Bewährungsprobe für Fortec Elektronik: Nach einer langen Phase mit überwiegend sehr robusten operativen Ergebnissen und einer prima Performance am Kapitalmarkt, musste der Systemzulieferer von Elektronikprodukten wie Displays, Embedded Boards und auch Stromversorgungsgeräten Ende Mai – mit Vorlage der vorläufigen Neun-Monats-Zahlen – seine Prognosen für das zum 30. Juni endende Geschäftsjahr 2023/24 nach unten anpassen. Demnach peilt Fortec nun Erlöse zwischen 95,0 und 100,0 Mio. Euro sowie ein EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) in einer Bandbreite von 7,0 bis 9,5 Mio. Euro an. Zum Vergleich: Die bisherige Messlatte lag für den Umsatz bei 106,0 bis 116,0 Mio. Euro und für das EBIT in einer Spanne von 9,5 bis 11,0 Mio. Euro. Im ungünstigen Fall wären die Abweichungen also durchaus markant. Wenig zimperlich hat daher auch die Börse reagiert, bei gut 20 Euro hat sich die Notiz zuletzt aber stabilisiert, was ein gutes Zeichen ist. Das Potenzial nach oben ist enorm. So haben die Analysten von Montega ihr Kursziel für den traditionell dividendenstarken Titel nur geringfügig von 33 auf 31 Euro heruntergesetzt. Im Interview mit boersengefluester.de sagen CEO Sandra Maile und COO Ulrich Ermel, wie sie die aktuelle Entwicklung einschätzen und welche Lichtblicke es gibt.
Frau Maile, im dritten Quartal 2023/2024 lag der Umsatz der Fortec-Konzern um rund 11 Prozent unter dem Vorjahr. Bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen im März 2024 waren Sie noch von einer Erholung im dritten Quartal ausgegangen. Warum haben sich diese Hoffnungen nun zerschlagen? Wie bewerten Sie das aktuelle Marktumfeld?
Sandra Maile: Wir haben bereits im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs eine Entschleunigung gespürt und haben darauf sofort operative Maßnahmen eingeleitet, die kurz- und mittelfristig greifen sollten. Aufgrund der konjunkturellen Schwäche und der damit fehlenden Dynamik konnten wir nicht alle kurzfristigen Maßnahmen erfolgreich umsetzen. Wir sind zwar mit optimistischen Signalen in das Jahr 2024 gestartet, aktuell belasten jedoch vielfältige geopolitische Herausforderungen die Absatzmärkte. Unsere Kunden verzeichnen derzeit volle Lager bei geringer Nachfrage. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Zeit nutzen, innovative Produkte voranzutreiben und noch stärker regional diversifizieren.
Herr Ermel, gibt es trotz der konjunkturellen Schwäche auch positive Impulse in den Branchen der Fortec-Gruppe?
Ulrich Ermel: Positive Impulse nehmen wir auf unterschiedlichen Ebenen wahr. So ist die Verfügbarkeitslage bei Bauteilen wieder deutlich besser und am Arbeitsmarkt ist ebenfalls eine Entspannung zu beobachten. Besonders erfreulich ist aber für uns der stetig wachsende Projekt-Funnel mit sehr zukunftsträchtigen Projekten, einigen gewonnenen Großprojekten, die nun in der Umsetzung sind, sowie die Tatsache, dass wir trotz konjunktureller Schwäche keine Kundenprojekte verloren haben. Ebenso ergeben sich aktuell hervorragende Möglichkeiten im Bereich der Erweiterung unseres Produktportfolios.
Was steckt hinter „Strong Together“ und was ist im Fokus dieser Strategie?
Ulrich Ermel: Bei der Umsetzung unserer „Strong together“-Strategie stehen aktuell der weitere Ausbau unseres digitalen „Footprints“ sowie der Online-Absatzmärkte, aber auch gezielte Vertriebsaktionen im Fokus. Des Weiteren werden wir unsere Fertigungsstandorte entsprechend für neue Anforderungen aufrüsten. Parallel arbeiten wir am Auf- und Ausbau eines Application-Engineering-Teams, um die technische Unterstützung für unsere Kunden auf ein neues Level zu heben. Neue Technologien werden derzeit mit Hochdruck in der Organisation eingeführt und stehen bald unseren Kunden zur Verfügung.
Wie sieht es mit neuen Produkten/Innovationen aus, werden Sie hier stärker in Vorleistung gehen?
Ulrich Ermel: Wir sind an einer Vielzahl neuer Technologien und Innovationen mit Hochdruck in Vorbereitungen mit ordentlicher Vorleistung. Diese neuen Technologien werden nicht nur unseren eigenen Produkten, sondern auch unseren System-Kunden im Rahmen von R&D-Leistungen entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen. Zudem sind wir in den letzten Zügen auch neue Technologien einzuführen, die einen positiven Effekt für die Gesellschaft haben und den Zugang zur digitalen Welt erweitern werden.
Frau Maile, sehen Sie Chancen, regional weiter zu expandieren, um neues Wachstum zu generieren?
Sandra Maile: In unserer M&A-Zielspezifikation sind Internationalisierung und geopolitische Resilienz fest verankert. Mit unserem neuen Entwicklungsstandort in Kairo haben wir in 2024 bereits Neuland betreten. Und natürlich überprüfen wir permanent unsere Markteinstiegsoptionen in weitere Regionen. Darüber hinaus begleiten wir auch unsere Kunden in neue Regionen. Die regionale Diversifikation steht sowohl auf der Beschaffungsseite als auch bei den Absatzmärkten auf unserer Agenda für die nächsten Jahre, um neues Wachstum zu generieren und auch um Risiken zu minimieren.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 79,57 | 88,31 | 87,73 | 77,43 | 89,03 | 105,85 | 94,53 | |
EBITDA1,2 | 6,61 | 6,10 | 8,43 | 7,05 | 10,06 | 12,86 | 8,80 | |
EBITDA-Marge3 | 8,31 | 6,91 | 9,61 | 9,10 | 11,30 | 12,15 | 9,31 | |
EBIT1,4 | 6,02 | 7,45 | 6,48 | 5,32 | 8,45 | 10,68 | 7,06 | |
EBIT-Marge5 | 7,57 | 8,44 | 7,39 | 6,87 | 9,49 | 10,09 | 7,47 | |
Jahresüberschuss1 | 4,32 | 5,69 | 4,78 | 3,88 | 6,25 | 7,55 | 5,30 | |
Netto-Marge6 | 5,43 | 6,44 | 5,45 | 5,01 | 7,02 | 7,13 | 5,61 | |
Cashflow1,7 | 3,47 | 3,96 | 3,58 | 10,18 | 2,11 | 5,01 | 13,21 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,33 | 1,75 | 1,47 | 1,19 | 1,92 | 2,32 | 1,63 | |
Dividende8 | 0,60 | 0,70 | 0,60 | 0,60 | 0,70 | 0,85 | 0,85 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Die Dividende lag für die vergangenen beiden Geschäftsjahre bei 0,85 Euro je Aktie. Können die Aktionäre zur nächsten HV auf eine stabile Auszahlung je Anteil hoffen?
Sandra Maile: Fortec ist als stabiler Dividendenzahler bekannt. Uns ist wichtig, unsere Aktionärinnen und Aktionäre am Geschäftserfolg durch nachhaltige und bei gleichbleibender Ausschüttungsquote wenn möglich dann auch steigende Dividenden zu beteiligen. Ebenso wichtig ist für uns die Thesaurierung des Gewinnvortrags, die eine gute Finanzausstattung der Gesellschaft als Basis für die weitere positive Entwicklung unserer Fortec sicherstellt und uns ermöglicht kurzfristig zu agieren. Beides hängt vom Ergebnis zum 30. Juni 2024 ab – dies warten wir zunächst ab, bevor wir den nächsten Dividendenvorschlag beschließen.
Mit welchem Auftragsbestand werden Sie voraussichtlich am 1. Juli ins neue Geschäftsjahr 2024/2025 starten?
Sandra Maile: Unser durchschnittlicher Konzern-Auftragsbestand vor den coronabedingten Störungen in der Lieferkette lag bei rund 50 Prozent des Jahresumsatzes. Allerdings schwankt diese Zahl in Abhängigkeit, ob unsere Tochtergesellschaft mehr Distributions- oder Eigenlösungen-Anteil hat. Ich schätze, dass wir mit rund 55 Mio. Euro ins neue Geschäftsjahr starten werden.
Wie sehen Ihre Planungen für 2024/2025 aus? Können Sie im nächsten Geschäftsjahr zum Wachstum zurückkehren und wie soll das gelingen?
Sandra Maile: Wir sind aktuell im Planungsprozess für das kommende Geschäftsjahr 2024/2025. Aufgrund der allgemeinen konjunkturellen Schwäche liegen wir schätzungsweise ein Jahr zurück. D. h. wenn wir unsere mittelfristigen Ziele erreichen wollen, müssen wir wieder zu unserem Wachstumskurs zurückkehren. Das wird uns allerdings nur gelingen, wenn in der zweiten Jahreshälfte die erhoffte Marktbelebung auch tatsächlich einsetzt.
Was sehen Sie auf Kundenseite – wann gehen Sie von einem Wendepunkt im Lagerbestandsbau aus? Woran machen Sie das fest?
Sandra Maile: Wie bereits angesprochen sehen bei unseren Kunden derzeit noch vergleichsweise volle Lager bei unterdurchschnittlicher Nachfrage. Wir können jedoch einen positiven Trend im Book-to-Bill erkennen. Wenn sich dieser Trend weiter so fortsetzt, dann rechnen wir im dritten bzw. vierten Quartal des Kalenderjahres 2024 mit einer Trendwende.
Frau Maile, Herr Ermel, herzlichen Dank für das Interview!
Sandra Maile wurde 2017 zur Vorstandssprecherin berufen, seit 2020 ist sie Vorstandsvorsitzende (CEO) von Fortec Elektronik. Sandra Maile besitzt langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Produktion. Im Vorstand von Fortec verantwortet sie die Bereiche Finance & Controlling, Personal, Qualitätsmanagement, IT sowie die Kapitalmarktkommunikation.
Ulrich Ermel ist seit März 2023 COO von Fortec Elektronik. Der studierte Elektrotechniker (FH) und Diplomingenieur war zuvor in verschiedenen Leitungsfunktionen in der Elektronikindustrie tätig. Ulrich Ermel verfügt über ein breites Spektrum an Managementkompetenzen und Expertisen in den Bereichen Stromversorgungen und Embedded.
Fotos: Fortec Elektronik AG