Auf der Investorenkonferenz zur Vorlage des Halbjahresberichts am 17. August spielt Norbert Haslacher, CEO von Frequentis, seine Trümpfe mehr als dezent aus. Dabei hat der Spezialist für Kommunikationslösungen, wie sie in der Luftfahrt oder dem Polizeibereich eingesetzt werden, gerade richtig gute Zahlen vorgelegt und der Aktienkurs bewegt sich in unmittelbarer Sichtweite zum historischen Rekordhoch. Doch so sehr die Analysten auch nachhaken und fragen, ob der unverändert gelassene Ausblick für das Gesamtjahr nun nicht doch ein wenig konservativ sei. Norbert Haslacher bleibt ganz cool und lobt das robuste Geschäftsmodell der Wiener. Einzig bei der im Februar 2021 auf die Schiene gesetzten Übernahme von Teilen des zivilen und militärischen Portfolios aus dem US-Unternehmen L3Harris Technologies für gut 20 Mio. Dollar geht Haslacher stärker in die Offensive und spricht von einem „Game Changer“ – sowohl was zusätzliche Kunden, als auch was neue Produkte angeht.
Tatsächlich ist die L3Harris-Transaktion einer der maßgeblichen Gründe, warum der Aktienkurs im laufenden Jahr einen derart guten Lauf hat und den Börsenwert der Wiener Richtung 365 Mio. Euro getrieben hat. Zudem haben die Investoren begriffen, dass Frequentis mit seinen weltweiten Kunden im Bereich der Flugsicherung eben nicht von dem Corona-bedingt immer noch deutlich reduzierten Reiseverkehr betroffen ist, wie es zum Beispiel die Airlines, Flughäfen oder Flugzeugbauer sind. Schließlich muss die Sicherheit des Luftverkehrs auch in Pandemie-Zeiten gewährleistet sein. Und Lösungen wie Remote-Towers gewinnen sogar noch mehr an Gewicht. Von angesagten Themen wie zum Beispiel Drohnen ganz zu schweigen. Per saldo kommt das Unternehmen mit Parallel-Listing an der Börse Wien und im Frankfurter General Standard nach Ablauf der ersten sechs Monate auf ein Umsatzplus von 9,4 Prozent auf 144,63 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) drehte von minus 952.000 Euro auf plus 5,38 Mio. Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 266,93 | 285,76 | 303,63 | 299,37 | 333,53 | 385,97 | 427,49 | |
EBITDA1,2 | 20,02 | 21,59 | 30,18 | 41,92 | 46,51 | 45,63 | 44,17 | |
EBITDA-Marge3 | 7,50 | 7,56 | 9,94 | 14,00 | 13,95 | 11,82 | 10,33 | |
EBIT1,4 | 14,32 | 15,60 | 17,22 | 26,81 | 28,97 | 24,99 | 26,65 | |
EBIT-Marge5 | 5,36 | 5,46 | 5,67 | 8,96 | 8,69 | 6,48 | 6,23 | |
Jahresüberschuss1 | 10,70 | 11,83 | 15,52 | -3,39 | 20,77 | 18,88 | 19,98 | |
Netto-Marge6 | 4,01 | 4,14 | 5,11 | -1,13 | 6,23 | 4,89 | 4,67 | |
Cashflow1,7 | 16,69 | 4,56 | 17,73 | 54,75 | 48,75 | 14,22 | 25,66 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,81 | 0,90 | 0,93 | -0,30 | 1,50 | 1,41 | 1,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,10 | 0,15 | 0,15 | 0,20 | 0,22 | 0,24 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Ziemlich ungewöhnlich, dass Frequentis bereits per Ende Juni in den schwarzen Zahlen agiert, selbst es ein paar Sondereffekte durch die weiterhin niedrige Reiseaktivitäten der Mitarbeiter sowie im Zusammenhang mit L3Harris gibt. Doch auch CFO Peter Skerlan bleibt auf dem Boden und sagt auf dem Conference Call: „Die Profitabilität im ersten Halbjahr 2021 ist keine Indikation dafür, dass das jetzt immer so sein wird.“ Immerhin agiert auch Frequentis nicht losgelöst von COVID19, was sich neben dem weiter eingeschränkten Bewegungsradius der Mitarbeiter, in Verzögerungen bei der Projektabnahme, angespannten Lieferketten oder schlichtweg unsicheren Budgets der Kunden zeigt.
Bei den Umsatzerlösen geht boersengefluester.de jedoch davon aus, dass die Marke von 300 Mio. Euro leicht überschritten wird. Und was die vom Vorstand avisierte EBIT-Marge zwischen fünf und sieben Prozent angeht, sollte die Gesellschaft tatsächlich mindestens im oberen Bereich ankommen. Wir rechnen zurzeit mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von knapp 20 Mio. Euro. Dabei taxiert Finanzvorstand Skerlan die nachgelagerten Integrationsaufwendungen für L3Harris auf rund 3 Mio. Euro. Also durchaus ein markanter Betrag. An dieser Stelle noch ein Hinweis an alle Anleger, die sich möglicherweise über den hohen Vorjahresverlust von Frequentis wundern: Hier schlug eine Sonderabschreibung auf das Finanzvermögen nach der Pleite der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland massiv ins Kontor. Zumindest ökonomisch ist dieses Kapitel aber abgehakt, juristisch freilich noch längst nicht (siehe dazu auch unser Beitrag HIER). Mit einer Eigenkapitalquote von knapp 37 Prozent sowie einer Netto-Liquidität von mehr als 77 Mio. Euro bewegen sich die Österreicher jedenfalls deutlich oberhalb der eigenen Leitlinien.
Trotz der üppigen Cash-Ausstattung sollten Anleger die Aktie aber nicht primär als Dividendentitel sehen und womöglich sogar auf üppige Sonderausstattungen spekulieren. Angesichts der langfristigen Geschäftsbeziehungen innerhalb kritischer Infrastrukturen ist das gut gefüllte Konto eher so etwas wie eine zweite Visitenkarte, die die Solvenz von Frequentis unterstreicht. Zudem ist das Unternehmen regelmäßig auf der Akquiseseite aktiv, um das Produktangebot auszuweiten. Auch dafür soll die Cashreserve stets mindestens zehn Prozent der Erlöse betragen. Maßgeblicher Treiber für den Bewertungs-Shift am Kapitalmarkt ist – neben dem verlässlichen Wachstum – insbesondere der zunehmende Wandel zum Software-Unternehmen. Boersengefluester.de bleibt dabei: Wer einen soliden Spezialwert für sein Depot sucht, ist bei Frequentis gut aufgehoben.