Ende Juni 2022 wird im Allianz-Stadion von Rapid Wien bestimmt auch über Fußball philosophiert. Kommen werden die Gäste an diesem Tag aber in die Arena, um auf einem internen Mitarbeiter-Event das 75jährige Firmenjubiläum von Frequentis zu feiern. Gemessen an dieser langen Tradition sind die nun ziemlich genau drei Jahre seit dem Börsengang am 14. Mai 2019 eine recht kurze Zeitspanne. Allerdings hat sie gereicht, um auch am Kapitalmarkt einen erstklassigen Eindruck zu hinterlassen. Für boersengefluester.de gehört der Spezialist für die Ausstattung von Kontrollzentralen in sicherheitskritischen Bereichen – vom Flughafen bis zur Polizei-Leitstelle – jedenfalls mit zu den qualitativ besten Nebenwerten aus unserer Datenbank. Davon konnten wir uns jetzt auf der Frühjahrskonferenz in Frankfurt erneut überzeugen. Dabei verlief die Zeit seit dem IPO alles andere als in ruhigen Bahnen für Frequentis: Corona, ein millionenschwerer Betrugsfall bei der damaligen Hausbank und jetzt auch noch der Ukraine-Krieg sind schließlich Dinge, die man in den vergangenen 75 Jahren zusammen so noch nicht erlebt hat.
Sei es drum: Operativ steht Frequentis grundsolide da und liefert beständig gute Zahlen (siehe dazu auch unsere Einschätzung zur Vorlage des Geschäftsberichts 2021 von Anfang April HIER). Das spiegelt sich auch im Aktienchart der Wiener mit Parallelnotiz im Frankfurter Börsensegment General Standard wider. Seit Jahresbeginn liegt der Titel noch immer um gut zehn Prozent vorn und notiert um nur etwa 17 Prozent unter All-Time-High. Dabei kommt der Ausblick von CEO Norbert Haslacher, der für das laufende Jahr eine EBIT-Marge zwischen sechs und acht Prozent in Aussicht stellt, zunächst einmal nicht übermäßig knackig daher. Immerhin erwirtschaftete das Familienunternehmen 2021 noch eine operative Rendite (Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Relation zum Umsatz) von fast 8,7 Prozent. „Wir wollen wieder reisen und auf Messen gehen“, sagt Haslacher. Zur Einordnung: Während der beiden Corona-Jahre sind die Reisekosten mit gut 4 bis 5 Mio. Euro signifikant unter das 2019er-Niveau von fast 12 Mio. Euro gerutscht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 266,93 | 285,76 | 303,63 | 299,37 | 333,53 | 385,97 | 427,49 | |
EBITDA1,2 | 20,02 | 21,59 | 30,18 | 41,92 | 46,51 | 45,63 | 44,17 | |
EBITDA-Marge3 | 7,50 | 7,56 | 9,94 | 14,00 | 13,95 | 11,82 | 10,33 | |
EBIT1,4 | 14,32 | 15,60 | 17,22 | 26,81 | 28,97 | 24,99 | 26,65 | |
EBIT-Marge5 | 5,36 | 5,46 | 5,67 | 8,96 | 8,69 | 6,48 | 6,23 | |
Jahresüberschuss1 | 10,70 | 11,83 | 15,52 | -3,39 | 20,77 | 18,88 | 19,98 | |
Netto-Marge6 | 4,01 | 4,14 | 5,11 | -1,13 | 6,23 | 4,89 | 4,67 | |
Cashflow1,7 | 16,69 | 4,56 | 17,73 | 54,75 | 48,75 | 14,22 | 25,66 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,81 | 0,90 | 0,93 | -0,30 | 1,50 | 1,41 | 1,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,10 | 0,15 | 0,15 | 0,20 | 0,22 | 0,24 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
Nun wird die Zeit nicht komplett zurückgedreht, doch für ein international geprägtes Unternehmen wie Frequentis sind direkte Kundenkontakte eben doch auch ein Lebenselixier. „Daher möchte ich ein wenig die Erwartungen dämpfen“, sagt Haslacher mit Blick auf die EBIT-Marge, der das 2021er-Niveau schlicht und ergreifend „super“ nennt. Hinzu kommt freilich auch, dass sich derzeit noch gar nicht valide abschätzen lässt, inwiefern das Unternehmen von den indirekten Belastungen aus dem Ukraine-Krieg betroffen sein wird. Andererseits liefert Frequentis aber auch Kommunikationssysteme für die militärische Flugsicherung und könnte durch die höheren Wehrbudgets theoretisch sogar vor einer Sonderkonjunktur stehen. „Sind wir ein Krisengewinner? Wissen wir noch nicht“, sagt Haslacher bei seiner Präsentation auf der Frühjahrskonferenz.
Konkrete Ausschreibungen der Bundeswehr sind jedenfalls noch nicht zu sehen. Diese Einschätzung deckt sich mit den Aussagen anderer Vorstände, wie etwa von secunet Security Networks, die in Finanzkreisen ebenfalls als potenzielle Profiteure gelten. Aber auch sonst bieten sich den Österreichern für die Zukunft jede Menge Chancen, etwa durch den massiven Anstieg des Drohnenverkehrs in der Luft – insbesondere zu polizeilichen und sonstigen sicherheitstechnischen Zwecken. Ohnehin ein Dauerthema für Frequentis bleibt die Ausweitung des eigenen Produktangebots via Firmenzukäufe. Allein seit dem IPO hat das Unternehmen nun schon sechs Akquisitionen getätigt – zuletzt die Übernahme von 51 Prozent an dem italienischen Softwareanbieter Regola. Die mit Abstand wichtigste Transaktion bleiben aber die 2021 übernommenen Teile der US-Company L3Harris mit einem für 2022 erwarteten Umsatzbeitrag von rund 10 Mio. Euro.
Die Analysten der BankM, das Frankfurter Spezialinstitut begleitete damals auch den Börsengang von Frequentis, stuft das Kursziel für die Aktie auf etwas mehr als 34 Euro ein und rät weiter zum Einstieg. Eine Einschätzung, der sich boersengefluester.de gut anschließen kann. Noch ein Tipp in eigener Sache: Sämtliche Geschäftsberichte von Frequentis seit 2016 können Sie auf unserem Portal geschaeftsberichte-download.de (HIER) gratis abrufen.
Foto: MagnusGuenther auf Pixabay