Und das mitten im heißen IPO-Trubel: Ausgedehnte 1,5 Stunden Zeit hat sich der Frequentis-Vorstandsvorsitzende Norbert Haslacher Zeit genommen, um boersengefluester.de das Geschäftsmodell des in Wien ansässigen Anbieters von Systemen zur Sprachsteuerung im Flugverkehr und anderen sicherheitsrelevanten Bereichen wie Polizei, Feuerwehr oder auch der Bahn in allen Details vorzustellen. Wären wir in unserem Leben einmal Fluglotsen gewesen, wäre das Gespräch vermutlich deutlich kürzer gewesen, schließlich ist Frequentis Weltmarktführer und verfügt über eine Kundenliste, die es in sich hat: DFS Deutsche Flugsicherung, Bundeswehr, US Navy, Nasa oder auch die London Metropolitan Police sind nur einige prominente Namen. Dabei erzielten die Wiener im vergangenen Jahr Erlöse von knapp 286 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 15,6 Mio. Euro. Die operative Marge bewegt sich einigermaßen konstant oberhalb von fünf Prozent.
Der nun geplante Börsengang in Form eines Duallistings im Frankfurter General Standard und dem Wiener Prime Market soll Frequentis derweil auf die nächste Stufe hieven und die bislang von dem vor einem Jahr in den Aufsichtsrat gewechselten Johannes Bardach dominierte Gesellschaft auf eine breitere Eigentümerstruktur bewegen. Zu diesem Zweck wird das gegenwärtig 12.000.000 Aktien umfassende Kapital um bis zu 1.200.000 Stücke zu einem Preis von jeweils 18 bis 21 Euro erhöht. Außerdem trennt sich Bardach – inklusive Mehrzuteilungsoption – von bis zu 1.500.000 Aktien. Rund 900.000 Papiere wurden bereits vorab bei Investoren platziert, so dass am Ende ein Streubesitz von etwa 30 Prozent herauskommen würde. Gleichzeitig fließen der Gesellschaft aus dem IPO brutto zwischen 21,6 und 25,2 Mio. Euro zu. Das hört sich für ein Unternehmen von der Größenordnung Frequentis zunächst einmal nicht übermäßig viel an, allerdings sieht die Bilanz der Wiener mit einer Eigenkapitalquote von gut 43 Prozent und einem Netto-Finanzguthaben von mehr als 55 Mio. Euro schon jetzt sehr komfortabel aus. „Der Emissionserlös dient zur Finanzierung des weiteren Wachstums. Außerdem wollen wir damit unsere finanzielle Unabhängigkeit langfristig sichern“, sagt CEO Haslacher.
In einem Atemzug verweist er außerdem darauf, dass gerade den Kunden aus dem behördlichen Bereich eine robuste Bilanz wichtig ist. Damit bestätigt der Manager das, was auch andere notierte Unternehmen mit einem starken Anteil an behördlichen Kunden – wir denken zum Beispiel an secunet Security Networks oder Fabasoft – auf Investorenkonferenzen immer wieder betonen. Gleichzeitig macht Haslacher keinen Hehl daraus, dass punktuelle Übernahmen durchaus ein Thema für Frequentis sind. Insgesamt klingt das nach einer ziemlich runden Story, die auch bewertungstechnisch nicht ausgereizt ist. Auf Basis der mittleren Preisspanne käme die Gesellschaft auf einen Börsenwert von gut 257 Mio. Euro – abzüglich der Netto-Liquidität reduziert sich der Unternehmenswert auf etwa 180 Mio. Euro. Das wiederum entspricht weniger als dem Achtfachen des für das laufende Jahr zu erwartenden Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). Für ein Unternehmen mit einer derart langen Historie und guten Marktstellung ist das wohl nicht zu hoch.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 266,93 | 285,76 | 303,63 | 299,37 | 333,53 | 385,97 | 427,49 | |
EBITDA1,2 | 20,02 | 21,59 | 30,18 | 41,92 | 46,51 | 45,63 | 44,17 | |
EBITDA-Marge3 | 7,50 | 7,56 | 9,94 | 14,00 | 13,95 | 11,82 | 10,33 | |
EBIT1,4 | 14,32 | 15,60 | 17,22 | 26,81 | 28,97 | 24,99 | 26,65 | |
EBIT-Marge5 | 5,36 | 5,46 | 5,67 | 8,96 | 8,69 | 6,48 | 6,23 | |
Jahresüberschuss1 | 10,70 | 11,83 | 15,52 | -3,39 | 20,77 | 18,88 | 19,98 | |
Netto-Marge6 | 4,01 | 4,14 | 5,11 | -1,13 | 6,23 | 4,89 | 4,67 | |
Cashflow1,7 | 16,69 | 4,56 | 17,73 | 54,75 | 48,75 | 14,22 | 25,66 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,81 | 0,90 | 0,93 | -0,30 | 1,50 | 1,41 | 1,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,10 | 0,15 | 0,15 | 0,20 | 0,22 | 0,24 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Dabei bewegt sich Frequentis auf einer Schwelle zwischen Hard- und Software-Company. Direkte Vergleichsunternehmen sind eher nicht auf dem heimischen Kurszettel zu finden, wenn man einmal von der ungleich kleineren CeoTronics aus Rödermark nahe des Frankfurter Flughafens absieht. Nur sehr bedingt als Peer-Group taugt auf der anderen Seite ein Luftfahrtgigant wie Airbus, selbst wenn der MDAX-Konzern nicht nur Flugzeuge baut. Sei es drum: Für boersengefluester.de bietet Frequentis eine gesunde Mischung aus Wachstum und verlässlichem Value. Für schnelle Trader ist der Titel dagegen wohl weniger geeignet, zumal auch Vorstand Norbert Haslacher betont: „Wir denken bei unserem Geschäft in Zyklen von 10 bis 15 Jahren.“ Angeführt wird die Emission von der BankM und der Commerzbank. Die Angebotsfrist läuft voraussichtlich noch bis zum 8. Mai 2019. Privatanleger können über ihre Depotbanken Zeichnungsaufträge einreichen. Die BankM nimmt die Zeichnungsaufträge dann unter der Fax-Nummer +49 69 7191 838 50 entgegen. Den Wertpapierprospekt können Sie von boersengefluester.de aus direkt unter diesem LINK herunterladen. Wir nehmen den Titel auf jeden Fall in unsere Datenbank auf und raten zum Einstieg.