ab und scheint insbesondere was das Thema Rentabilität angeht, nicht fit genug.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 91,48 | 105,87 | 179,33 | 291,24 | 279,07 | 368,16 | 373,36 | |
EBITDA1,2 | 7,20 | 21,08 | 41,81 | 58,82 | 54,48 | 50,09 | 31,99 | |
EBITDA-Marge3 | 7,87 | 19,91 | 23,31 | 20,20 | 19,52 | 13,61 | 8,57 | |
EBIT1,4 | 3,94 | 13,65 | 33,83 | 47,47 | 41,44 | 33,75 | 13,91 | |
EBIT-Marge5 | 4,31 | 12,89 | 18,87 | 16,30 | 14,85 | 9,17 | 3,73 | |
Jahresüberschuss1 | 2,57 | 10,45 | 23,42 | 30,52 | 26,74 | 16,81 | 10,27 | |
Netto-Marge6 | 2,81 | 9,87 | 13,06 | 10,48 | 9,58 | 4,57 | 2,75 | |
Cashflow1,7 | 0,01 | 19,77 | 59,15 | 33,32 | 29,83 | -10,26 | 50,42 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,13 | 0,52 | 1,17 | 1,53 | 1,37 | 0,86 | 0,51 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,20 | 0,12 | 0,12 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Nexia |
So erreichte das Unternehmen 2022 zwar eine unerwartet deutliche Umsatzsteigerung von beinahe einem Drittel auf 368 Mio. Euro. Zur fristgerechten Abwicklung der Projekte musste Friedrich Vorwerk aber so viele Subunternehmer einschalten, dass am Ende nur ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 33,8 Mio. Euro – entsprechend einer Marge von 9,2 Prozent – hängen blieb. Avisiert hatte der Vorstand zuletzt eine adjustierte operative Rendite zwischen 13 und 15 Prozent. Damit nicht genug: 2023 stuft der Vorstand als „Übergangsjahr“ mit Erlösen von nur mehr als 300 Mio. Euro sowie einer nochmals rückläufigen EBIT-Marge ein. Somit dürfte Vorwerk 2023 mit Firmensitz in Tostedt (Niedersachsen) vermutlich nur halb so viel EBIT erwirtschaften, wie die Analysten von AlsterResearch kürzlich in ihrer Auftaktstudie prognostiziert hatten.
Entsprechend groß dürfte die Enttäuschung bei AlsterResearch sein, denn die Hanseaten hatten ihre Analyse mit einer Kaufen-Einschätzung und Kursziel 40,90 Euro versehen. Davon der Spezialwert nun meilenweit entfernt und es geht eher die Befürchtung um, dass der Titel womöglich sogar in einstellige Dimensionen abtaucht. Der Buchwert liegt auf Basis der Bilanzzahlen für Q3 2022 bei etwas mehr als 8 Euro. Keine Frage: Nach einem Kurscrash von 40 Prozent wie bei Friedrich Vorwerk sind kurzfristig auch heftige Erholungen möglich. Entsprechend schwierig ist es, hier valide Prognosen zu erstellen. Es ist mit Sicherheit auch nicht alles schlecht bei Vorwerk. Am 9. Februar 2023 wird das Management auf den von Montega veranstalteten Hamburger Investorentagen (HIT) präsentieren.
So viel steht aber fest: Dort werden die Investoren viele Fragen haben. MBB wiederum müsste ihren Anteil von zuletzt offiziell 36 Prozent im Zuge der aktuelle Absturzes eigentlich aufstocken und auf diese Art zumindest ein wenig Kurspflege betreiben.
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